„2018 war ein sehr gutes Jahr für unsere Branche“, sagte Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbands. Für 2019 erwarte die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie ausgehend vom aktuellen Rekordniveau einen weiteren Produktionszuwachs von 2 % auf 17,4 Mrd. Euro. „Die Produktion kann 2019 noch vom guten Vorjahresverlauf profitieren. Das bestehende Auftragsvolumen wird erst phasenversetzt im laufenden Jahr realisiert“, so der promovierte Ingenieur weiter.
Zudem erwarte das Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics als Prognosepartner des VDW für die Investitionen der wichtigsten Abnehmerbranchen in Deutschland einen Anstieg von 4 % und ein Plus von 3 % beim Werkzeugmaschinenverbrauch. Hinzu komme eine hohe Kapazitätsauslastung auch bei den Kunden und der Trend zu mehr Vernetzung und Automatisierung, der weitere Investitionen erfordere.
Den Positivfaktoren steht das Abflauen der Bestellungen gegenüber. Sie drehen nach einem Zuwachs von moderaten 1 % im vergangenen Jahr 2019 mit 2 % leicht ins Minus. Dabei verliert nach starkem Wachstum vor allem das Inland (-3 %). Bei den Auslandsbestellungen erwartet der VDW 2019 hingegen ein konstantes Niveau.
USA und China bleiben Treiber
Klarer Wachstumstreiber bleibe Amerika. Die US-Nachfrage lief nach einer VDW-eigenen Umfrage über die ersten drei Quartale 2018 bereits zweistellig nach oben, befeuert durch Ausgabenprogramme, Steuersenkungen und verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten in den USA. Für das laufende Jahr ist ein weiterer US-getriebener Zuwachs um 4 % avisiert. Asien bleibt ebenfalls positiv. Die Bestellungen aus China, Südkorea und Taiwan waren zwar rückläufig. Aktivposten sind jedoch Japan und die Asean-Region. Für Europa erwartet der Verband nach drei starken Nachfragejahren 2019 dagegen einen leichten Rückgang um 2 %. Bis 2018 hätten sich insbesondere die Euro-Länder noch mit einem Plus von 9 % als Fels in der Brandung erwiesen. Zudem verlagerten sich hier die Nachfragetreiber von Süd- nach Osteuropa, wo die Automobilindustrie wieder stärker investiert.
70 % geht in den Export
Der Export macht rund 70 Prozent des Werkzeugmaschinengeschäfts aus. Er ist 2018 um 3 % gestiegen. China bleibt trotz wirtschaftlicher Beruhigung mit großem Abstand der wichtigste Markt für die deutschen Hersteller. Mit einem Zuwachs von 5 % in den ersten elf Monaten 2018 nimmt das Land 22 % der deutschen Ausfuhren ab, gefolgt von den USA mit rund 13 % Anteil und einem Zuwachs von 7 %. Mit Abstand und einem Anteil von 6 % positioniert sich Italien auf Rang 3. Mit einem Zuwachs von 9 % hat sich überraschend Polen auf Rang 4 positioniert. Die Exporte nach Großbritannien gingen erwartungsgemäß auch um satte 15 % zurück. Das Vereinigte Königreich nimmt damit nur noch 2,5 % der deutschen Lieferungen ab. „Wir gehen jedoch davon aus, dass Großbritannien auch künftig deutsche Werkzeugmaschinen kaufen muss, wenn die Industrie wettbewerbsfähig bleiben will“, ist Prokop überzeugt.
Die gute Wirtschaftslage der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie spiegelt sich auch in der Beschäftigung wider. Ende 2018 beschäftigte die Branche 75.000 Menschen. Das waren gut 4 % mehr als im Vorjahr.
Herausfordrungen und Chancen
„Nach dem stürmischen Wachstum der vergangenen Jahre bietet die konjunkturelle Beruhigung den Unternehmen nunmehr Chancen, strategische Weichen für die kommenden Monate zu stellen. Herausforderungen gibt es genug“, sagt Prokop. Als Beispiele dafür nennt er weltpolitische Unwägbarkeiten, die Entwicklung der standardisierten Schnittstelle Umati (universal machine tool interface) oder die Einführung zahlreicher neuer Fahrzeugmodelle mit Elektroantrieb. Hier geht der VDW allerdings davon aus, dass der Anteil rein elektrogetriebener Personenkraftfahrzeuge in den verschiedenen Weltregionen bis 2030 im Schnitt etwa bei 20 %, der Anteil hybridbetriebener Fahrzeuge bei fast 60 % der Neuzulassungen liegt. Das heißt, es wird noch lange Verbrennungsmotoren in unterschiedlichen Kombinationen geben müssen. Prokop mahnte allerdings eine offene und technologieneutrale Diskussion über das beste und ökologisch sinnvollste Antriebskonzept an. So hätten Wissenschaftler aus Österreich, der Schweiz und Deutschland, die in der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motortechnik e.V. (WKM) zusammengeschlossen sind, in zehn Kernthesen das Potenzial synthetischer Kraftstoffe für die Reduktion von CO2-Emissionen hervorgehoben – und zwar für Bestands- ebenso wie für Neufahrzeuge. Eine Anerkennung synthetischer Kraftstoffe wäre ein bedeutender Hebel, um den Klimaschutz voranzutreiben und die Innovationskraft Europas zu stärken, so die Wissenschaftler.
Auch im Bereich künstlicher Intelligenz sieht Prokop die deutsche Werkzeugmaschinenbranche in einer starken Position. Anders als im Consumeranwendungen sei hier nach wie vor ein hohes Maß an Prozesswissen nötig, um die Potenziale von KI bestmöglich ausschöpfen zu können.