Jetzt ist es zum ersten Mal passiert, dass ich auf einem Geschäftstermin keinen mit Krawatte gesehen habe. Nicht einmal die hohen Herren hatten eine an. Es ist geschafft! Die Frauen haben ja keine Ahnung, was wir durchlitten, während sie auf hohem Niveau ihren Emanzipationskampf führten. Es war das pure Ringen um Sauerstoff. Während sie in den Fünfzigern die Beinfreiheit erkämpften (die wir noch immer nicht haben), schnappten die Altvorderen nach Luft. Manch einer, dem die Enge am Hals den Verstand raubte, knüpfte das Ding gar freiwillig um. Aus Gefälligkeit. Gleichstellung war in weiter Ferne. Besserung brachte erst die Jahrtausendwende.
Ein Rückfall ereignete sich, als die Mädels anfingen, auch in Bayern-fernen Regionen in Dirndls auf die Festwiese zu gehen. Da legte so mancher Bube wieder den Strick an. Aber dann kam Tsipras, der griechische Premier, der Held, und brachte den Durchbruch. Nur zuweilen kommt bei mir ein bisschen das schlechte Öko- und Bürger-Gewissen durch. Was machen wir bloß mit den unzähligen Baumwoll-Stricken, die nutzlos in den Schränken hängen? Und was machen die Kroaten, die ihren Namen von den Krawatten haben? Und noch gravierender, was macht die Krawatten-Industrie, der jetzt die Luft ausgeht? Hmm. Hmm. Wir brauchen eine Abwrackprämie. Die hat schon einmal geholfen. Jeder, der seinen Strick zurückgibt, bekommt einen Rabatt auf, auf – äh, ja … auf einen Mini-Rock für seine Teuerste, damit sie keine Zicken macht! Wer aber Mumm hat, der kauft sich ein paar kurze Hosen fürs Büro. Denn die Männerbewegung muss weiter gehen, der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten. os