Kinder in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts hatten noch richtig Schwein. Nachwuchssparer, die bereit waren, ihr Sparschwein zu schlachten und den zumeist überschaubaren Münzbetrag alljährlich am 31. Oktober aufs Sparkonto einzuzahlen, wurden damit gewiss nicht reich. Gleichwohl hatte man ganz allmählich, und mit einem komfortablen Zinssatz von acht Prozent, das Geld zusammen, um sich als Konfirmandin ein Uher-Tonband oder als 16-Jähriger eine Kreidler Florett leisten zu können.
Von so viel Schwein können Kinder heute nur träumen. Wer am Weltspartag seine Spardose in der Bankfiliale öffnet, parkt sein Geld dort inzwischen zinslos. Überdies ist damit zu rechnen, dass Banken und Sparkassen für noch so kleine Summen bald ein Verwahrgeld, vulgo Strafzins, kassieren. Doch bei den meisten ist der Groschen längst gefallen und kaum jemand wird am letzten Oktobertag eine Bankfiliale betreten haben.
Heutige Nachwuchssparer sind längst ausgefuchst im ETF-Investieren. Das nötige Kleingeld stecken ihnen Omas und Opas in kein Sparschwein, sondern transferieren es per Online-Banking. Während sich meine Generation Bravo-Star-Schnitte an die Wand klebte, um Pierre Brice als Winnetou oder Suzi Quatro in Lebensgröße ins Jugendzimmerwand zu holen, interessiert heutige Kids eher der Kurs von US-Aktien, von denen sie wissen, dass diese in den vergangenen zehn Jahren um 362 % gestiegen sind. Wen interessieren noch Null-Zinsen auf dem Sparbuch, wenn er täglich seine Fondsentwicklung checkt und sich mit einem Vorlauf von acht Jahren für ein Praktikum bei einer großen Schweizer Bank in New York bewirbt. Entwicklungspsychologen rätseln nun, ob es künftig mehr darum geht, Schwein zu haben oder Schwein zu sein. (dk)