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Am Bosporus sind noch Kapazitäten frei

Partnerland Türkei: Zulieferer rücken in den Blickpunkt
Am Bosporus sind noch Kapazitäten frei

Als offizielles Partnerland der diesjährigen Hannover Messe präsentiert sich die Türkei als ein Land mit einem großen wirtschaftlichen Potenzial.

Eine Konjunktur, wie sie Deutschland derzeit erlebt, kann auch ihre Schattenseiten haben. „Einkäufer haben es im Augenblick schwer, ihre Anfragen bei einem deutschen Zulieferer unterzubringen“, berichtet Peter Heisig. Der Gründer und Geschäftsführer der Peter Heisig GmbH in Frankfurt/M. vermittelt Aufträge an Lieferanten mit freien Kapazitäten. Und genau da liegt der Knackpunkt: Einen Lohnfertiger, der noch über freie Kapazitäten verfügt, findet man momentan in Deutschland nicht so schnell.

Grund genug für Heisig, einen Blick über die Landesgrenzen zu werfen – auf die Türkei. „Mit osteuropäischen Zulieferern haben wir schon des Öfteren zusammengearbeitet“, erzählt er, „mit der Türkei jedoch Neuland betreten.“ Unterstützung holte sich Heisig bei der Unternehmensberatung Çilek Project Consultants in Düsseldorf. Deren Geschäftsführerin Inci Çilek weiß um die Probleme deutscher Einkäufer: „Um im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Unternehmen in Niedriglohnländern einkaufen oder produzieren“, sagt die Unternehmensberaterin, um gleich hinterherzuschieben: „Ein klassisches Niedriglohnland ist die Türkei natürlich nicht!“
Stimmt. Unternehmen, die in einen ruinösen Preiswettbewerb mit ihren Konkurrenten aus Fernost einsteigen, wird man am Bosporus kaum finden. Grund: Die Lohnkosten liegen etwa bei einem Viertel der deutschen Aufwendungen und damit deutlich höher als in Asien.
Dafür punktet die Türkei auf anderen Feldern. Ein großes Plus ist die geographische Lage. Dank der guten Infrastruktur sind Lieferungen nach Mitteleuropa auf dem Landweg selten länger als drei Tage unterwegs. Zudem haben türkische Unternehmen seit dem Beitritt des Landes zur europäischen Zollunion 1996 kräftig in ihre Fertigungsstätten investiert – die Maschinenparks befinden sich auf dem aktuellen Stand der Technik.
Das Unternehmen Mapar Makina End. ve Tic. Ltd. ŞSti. beispielsweise hat jetzt seine Produktionsfläche auf 4500 m² erweitert und einige neue Maschinen gekauft. Der Lohnfertiger aus Izmir beschäftigt rund 30 Mitarbeiter und zählt auch deutsche Unternehmen zu seinen Kunden – vermittelt von der Heisig GmbH. Erst vor kurzem lieferte Mapar einen größeren Posten Zeichnungsteile an einen namhaften deutschen Maschinenbauer, den vor allem die Qualität und das Preis-Leistungsverhältnis beeindruckt hatten. „Mapar hat sich damit in die Riege der bevorzugten Lieferanten geschoben“, betont der Frankfurter Kapazitätenvermittler.
Entscheidend für den Erfolg war die Kooperation mit Çilek Consulting. „Wir sorgen dafür, dass die Kommunikation stimmt“, erklärt Inci Çilek. Die Unternehmensberaterin ist in beiden Welten zuhause, kann Hemmnisse wie Mentalitätsunterschiede oder Sprachbarrieren mühelos überbrücken – und sorgt so für ein besseres Verständnis der Geschäftspartner untereinander.
Ein besseres Verständnis erhoffen sich auch die türkischen Unternehmen, die sich auf der diesjährigen Hannover Messe präsentieren. Als Partnerland wird die Türkei in sieben Messehallen einen speziellen Platz einnehmen – unter anderem in den Bereichen Forschung, Energie, Zulieferung, Prozessautomation und Antriebstechnik.
„Die Messe ist für unser Land ein Wendepunkt, weil sie es türkischen Unternehmen ermöglicht, weltweite Geschäftsverbindungen zu knüpfen, strategische Partnerschaften einzugehen und Joint Ventures zu finden“, betont Murat Yalcintas, Präsident der Istanbuler Handelskammer ITO, die gemeinsam mit der Deutschen Messe die Partnerlandbeteiligung organisiert.
Eine Reihe von Veranstaltungen rückt das Land am Bosporus in den Fokus. Auf dem Global Business Forum in Halle 6 ist das Partnerland das Thema Nummer eins. Inci Çilek und Peter Heisig werden dort zu finden sein – und mit Erfahrungen aus erster Hand Rede und Antwort stehen.

Zahlen und Fakten
  • Name: Republik Türkei
  • Hauptstadt: Ankara
  • Fläche: knapp 780 000 m² (mehr als doppelt so groß wie Deutschland)
  • Einwohner: 73 Millionen
  • Währung: Neue Türkische Lira (YTL), 1 Euro = 1,87 YTL
  • BIP: 361,5 Mrd. US-$ (2005)
  • BIP-Wachstum: 7,2 % (Durchschnitt von 2002 bis 2005)
  • BIP/Kopf: 5016 US-$ (2005; zum Vergleich Deutschland: 37 000 US-$)

  • Ein Land öffnet sich

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    Auslandsmärkte

    Allen politischen Querelen zwischen Brüssel und Ankara zum Trotz: Die türkische Wirtschaft wächst mit soliden Wachstumsraten, die ausländischen Investoren kommen, und sie kommen vor allem aus der EU. Die Wirtschaft befindet sich dabei in einem tiefgreifenden Prozess der Modernisierung: Neue Branchen gewinnen an Gewicht, und die türkischen Unternehmen werden internationaler. Die Automobil- und Zulieferindustrie hat die traditionelle Textil- und Bekleidungsbranche bereits als wichtigste Exportbranche abgelöst. Der Maschinenbau ist dahinter bereits der drittwichtigste Exportzweig.
    Der Modernisierungsbedarf der türkischen Industrie, die Anpassung an EU-Standards und der Boom im Bausektor kurbeln auch die Maschinenimporte an. Deutsche Maschinenbauer profitieren besonders von diesem Trend, denn Deutschland ist trotz der wachsenden Konkurrenz asiatischer Anbieter der wichtigste Maschinenlieferant der Türkei. Hiesigen Maschinenbauern kommt dabei die starke Systemintegration der türkischen Industrie mit Deutschland, insbesondere bei Werkzeugmaschinen, zugute.
    Doch auch als Produktionsstandort gewinnt das Land am Bosporus an Gewicht: Nicht nur Großunternehmen wie Mercedes und Bosch produzieren hier schon seit Jahrzehnten, auch Mittelständler wie der Essener Anlagenbauer Oschatz nutzen die Türkei insbesondere für Fertigungen mit geringerem Automatisierungsgrad. Im Maschinenbau lagen die Bruttolöhne im Jahr 2005 bei durchschnittlich 750 Euro im Monat, für gut ausgebildete Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen muss allerdings häufig deutlich mehr bezahlt werden. Im Land gibt es inzwischen ein breites Segment sehr guter Zulieferer unter den mehr als 11 000 registrierten Maschinenbaubetrieben, deren Identifizierung allerdings große Sorgfalt erfordert. Für in- und ausländische Unternehmen halten staatliche Organisationen zudem ein umfangreiches Instrumentarium an Fördermöglichkeiten für KMU bereit, insbesondere für Investitionen in den weniger entwickelten Regionen des Landes.

    „Die Türkei ist viel mehr als China“

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    Nachgefragt

    Frau Çilek, die Türkei ist das Partnerland der diesjährigen Hannover Messe. Was versprechen Sie sich davon?
    Die unfassende Präsentation eines Landes mit einem Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent pro Jahr – welches also förmlich explodiert – eröffnet ausgezeichnete Chancen. Bis dato wurde diese Innovationskraft und industrielle Leistungsvielfalt nur von Insidern wahrgenommen und genutzt. Von der diesjährigen Hannover Messe verspreche ich mir, dass sie einen Wendepunkt darstellt und dass viele Besucher die Möglichkeiten in der Türkei für sich entdecken.
    Warum sollte ein deutscher Hersteller Lieferanten aus der Türkei beauftragen?
    Ich sehe heute, wie ausländische Unternehmen sich um spezifische Kenntnisse und fachliche Kompetenz in der Türkei bemühen. Nicht ohne Grund: Die Türkei besitzt eine optimale geographische Lage, hervorragende logistische Anbindungen und ist volles Mitglied der Zollunion. Der wesentliche Vorteil sind jedoch die kostengünstigen Arbeitskräfte in einem sehr gut entwickelten Industrie- und auch Dienstleistungssektor.
    Was noch?
    Vor allem die kleineren Betriebe in der Türkei zeichnen sich durch ihr stark lösungsorientiertes Arbeiten aus. Sie versuchen immer, das Unmögliche möglich zu machen. Und: Sie sind schnell und flexibel – im Denken wie im Handeln. Kurz: Deutsche Hersteller bekommen in der Türkei die gewünschte Qualität zu günstigen Preisen, und das Ganze schnell und unkompliziert.
    Reicht das, um den Billiganbietern aus Fernost Konkurrenz zu machen?
    Eine Ware billig anzubieten, ist nicht alles. Die Türkei ist nicht China, sie ist viel mehr. Türkische Lieferanten punkten schon alleine durch ihre Nähe zu Deutschland. Nicht zu unterschätzen sind auch die kulturellen Ähnlichkeiten. Die türkischen Zulieferer setzen sowohl auf die Qualität – hier können sie sich durchaus mit ihren Wettbewerbern aus Deutschland messen – als auch auf den Preis. In dringenden Fällen kann auch mal kurzfristig bestellt werden. Ich denke nicht, dass China unter diesen Bedingungen eine Konkurrenz für die Türkei darstellt.
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