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Bei Schwachstellen springt die Ampel auf Rot

Externes Rating: Rüstzeug fürs Kreditgespräch mit Banken
Bei Schwachstellen springt die Ampel auf Rot

Mit Hilfe von Rating-Software können Mittelständler ihr Unternehmen gemäß den Beurteilungskriterien der Banken kennenlernen und Schwachstellen analysieren. Der VDA hat vor wenigen Tagen das Programm zum Standard für seine Mitglieder erhoben.

Von unserem Redaktionsmitglied Dietmar Kieser dietmar.kieser@konradin.de

Hermann Bröker nimmt die Dinge gern selbst in die Hand. Anders als viele deutsche Mittelständler, die bei ihrer Hausbank um dringend nötigte Kredite ersuchen, muss sich der Vorstandschef der Dronco AG nicht erst zur fälligen Bonitätsprüfung durchringen. Denn wie die Bank sein Unternehmen beim nächsten Rating beurteilen wird, checkt der Schleifmittelhersteller aus dem oberfänkischen Wunsiedel regelmäßig im Vorfeld durch ein eigenes Rating ab.
Unterstützung dafür holt sich Hermann Bröker von den Spezialisten der Prof. Dr. Schneck Rating GmbH. Die Reutlinger vertreiben mit ihrem R-Cockpit genannten Rating-Tool eine anerkannte Software, die bereits in der Basisversion alle relevanten Kriterien berücksichtigt, die beim Bankgespräch hinterfragt werden. Dabei fließen nicht nur die Bilanzkennzahlen der letzten drei Jahre in die Bewertung ein, sondern auch qualitative Daten aus allen Unternehmensbereichen. Wie beim Bankrating nach Basel II lässt sich damit die Bonität und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens prognostizieren. Dieser Blick in die Zukunft führt die Aussichten des Betriebes in verschiedenen Bereichen zusammen und verdichtet sie in einer Note. International reicht sie von AAA (hervorragende Prognose der Zahlungsfähigkeit) bis D (Schuldner befindet sich in Zahlungsverzug oder Konkurs). Je besser die Note, umso günstiger die Kreditkonditionen.
Für Dronco-Vorstand Bröker zahlt sich die professionelle Vorbereitung mehrfach aus: Erheben die Banker bei ihm die Datenbasis für ihr Rating, zückt der ehemalige Unternehmensberater ein 30-seitiges, aus R-Cockpit im Word-Textformat generiertes Dossier, das alles abdeckt, was für eine Ratingauswertung erforderlich ist. Zweiter Vorteil: Hermann Bröker erfährt anhand weniger Kennzahlen, wie es um seinen Betrieb steht: „Durch das externe Rating konnten wir sehr schnell erkennen, wo unsere Schwachstellen liegen, wo wir etwas tun müssen und wo wir richtig positioniert sind.“ Weil durch die Frühwarnfunktion das Verbesserungspotenzial sofort aufgedeckt worden sei, habe man konsequent handeln können.
Auch Banken analysieren im Rahmen des Ratings diese Schwachstellen. Doch im Kreditgespräch verschweigen die Kundenberater diese für Firmenlenker wichtigen Details. Lediglich die Ratingnote vergeben sie. Als „Black-box-Strategie“ kritisiert Prof. Dr. Ottmar Schneck diesen Kurs. Der Professor für Banking, Finance and Rating an der European School of Business (ESB) in Reutlingen macht aber auch keinen Hehl daraus, dass sein im Jahr 2002 mitbegründetes Rating-Unternehmen von dieser Vorgehensweise profitiert. Für das an Schnecks Lehrstuhl entwickelte R-Cockpit-Konzept hat er lediglich „alle Bankfragen gesammelt und im Rechenkern nachgebildet“. Hinzu kommt ein Benchmarking mit Branchenvergleichswerten, und durch die Simulation von Ergebnissen und Konditionen lassen sich Optimierungsmaßnahmen planen.
Gut organisierte Firmenchefs, die etwa ISO-Dokumente griffbereit, Prozesse dokumentiert und Organigramme erstellt haben, können sich laut Schneck an einem Tag durch das auf CD gepresste Programm arbeiten. „Ganz nebenbei wird noch BWL-Know-how aufgebaut“, hebt der Wirtschaftswissenschaftler auf den nützlichen Nebeneffekt ab. Allein durch die Fragestellung werde ein Bewusstsein für betriebswirtschaftliche Probleme erzeugt. Für Ottmar Schneck ist dies denn auch „die echte Agenda 2010“. Seine Vision: „Was für einen Schub würde es erzeugen, wenn auf diese Weise drei Millionen kleine und mittlere Unternehmen an ihren Meckerpunkten etwas bewegen würden“, schmunzelt der BWL-Professor über seinen Gegenentwurf.
Handlungsbedarf bei einem Großteil seiner 600 Mitglieder hatte auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) ausgemacht. Die Forderung, immer mehr kundenspezifische Entwicklungen vorfinanzieren zu müssen und die restriktive Kreditvergabepolitik der Banken erhöhen den Druck auf die Zulieferer. Hinzu kommt, dass die OEMs von ihnen zunehmend die Sicherung nachhaltiger Lieferfähigkeit fordern. Die Konsequenz daraus: Vor einem Jahr entschied sich der Frankfurter Verband, zusammen mit der Prof. Dr. Schneck Rating GmbH ein Werkzeug für den Selbst-Check zu entwickeln, das die Spezifika der Zulieferbranche berücksichtigen sollte. Die VDA-Mitglieder sollten damit ihr Unternehmen unter Rating- und Benchmarking-Aspekten führen können, lautete die Vorgabe.
Inzwischen wurde das mit dem VDA erarbeitete Programm nicht nur kostenlos an die Mitglieder verteilt. Seit wenigen Tagen gilt für die VDA-Version von R-Cockpit das Prädikat „Standard“. Grünes Licht gaben der VDA-Mittelstandskreis mit seinem Vorsitzenden Arndt G. Kirchhoff ebenso wie die deutschen Automobilproduzenten. „Die OEMs stellen es ihren Zulieferern frei, ob sie sich beispielsweise von einer internationalen Großagentur wie Moody’s bewerten lassen oder die Fragen des VDA-Ratingtool beantworten“, freut sich Prof. Schneck, der sein Modell „auf dem Weg zu einem Rating-Standard im Mittelstand“ sieht.
Rund 2000 CDs des R-Cockpit-Programms haben bislang den Weg in deutsche Unternehmen gefunden, die sich entweder mit oder ohne Unterstützung der Ratingexperten auf den strengeren Bonitätscheck der Banken vorbereiten. Wer wie viele Automobilzulieferer fit ist im Qualitätsmanagement, für den sei es „nur noch ein kleiner Sprung zum Rating“, betont Ottmar Schneck. Zu den Softfacts des QS- oder EFQM-Modells addiert sich die Finanz-BWL samt Kennzahlen (siehe Kasten). Damit trete die früher rein ingenieurgeprägte Automobilindustrie „in eine Phase ein, in der die Betriebswirtschaft nicht mehr nebenher läuft, sondern zentral entscheidet“, beurteilt der Professor den Stellenwert seiner Disziplin. Gut vorstellbar für ihn, dass künftige Spitzenkennzahlen wie Menge, Qualität oder Kosten zu einer einzigen Kennzahl oder Ratingnote verschmelzen, die auch Kriterien wie Mitarbeitermotivation oder Nachfolgeregelung berücksichtigt. „In zehn Jahren“, ist Schneck überzeugt, „steuern sich Unternehmen mit Buchstaben.“
Der erste Bonitäts-Check von Mittelständler Dronco (350 Mitarbeiter, rund 30 Mio. Euro Umsatz) im Jahr 2002 brachte die Rating-Note BB-. Im quantitativen Rating, wurden die Oberfranken „mit einer glatten A-Note“ bewertet, berichtet Bröker stolz. Der Vorstand sieht sich damit auf dem richtigen Kurs. Der von ihm 1998 als Sanierungsfall übernommene Schleifmittelhersteller verfügte Ende 2001 über weniger als 10 % Eigenkapital. Bis zum Jahresende will er 45 % ausweisen. Rating befördert eine solche Entwicklung. Wenn Bröker im kommenden Frühjahr zur nächsten Rating-Tour ansetzt, dann hofft er auf ein BBB, „vielleicht sogar mit einem Plus“ – und damit eine stark befriedigende Kreditbonität.
Tool für den Selbst-Check berücksichtigt auch Spezifika der VDA-Mitglieder
Hoffen auf Note BBB bei der nächsten Rating-Tour

Kriterien fürs Rating
Quantitative Kriterien
  • Vermögenslage
  • Ertragslage
  • Finanzlage
Qualitative Kriterien
  • Branchen-, Produkt- und Marktstellung
  • Unternehmensstrategie und -führung
  • Personal, Organisation und Prozesse
  • F+E, Materialwirtschaft und Produktion
  • Informationspolitik und -planung
  • Controlling
  • Finanzpolitik

  • Buchtipp zum Thema:
    Rating – Wie Sie sich effizient auf Basel II vorbereiten, O. Schneck, P. Morgenthaler/
    M. Yesilhark,
    Beck dtv, München, 2003, 214 Seiten, 10 Euro
    Unsere Whitepaper-Empfehlung
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