Vor langer Zeit sagte der Vorkriegs-Comedian Karl Valentin einmal: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Nun, so ganz stimmt das nicht, formell zumindest. Denn das Zitat ist gar kein Zitat, sondern ein Dialog aus dem Film „Die verkaufte Braut“ von 1932 in dem Karl Valentin nur mitspielte und an der betreffenden Szene gar nicht beteiligt war. Trotzdem ziert dieser Satz, in dem ansonsten viel Wahrheit steckt, bis heute die Postkartentüten diverser Kunstbuchhandlungen – mit Valentin als Urheber. Und ähnlich wie eine Postkarte wirkt auch dieser Satz im Anbruch des KI-Zeitalters auf sympathische Art und Weise aus der Zeit gefallen.
KI-generierte Kunst gibt es nämlich schon seit einigen Jahren, aber in jüngster Zeit haben Tools wie DALL-E 2, Stable Diffusion oder Midjourney innerhalb weniger Monate enorme Fortschritte gemacht. Diese Anwendungen generieren aus kurzen Texten, sogenannten „prompts“, das gewünschte Bild. In Sekundenschnelle hat man so zum Beispiel da Vincis Mona Lisa mit Irokesenschnitt im Waschsalon sitzen, wie sie eine Spezi genießt – im visuellen Stil von H.R. Giger. Der KI sind dabei keine Grenzen gesetzt. Entsprechend groß war der Aufschrei in der Kunstwelt, die Feuilletons beschworen direkt eine Umwälzung des Kunstmarktes oder gar das „Ende der Kunst“. Kreative auf der ganzen Welt markierten ihre „echten“ Werke in den sozialen Medien mit dem Hashtag #nopromt, um sich als echte Künstler von der künstlichen Intelligenz abzugrenzen. Und dann ist da noch die Sache mit dem Urheberrecht. Wer ist der Urheber? Der Künstler oder die KI? Und wer hat die Rechte an den Daten, aus denen die KI das Kunstwerk erschafft? Fragen, die geklärt werden müssen, damit nicht irgendwann jemandem ein Werk in verfälschter Form zugeschrieben wird und in 100 Jahren ein kleiner, unbedeutender Fachredakteur daran erinnern muss, wie im Fall Karl Valentin. Das Ganze ist schon recht kompliziert, oder? (hw)