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Nano-Schicht verhindert, dass es Zunder gibt

Multifunktionale Schicht schützt Stähle im Warmumformprozess
Nano-Schicht verhindert, dass es Zunder gibt

VW setzt neuerdings einen Lack auf Basis der Nanotechnologie ein, um das Verzundern beim Kalt- und Warmumformen auszuschalten. Produziert wird er beim Entwicklungspartner Nano-X, aufgetragen beim Stahlhersteller Thyssen-Krupp.

Dr. Stefan Gödicke ist Projektleiter bei der Nano-X GmbH, Saarbrücken

Für tragende Karosserieteile und sicherheitsrelevante Teile werden Werkstoffe mit höchsten Festigkeiten verwendet, beispielsweise für Seitenaufprallträger und Verstärkungen. Volkswagen fertigt derzeit für bestimmte Fahrzeuge mehr als zehn Bauteile aus Mangan-Bor-Stahl (22MnB5).
Mit dieser Stahlsorte lassen sich Festigkeiten von bis zu 1650 MPa durch Warmumformhärten erreichen. Im Vergleich dazu sind bei der herkömmlichen Kaltumformung nur Werte bis 1100 MPa üblich. Beim Warmumformen wird das Stahlblech durch Aufheizen auf 950 °C unter Schutzgasatmosphäre (Stickstoff) in den austenitischen Zustand überführt, anschließend ins Umformwerkzeug gebracht und umgeformt. Noch im Werkzeug erfährt das Stahlteil eine Abkühlung auf Temperaturen zwischen 100 und 200 °C. Dabei bildet sich eine martensitische Gefügestruktur aus, was zu einem hochfesten Bauteil führt.
Ein Problem bei diesem Prozess ist die Verzunderung (Hochtemperaturoxidation) der Bauteile, die auftritt, sobald das auf 950 °C erwärmte Bauteil mit Luftsauerstoff in Kontakt tritt. Die Zunderschicht ist rau, spröde, platzt schollenförmig ab und bietet keine Basis für Folgeprozesse wie beispielsweise Schweißen oder KTL-Lackieren. Die Umformwerkzeuge würden durch die raue Zunderschicht nach kurzer Zeit beschädigt und müssten nach jedem einzelnen Umformen gereinigt werden. Produktiongerechte Stückzahlen ließen sich deshalb damit nicht erzielen.
Es existieren durchaus Verfahren, die den Stahl vor dem Verzundern bei der Warmumformung schützen. Doch viele Bauteile sind so komplex, dass sich die notwendigen Umformgrade nur in einem zweistufigen Prozess realisieren lassen, nämlich durch Kaltumformen mit anschließendem Warmumformhärten. Bisher gab es keine Schutzschicht, die sowohl für die Kalt- als auch für die Warmumformung geeignet ist und Stahl hierbei wirkungsvoll vor Verzunderung schützen könnte.
Die Nano-X GmbH, Saarbrücken, hat nun mit dem Lehrstuhl für Umformtechnik der Universität Kassel, der Volkswagen AG, der Thyssen-Krupp Stahl AG und der ebenfalls zum Thyssen-Krupp-Konzern gehörenden DOC Dortmunder Oberflächencentrum GmbH ein neuartiges Beschichtungsmaterial entwickelt, das bei der Formhärtung vor Verzunderung schützt.
Die Beschichtung verbindet einen nanotechnologischen Ansatz mit den Grundprinzipien konventioneller Lacktechnologie. Sie erreicht dadurch eine hohe Flexibilität beim Kombinieren von Eigenschaften und ließ sich an nahezu alle gängigen Applikationsverfahren anpassen. So wurde zunächst ein sprühbarer Schutzlack entwickelt, der im Gegensatz zur Feueraluminierung direkt auf das bereits kalt vorgeformte Teil auflackiert werden kann, bei Raumtemperatur aushärtet und bei der Warmumformung vor Verzunderung schützt.
Vorserientests bei Volkswagen haben die Eignung dieses Verfahrens bewiesen. Interessanter ist allerdings die aktuelle Entwicklungsstufe, bei der die Schutzbeschichtung zusätzlich mit tribologischen Eigenschaften ausgerüstet ist, um ein problemloses Kalt- und Warmumformen zu ermöglichen. Der Lack wurde so an die Anforderungen der Bandbeschichtung angepasst, dass er direkt auf das Stahlcoil appliziert werden kann. Dies geschieht heute bei Thyssen-Krupp, den Lack produziert Nano-X. Die beschichteten Stahl-Coils setzt Volkswagen Kassel in der Kalt- und Warmumformung in Serie ein. Für die Zukunft sind weitere Anpassungsentwicklungen geplant, um Stahl bei unterschiedlichen Hochtemperaturprozessen vor Verzunderung zu schützen.
Industrieanzeiger
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