Startseite » Allgemein »

Aalglatt und smart, aber in der Sache härter als Kruppstahl

Hartstoffbeschichtung von Präzisionstools ist ein lohnendes Geschäft
Aalglatt und smart, aber in der Sache härter als Kruppstahl

Den Krupp’schen Widia-Stahl haben hartstoffbesetzte Werkzeuge längst abgehängt. Gut 50 Beschichtungsbetriebe und -anlagenbauer sorgen dafür, dass der Abstand zum Urvater aller Hartschneidstoffe weiter wächst.

Von Chefreporter Wolfgang Filì chefreporter@fili.net

Werkzeugschneiden zu beschichten ist ein relativ junges Geschäft. Um so zügiger wächst es derzeit: Ging es in den 70-er Jahren bei den ersten Beschichtungen mit Titan-Carbid (TiC) und -Nitrid (TiN) noch darum, bei der Stahlbearbeitung die Standzeit von Hartmetalltools zu verbessern, lassen sich heute durch so genannte Supernitride (TiAlN mit erhöhtem Aluminiumgehalt), Mehrfachlagen und Diamant-ähnliche Überzüge auch exotische Werkstoffe wirtschaftlich interessant und vor allem prozesssicher zerspanen.
Die Technik dazu stammt nur selten vom Werkzeughersteller selbst. Die Regel ist der Zukauf bei Spezialisten wie der zur Schweizer Unaxis AG gehörenden Balzers-Gruppe. Lohnbeschichtung für Dritte und Anlagentechnik zusammen genommen, konnte der Konzern 2004 weltweit 233 Mio. Euro umsetzen und ist damit Marktführer. Nahezu alle großen Hersteller wie Sandvik, Gühring, LMT oder Kennametal beschichten ihre Tools auf Balzers-Maschinen.
Standarddicke bei Verfahren wie CVD (chemische Abscheidung der Schichtstoffe aus der Gasphase und Werkstoffsynthese bei 500 bis 1200 °C im Vakuum) ist 2 und 3 μm. Bei neueren, zur PVD-Technik (physikalische Abscheidung aus der Gasphase, Schichtstoffauftrag bei 100 bis 500 °C) zählenden Methoden wie dem Zerstäuben der Stoffe durch hochenergetische Teilchen – dem so genannten Sputtern – bilden sich dichte, glatte und vor allem völlig kraterfreie Hartstoffschichten bereits im Nano-Bereich. Zerpanwerkzeuge mit solchen Überzügen sind um ein Vielfaches verschleiß- und bruchbeständiger als ihre nackten Pendants.
Entsprechend wächst die Nachfrage nach Dienstleistung. Wurde in Europa 2000 noch für 300 Mio. Euro lohnbeschichtet, liegt das Volumen derzeit bei 450 Mio. Für 2010 rechnen Branchenkenner mit einem Anstieg auf 800 Mio. Euro. Allerdings wird erwartet, dass die Einsatzfelder – zwei Drittel Präzisionsschneiden und Special Tools, der Rest Bauteile – sich bis dahin umkehren. Schließlich ist jedes Verschleißteil grundsätzlich ein Beschichtungsobjekt.
Das größere Entwicklungspotenzial liegt gleichwohl in der Zerspanung. So lässt sich sowohl die Hochgeschwindigkeits-Zerspanung von eisenbasiertem Material durch Beschichtung weiter optimieren als auch die von Graphit, schwer zu bearbeitendem Material, Aluminium und Verbundwerkstoffen. Auch klappen die Trockenbearbeitung und das Spanen bei Minimalschmierstoffmengen längst nicht so reibungslos, wie oft vermittelt. Verbesserte Schichten könnten hier nachhaltig helfen.
Etwa 50 Lohnbeschichter teilen sich den europäischen Markt. Gemeinsam ist allen dasselbe Problem: Weil Präzisionstools teuer sind und die Nachbeschichtung außer Haus Kapital bindet, mussten sie immer näher an die Betriebe ihrer Kundschaft rücken. So unterhält allein Balzers weltweit 61 Beschichtungszentren, davon 23 in Europa. Die Schweizer Ionbond AG, Olten, – global die Nummer zwei – betreibt insgesamt 40 und in der alten Welt 21 Zentren. Die Cemecon AG mit dem europaweit größten Beschichtungszentrum in Würselen, holt und bringt die Tools über Nacht per Shuttle-Dienst. Maximal 48 h Umlaufzeit sind Branchenstandard.
Unbeabsichtigte Auswirkung ist, dass in den letzten fünf Jahren Überkapazität aufgebaut wurde. Lachender Nutznießer ist der Kunde, der im Schnitt für 60 bis 70 Euro-Cent je Wendeplatte harte Schneiden und aalglatte, verschleißbeständige Werkzeugflächen bekommt.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de