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Es geht um die Neuaufstellung einer deutschen Kernindustrie

Elektromobilität – Herausforderung für Deutschland, Chance für den Industriestandort
Es geht um die Neuaufstellung einer deutschen Kernindustrie

Die Elektromobilität ist ein Weg, um unsere Industrie – insbesondere mit Blick auf die Sicherheit der Arbeitsplätze – nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen. Für Schub sorgen soll auch das Konzept der Bundesregierung: der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität. Wir wollen nicht nur Leitmarkt, sondern Leitanbieter werden. Von Rainer Brüderle

Elektromobilität steht zurzeit ganz oben auf der Tagesordnung, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern überall auf der Welt. Rund um den Globus machen sich kluge Köpfe, Erfinder, Politiker und Vertreter der Industrie darüber Gedanken, wie sie bei der Elektromobilität voran kommen können.
Es gibt aus meiner Sicht drei Gründe, weshalb Elektromobilität eine große Zukunft hat.
Klimaschutz
Zuallererst geht es um den Umweltschutz. Elektrofahrzeuge leisten hier einen wichtigen Beitrag, denn sie verursachen selbst keinen Ausstoß von CO2 und auch Luftschadstoffe werden beim fahren beispielsweise in den Innenstädten nicht emittiert. Für Deutschland steht fest, dass Elektrofahrzeuge bei uns nur mit regenerativem Strom angetrieben werden sollen. Das bedeutet konkret: Der Mehrbedarf an Strom ist durch Erneuerbare Energien zu gewährleisten. Dadurch erreicht man, dass die elektromobile Fortbewegung in der gesamten Kette nahezu CO2-neutral ist. Außerdem mindern wir unsere Abhängigkeit von Erdölimporten. Elektromobilität macht uns damit auch freier von zukünftig steigenden Energiepreisen.
Stärkung der Wirtschaft durch Innovation
Zweitens bedeutet Elektromobilität eine riesige Chance für unsere Industrie. Nur durch Innovation können wir im internationalen Wettbewerb mithalten. Die Elektromobilität kann ein Antriebsmotor für unsere Wirtschaft sein. Oft ist zu Recht von der Neuerfindung des Autos die Rede. Deutschland muss – als Land der Erfinder des Automobils – auch hier wieder die Nase vorn haben. Rund 750 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finden in Deutschland Arbeit in der Automobilindustrie, darunter viele in mittelständischen Unternehmen. Es geht also um nicht mehr und nicht weniger als die Neuaufstellung einer deutschen Kernindustrie.
Diese Entwicklung geht weit über die klassische Automobilindustrie hinaus. Nicht nur sie steht vor großen Herausforderungen, sondern die gesamte Wirtschaft. Elektromobilität kann völlig neue Wertschöpfungsketten in Gang setzen. Von der Stromerzeugung aus zeitlich teilweise sehr volatiler erneuerbarer Energie über die intelligente Zwischenspeicherung dieser Energie in neuen intelligenten Energiespeichern im Elektrofahrzeug bis zur Steuerung und Abrechnung von Ladevorgängen. Alles das setzt „Smart Grids“ voraus, also intelligente Netze mit neuen Fähigkeiten. Somit stehen auch die Informations- und Kommunikationstechnologien vor bisher ungeahnten Herausforderungen.
Bestandteil dieser Wertschöpfungsketten sind auch neue Antriebstechniken. Die Fahrzeuge werden anders gebaut sein, mit veränderten Karosseriebauweisen sowie mit neuartigen Zusatzaggregaten. Schließlich stellen sich Fragen des Recycling neu – und auch am Beginn und am Ende des Wertschöpfungsprozesses die Frage, welche Rohstoffe wir für Elektromobilität benötigen.
Dies alles zeigt, dass nur derjenige Standort die Nase bei Elektromobilität vorn haben kann, bei dem die Zusammenarbeit zwischen den eben beispielhaft aufgezeigten Wirtschaftszweigen gut – nein! – besser funktioniert, als in den anderen konkurrierenden Industriestandorten.
Genau hier setzt das Konzept der Bundesregierung, der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität, an. Wir wollen nicht nur Leitmarkt, sondern Leitanbieter von Elektromobilität werden. Bis 2020 soll es eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland geben. Dafür hat Deutschland alle Chancen.
Im Bereich der Automobilindustrie sind wir weltweit nicht nur Premium-, sondern auch Leitanbieter. Des Weiteren befinden sich in Deutschland auf engem Raum alle wichtigen Akteure der neuen Wertschöpfungskette bei der Elektromobilität: eine starke Automobilindustrie, die dazugehörige Zulieferindustrie, Energieversorger, Chemieunternehmen, Unternehmen der Kommunikationstechnologien, Forschungseinrichtungen und Mobilitätsdienstleister.
Das Fahrgefühl
Und schließlich ist die Fahrt in einem Elektroauto durchaus ein erstaunliches Fahrerlebnis. Es ist beeindruckend, welches Drehmoment und welche Beschleunigung Elektrofahrzeuge gegenüber ihrem Pendant mit Verbrennungsmotor aufweisen können. Hinzu kommt, dass die Fahrt nahezu geräuschlos erfolgt. Das Bundeswirtschaftsministerium verfügt auch über ein Elektrofahrzeug in seinem kleinen Fuhrpark – dieses Auto ist eine gute Ergänzung, gerade im Stadtverkehr.
Der Blick nach vorn
Um jetzt mit vereinten Kräften den Standort Deutschland quasi „Elektro-zu-mobilisieren“, haben wir am 3. Mai 2010 die Nationale Plattform Elektromobilität etabliert. Hier sitzen Wissenschaft, Industrie, Verbraucher und Politik zusammen, um die strategisch wichtigen „Hausaufgaben“ zu identifizieren, denen wir uns dann intensiv zu widmen haben. Sieben Arbeitsgruppen wenden sich konkreten Fragestellungen zu. Das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium begleiten die Arbeit der Plattform eng. Mit Professor Henning Kagermann konnte – neben den beiden Staatssekretären aus den beiden federführenden Ministerien – ein erfahrener Manager als Vorsitzender der Plattform gewonnen werden. Ein erster Zwischenbericht der Plattform wird für Ende November dieses Jahres erwartet.
Eine solche Plattform zur Vernetzung der Wirtschaftsbeteiligten ist weltweit einzigartig. Die Bundesregierung versteht sich hier nicht nur als Mediator oder Moderator der Diskussion. Der Staat setzt den Rahmen, doch Hauptakteur muss jetzt und in Zukunft die Industrie sein. Elektromobilität kann sich auf Dauer nur dann als Alternative zum Verbrennungsmotor durchsetzen, wenn sie ohne Subventionen auskommt.
Viel bleibt noch zu tun. So gibt es erheblichen Forschungsbedarf im Bereich der Batterie, aber auch beim Fahrzeugbau und der Netzintegration. Genau hier setzt die Bundesregierung an. Für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren stellen wir 500 Mio. Euro für die Forschung auf dem Gebiet der Elektromobilität bereit. Das ist gut angelegtes Geld.
Wichtig ist außerdem der Bereich der Normen und Standards. Der einheitliche Stecker ist dabei nur eine Frage von vielen. Gemeinsame Sicherheitsstandards sind entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität. Elektrofahrzeuge müssen ohne Probleme über die Grenzen fahren können, zum Beispiel von der Pfalz ins benachbarte Elsass. Deshalb arbeiten wir mit viel Energie an gemeinsamen Normen und Standards, und zwar auch auf europäischer und internationaler Ebene.
Löst Elektromobilität also alle Probleme? Nein, aber sie ist ein Weg, um unsere Industrie – insbesondere mit Blick auf die Sicherheit der Arbeitsplätze – nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen. Daneben steht die Verbesserung des klassischen Verbrennungsmotors weiter ganz oben auf der Agenda. Deutschland hat eine große Tradition im Autobau – das ist auch unsere Zukunft.

Nationale Plattform Elektromobilität
Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 3. Mai 2010 hat die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ihre Arbeit aufgenommen. In der Plattform kommen Spitzenvertreter aus Wissenschaft, Industrie, Verbänden und Politik zusammen, um die Kompetenzen Deutschlands zu diesem Thema zu bündeln. Ziel ist es, Deutschland bis 2020 nicht nur zum Leitmarkt, sondern auch zum Leitanbieter für Elektromobilität zu machen. Im Kern geht es darum, wie das Verkehrssystem der Zukunft aussehen soll.
Beim Thema Elektromobilität stellen sich neue Fragen, die in sieben Arbeitsgruppen unter Führung eines Lenkungskreises vertieft werden sollen. Im Einzelnen sind dies die AGs Antriebechnologie, Batterietechnologie, Ladeinfrastruktur und Netzintegration, Normung, Standardisierung und Zertifizierung, Materialien und Recycling, Nachwuchs und Qualifizierung sowie Rahmenbedingungen. Die Teilnehmer werden konkrete Vorschläge erarbeiten, um die Ziele des Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität zu erreichen. Den Vorsitz im Lenkungskreis für die Industrie hat Prof. D. Henning Kagermann von Acatech, der Deutschen Akadamie der Technikwissenschaften, für die Bundesregierung sind die Staatssekretäre Rainer Bomba (Verkehr) und Jochen Homann (Wirtschaft) die Vorsitzenden. Ein erster Zwischenbericht wird für November dieses Jahres erwartet.
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