Die Zusammenarbeit eines Werkstoff- und eines Schmiedespezialisten hat die Leistungswerte von großserientauglichen Pleuelstangen gesteigert: Die Dauerfestigkeit ist um 15 bis 20 % gestiegen, die Zerspanbarkeit verbessert.
Frank Moldenhauer ist Produktmanager bei der Brockhaus Soehne GmbH & Co. KG in Plettenberg
Immer leistungsstärker und leichter, zugleich aber sparsamer und schadstoffärmer sollen neue Motoren sein. Diesem Ziel ist die Brockhaus Soehne GmbH & Co. KG, Plettenberg, mit bruchtrennfähigen Pleuelstangen aus einem mikrolegierten Stahl einen großen Schritt näher gekommen. Die Dauerfestigkeit des Pleuels liegt um 15 bis 20 % höher als bei dem alten Material. Außerdem lassen sich die Schmiedeteile besser zerspanen. Die speziellen Fertigungsparameter des Schmiedeprozesses wurden gemeinsam mit dem europäischen Stahlhersteller Ascometal erarbeitet, dessen deutsche Niederlassung in Erkrath liegt.
Die Entwicklung des Bruchtrennens von stahlgeschmiedeten Pleuelstangen begann 1993, die ersten Serienpleuel kamen 1995 zum Einsatz. 1999 lieferte Brockhaus bereits 15 Millionen bruchtrennfähige Pleuel aus.
Der Vorteil dieser Technik: Das Pleuel wird an einer definierten Stelle auseinander gebrochen. Demgegenüber mussten früher die geschmiedeten Pleuelstangen und -deckel auseinandergesägt, geräumt und geschliffen werden. Spezielle Führungselemente wie Passstifte oder Verzahnungen fixierten teilweise die beiden Pleuelhälften in den Trennflächen, um sie an der Kurbelwelle montieren zu können. Das Bruchtrennen vereinfacht diesen Prozess wesentlich: In der vorbearbeiteten Kurbelwellenbohrung sind Kerben in der Trennebene eingebracht. Sie bestimmen durch die auftretenden Spannungsspitzen den Bruchausgang. Den Trennprozess leitet ein im Kurbelwellenauge angeordneter, geteilter Bolzen ein. Er spreizt sich durch die Einwirkung eines Keils und übt so Kraft auf Pleuelstange und -deckel aus, bis die Hälften getrennt werden. Es entstehen unverwechselbare, individuelle Bruchflächen, die exakt zueinander passen. Die Fügegenauigkeit ist besser als mit den früher eingebrachten Führungselementen.
Pleuelstangen können jetzt höhere Last aufnehmen
Bis heute werden bruchtrennfähige Pleuelstangen in der Serie ausschließlich aus dem Werkstoff C70S6 BY gefertigt. Nur dieser ließ sich bisher bei ausreichender Bauteilfestigkeit bei Raumtemperatur bruchtrennen. Doch der mikrolegierte Stahl von Ascometal setzt neue Maßstäbe: Sowohl gerade- als auch schräggeteilte Pkw- und Lkw-Pleuel wurden mit einer industriell erschmolzenen Charge geschmiedet und kontrolliert abgekühlt. Diese Pleuelstangen haben den Nachweis der Bruchtrennfähigkeit erbracht: Auf Serienanlagen stimmen die dafür erforderlichen Kräfte mit denen beim C70S6 BY überein. Stange und Deckel lassen sich in allen Fällen gut fügen. Die Rundheit nach dem Trennen ist gleich. Die Bruchoberflächen sind fein strukturiert und weisen weniger Sekundärrisse als bisher auf. Die Gefahr von Ausbrüchen ist somit geringer.
Untersuchungen haben eine um 15 bis 20 % höhere Dauerfestigkeit ergeben. Sie beruht auf den wesentlich verbesserten mechanischen Eigenschaften der Pleuelstangen. Bei der beibehaltenen Zugfestigkeit von 900 bis 1050 MPa liegt die Streckgrenze des neuen mikrolegierten Stahles um 40 % höher als bisher. Die Mindestwerte für Einschnürung und Dehnung wurden deutlich verbessert (siehe Diagramm).
Das neue Material bietet auch eine verbesserte Zerspanbarkeit, wie Versuche belegen. Im Gegensatz zum fast rein perlitischen Gefüge des C70S6 BY liegt bei dem mikrolegierten Stahl ein gleichmäßiges Ferrit/Perlit-Gefüge vor. Die Taktzeiten beim Bearbeiten der Pleuelstangen lassen sich verkürzen. Dies erhöht den Output beträchtlich: Eine um 0,1 s verkürzte Taktzeit erhöht die Ausbringungsmenge um 1,8 % von 1 965 000 auf 2 Mio. Stück pro Jahr, also um 35 000 p.a.
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