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Aus guten Geschäften muss auch guter Umsatz werden

Forderungsausfälle: Sicherungsinstrumente konsequent nutzen
Aus guten Geschäften muss auch guter Umsatz werden

Mittelständler tun sich häufig schwer, Forderungsausfällen vorzubeugen. Die Sicherungsinstrumente sind vorhanden, aber vielen kleinen Unternehmen bleibt der Zugang dazu verwehrt.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Ein typischer Fall, jüngst geschehen im Nordschwarzwald: Dass der wichtige Kunde schleppend zahlt, bleibt lange unbemerkt. Erst als sich die offenen Rechnungen stapeln, wird der Firmenchef des 50-Mann-Betriebs aktiv. Um die drohenden Forderungsverluste zu kompensieren, schließt er überhastet einen großen Auftrag mit einem Neukunden ab – ohne vorher eine Bonitätsprüfung in Auftrag zu geben. Als der neue Kunde dann ebenfalls nicht zahlt, bleibt ihm nur der Gang zum Amtsgericht, um Insolvenz anzumelden.
„Gerade kleine Mittelständler verfügen häufig über kein richtiges Forderungsmanagement“, weiß Holger Ade, unter anderem Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft beim Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) in Düsseldorf. Ist bei Unternehmen über 100 Mitarbeiter ein Debitoren-Management Standard, tun sich die Kleinen schwer. „Da fallen offene Forderungen meist in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung, und dort ist das Zeitbudget nun mal knapp“, berichtet der Verbands-Experte.
Die Forderungsausfälle in Deutschland stagnieren auf hohem Niveau und gehen sogar leicht zurück, im Gleichschritt mit den Insolvenzen, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat. Im ersten Halbjahr dieses Jahres stand allein im gewerblichen Bereich insolvenzbedingt ein Forderungsvolumen in Höhe von 11,8 Mrd. Euro offen. Im Jahr 2004 waren es insgesamt – ebenfalls ohne die Ausfälle bei Privatpersonen – rund 26,7 Mrd. Euro.
Im Mittelstand nehmen die Zahlungsausfälle hingegen weiter zu, glaubt man einer Umfrage des Michaelis-Bundes aus Leipzig. Die Initiative, die sich für eine bessere Zahlungsmoral im Geschäftsleben einsetzt, befragte 550 Unternehmen. Der Forderungsausfall pro Unternehmen liegt demnach im Durchschnitt bei 4,7 % vom Umsatz. Auffallend groß seien die Verluste im Handwerk und bei kleinen Unternehmen.
Viele kleinere Firmen greifen nur selten oder gar nicht auf die gängigen Sicherungsmittel zurück:
  • Bonitätsauskünfte: Auskunfteien prüfen regelmäßig die Zahlungsfähigkeit der Kunden und liefern Informationen über den Geschäftspartner. Sie bieten auch Inkasso-Dienstleistungen an. Am bekanntesten sind die Vereine Creditreform in Neuss.
  • Eigentumsvorbehalt: Der Verkäufer weist den Käufer darauf hin, dass er nur unter Eigentumsvorbehalt liefert. Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt muss der Käufer ausdrücklich zustimmen, dass der Eigentumsvorbehalt auch noch nach Weiterverarbeitung oder Verkauf der Ware gilt.
  • Warenkreditversicherung: Sie ist eine Versicherung gegen den Forderungsausfall. Die Prämien liegen im Promille- Bereich der Forderungssumme, der Versicherer erstattet bei Zahlungsausfall üblicherweise 70 % bis 80 % des Forderungsbetrags. Wichtig: Der Abnehmer muss eine gute Bonität aufweisen.
  • Factoring: Beim Factoring verkauft der Unternehmer die Forderungen einzeln oder gebündelt an einen so genannten Factor.
Größere Unternehmen haben ihr Forderungsmanagement häufig schon automatisiert. „Bei uns ist grundsätzlich jede Forderung kreditversichert“, sagt Markus Weber, CFO der Westfälischen Drahtindustrie (WDI) GmbH in Hamm. Der Vorsitzende des Betriebswirtschaftlichen Ausschusses im WSM hat vor drei Jahren bei der WDI das Debitorenmanagement komplett umgekrempelt. Das Unternehmen mit 1300 Mitarbeitern und 550 Mio. Euro Jahresumsatz verwaltet die Forderungen von 1400 aktiven Kunden. Sie kommen aus dem Maschinenbau, der Baubranche und dem Automobilzuliefer-Bereich, es sind Weltkonzerne dabei und Fünf-Mann-Betriebe.
Laut Markus Weber liegen die Ausfälle nunmehr unter 0,2 % vom Umsatz, was er dem strengen Vorgehen zuschreibt. Hat ein Kunde nicht die nötige Bonität, liefert der Drahthersteller nur gegen Vorkasse – oder er trägt in ganz seltenen Fällen das Risiko selbst. Außerdem lässt er sich den erweiterten Eigentumsvorbehalt stets bestätigen, auch wenn in der Praxis die Ansprüche daraus nicht immer durchgesetzt werden können, wie er zugibt. „Die größten Ausfälle hatten wir aus der Bau-Branche und bei kleineren Kunden“, berichtet der Finanzchef, „bei Großunternehmen gab es schon lange keine Probleme mehr.“
Einen bedeutenden Beitrag leisten dabei die Kreditversicherer, wie Weber betont: „Über sie kommen wir frühzeitig an Informationen über unsere Kunden, die wir sonst nie hätten“, erklärt er. Senkt der Kreditversicherer das Limit für einen bestimmten Abnehmer, läuten bei dem Finanzmann und seinen Mitarbeitern die Alarmglocken.
Die WDI gehört zu den wenigen mittelständisch strukturierten Unternehmen, die sich mit so genannten Asset Backed Securities, kurz ABS, eine weitere Finanzierungsquelle erschlossen haben. Dabei werden bestimmte Forderungen gebündelt und an eine Gesellschaft verkauft, die diese dann als handelbares Papier am Kapitalmarkt platziert. Markus Weber: „Wir machen das schon seit drei Jahren.“
ABS weist Parallelen zum Factoring auf, der einfacheren Variante des Forderungsverkaufs. Die Voraussetzung für beide Varianten ist jedoch, dass die Abnehmer eine Bonitätsprüfung überstehen. Eine Kreditversicherung erleichtert diese Transaktion. Denn: Auch Banken und Factoringgesellschaften sind eben nur an Forderungen mit geringem Ausfallrisiko interessiert.
Bei kleineren Unternehmen fehlt es oft am einfachsten: einer Bonitätsprüfung und einem automatisierten Forderungsmanagement. Sind mehrere Unternehmen einer Branche klamm, hat das dann Auswirkungen auf alle. „Das Problem ist meines Erachtens dabei meist nicht eine schlechte Zahlungsmoral, sondern die schlechte Zahlungsfähigkeit“, sagt Experte Ade vom WSM Wirtschaftsverband. Nicht bezahlte Rechnungen setzen einen Domino-Effekt in Gang.
Laut einer Studie des Kreditversicherungs-Unternehmens Euler-Hermes gibt ein knappes Drittel der Unternehmen zu, auf verspätete Zahlungen mit schleppender Zahlungsweise zu reagieren. Vier von fünf der Befragten sind sich dabei des Risikos bewusst, dass im Zuge der verspäteten Zahlung der eigene Lieferant in Schwierigkeiten kommen könnte.
WSM-Experte Ade kennt die Nöte vieler kleinerer Unternehmen aus der Stahl- und Metallverarbeitung. Um die Zahlungsbedingungen durchzusetzen, bedarf es einer gewissen Marktmacht. Außerdem kosten die Sicherungsinstrumente und Dienstleister Geld.
Vielen Unternehmen sind die gängigen Sicherungsmethoden schwer zugänglich. Eine Warenkreditversicherung können Unternehmen bei den großen Kreditversicherern wie Allgemeine Kredit Coface (AKC), Atradius (früher Gerling) und Euler-Hermes ab einem Jahresumsatz von rund einer halben Million Euro in Anspruch nehmen.
Für Factoring sollte der Umsatz üblicherweise bei rund 5 Mio. Euro liegen. Factoring ist zudem relativ teuer: Sie beinhaltet die Kosten für Kreditversicherung, Factoringgebühr plus Kontokorrent-Zinsen. Bei ABS-Angeboten für Mittelständler geht es ab einem Forderungsvolumen von 5 Mio. Euro los.
Ein weiteres Problem in der Praxis: Viele Mittelständler, die Bankkredite in Anspruch nehmen, haben meist ihre Forderungen ohnehin als Sicherheit verpfändet. Ein zweites Mal abtreten geht nicht.
Aber häufig müssen die Unternehmen die Schuld für Ausfälle bei sich selbst suchen. „Viele Geschäfte werden oft auch blauäugig abgeschlossen, weil die Unternehmen heutzutage sehr umsatzgetrieben sind“, gibt Stefan Brauel zu bedenken, Vertriebsvorstand bei dem Kreditversicherer Allgemeine Kredit Coface (AKC). Er kennt die häufigsten Mängel: Die Informationsbeschaffung finde nicht durchgehend statt, Bonitätsauskünfte seien gerade im Mittelstand häufig nicht aktuell, hat er beobachtet. Er bemüht als Rat eine alte Kaufmanns-Weisheit: „Unternehmer dürfen einfach nur Geschäfte eingehen, bei denen sie sicher sind, dass sie realisiert werden.“ Sonst bleibe nun mal nichts als Aufwand.
Kreditversicherung ist für viele Unternehmen ein Muss
Vor blauäugigen Geschäftsabschlüssen wird gewarnt

So kommen Sie an Ihr Geld
  • 1. Eindeutiges Zahlungsziel setzen. Obwohl der Gesetzgeber inzwischen den automatischen Eintritt des Zahlungsverzugs nach 30 Tagen bestimmt hat, sollte nie auf einen eindeutigen Hinweis auf das Zahlungsziel verzichtet werden.
  • 2. Die Kosten für das Inkasso in Beziehung zur Aussicht auf Erfolg setzen. Je niedriger die Höhe der Forderung, um so geringer sind die Erfolgschancen.
  • 3. Auskünfte im Vorfeld sind keine Garantie. Eine zuverlässige Methode für Auskünfte über die Zahlungsmoral ist die Befragung anderer Lieferanten des potenziellen Auftraggebers.
  • 4. Bei eintretender Zahlungsverzögerung unbedingt den Dialog mit dem Schuldner aufnehmen:Der überwiegende Anteil an Forderungen kann auf der Basis von individuellen Vereinbarungen geregelt werden.
  • 5. Verweigert der Schuldner den Dialog mit dem Gläubiger, heißt die Devise: Sofort handeln. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit gilt immer: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
  • 6. Die Einschaltung eines Inkassobüros signalisiert dem Schuldner die Entschlossenheit des Gläubigers.

Inkasso – viele Dienstleistungen
  • Gerichts-, Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten werden vermieden. Motto: Kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen!
  • Die vorgerichtliche Erfolgsquote der Inkasso-Branche liegt bei über 50 %. Inkasso-Profis können häufig den Schuldner auf angemessene Art und Weise zum Zahlen bewegen.
  • Kosten und Auslagen trägt der Gläubiger gegenüber dem Inkasso-Unternehmen. Der Schuldner hat sie dem Gläubiger zu ersetzen.
  • Inkasso-Firmen übernehmen auch die Bonitätsprüfung: Bei aussichtslosen Fällen werden so keine zusätzlichen Kosten verursacht.
  • Das Inkasso-Unternehmen arbeitet als Vermittler zwischen Gläubiger und säumigem Zahler. Das ist die Basis für eine weiterhin positive Geschäftsbeziehung.
  • Das betriebseigene Personal des Gläubigers wird nicht mit der Ermittlung von Anschriften und weiteren Recherchen belastet.
  • Inkasso-Unternehmen prüfen Vollstreckungsmöglichkeiten gegen zahlungsunwillige Schuldner und beauftragen gegebenenfalls den örtlichen Gerichtsvollzieher.
  • Beharrliche Mahnbearbeitung im nachgerichtlichen Inkasso: Adresspflege, Vermögensverhältnisse überwachen, Debitoren-Konten führen.
  • Ständige Fristen- und Verjährungskontrolle.
Quelle: Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU)
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