Betriebe profitieren von Maßnahmen, die das Unternehmen familienfreundlicher gestalten, beweisen Studien. Forscher warnen: Punktuelle Schritte wie die Flexibilisierung der Arbeitszeit stoßen schnell an Grenzen. Erst ein Maßnahmenbündel bringt beiden Seiten Nutzen. Eine neue Initiative hilft auf lokaler Ebene.
Gesamtmetallchef Martin Kannegiesser kennt die harten Fakten. „Es gibt aus betrieblicher Sicht viele Argumente für eine familienfreundliche Unternehmensführung“, betont der Präsident des Arbeitgeberverbandes der M+E-Industrie. Geringere Fluktuation, höhere Arbeitszufriedenheit, weniger Fehlzeiten, besseres Personalmarketing, höhere Arbeitsproduktivität: All das sind Faktoren, die sich für den Unternehmer in barer Münze auszahlen. Das bestätigt eine Studie der Prognos AG: Selbst Mittelständler könnten demnach bis zu mehreren 100 000 Euro sparen.
„Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der M+E-Industrie“, so erläutert der Gesamtmetall-Chef, „müssen unsere Betriebe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und vor allem Frauen intensiver ansprechen.“
Kannegiesser unterstützt öffentlich eine neue Initiative: Seit Januar gibt es die bundesweite Aktion „Lokale Bündnisse für die Familie“. Federführung hat das Bundesfamilienministerium mit Unterstützung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Ein neu eingerichtetes Servicebüro soll Unternehmen und Kommunen beraten, wie betriebliche Erfordernisse und Familienfreundlichkeit unter einen Hut zu bringen sind.
In der Praxis ist das einfacher gesagt als getan. Die häufigste Maßnahme, die das Etikett familienfreundlich erhält, ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit. An zweiter Stelle kommt mit großem Abstand die Betreuung von Kindern und Angehörigen.
Doch flexible Arbeitszeiten stoßen im Alltag schnell an Grenzen, wie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) herausgefunden hat. Laut einer aktuellen Studie nutzen die Beschäftigten Zeitkonten bisher sehr zögerlich (wir berichteten in Nr. 10). „Arbeitszeitkonten bringen für die Beschäftigten neue und schwer kalkulierbare Risiken mit sich“, begründet Prof. Dr. Eckart Hildebrandt, ein Autor der Untersuchung.
Zum Problem werden flexible Dienstzeiten für die Beschäftigten in Phasen starker Arbeitsbelastung. Der Alltag gerate dann unter einen enormen Organisations- und Gestaltungsdruck, sagt Hildebrandt. Fazit des WZB: Flexible Arbeitszeitmodelle führen weder automatisch zu höherer Zeitsouveränität noch zu höherer Lebensqualität. Die Folge sei, dass die Mehrheit der Beschäftigten weiterhin an geregelten Arbeitszeiten festhalte. Außerdem orientiere sich die Freizeitgestaltung am traditionellen Schema.
Als größtes Hindernis wird von den meisten Fachleuten die fehlende Möglichkeit zur Kinderbetreuung genannt. Betroffen sind davon meist die Frauen. Das Problem ist bekannt: Die wenigsten Kindergärten sind von den Öffnungszeiten her so flexibel, wie es Chefs von ihren Beschäftigen gerne hätten. Zudem sind Horte für die ganz Kleinen oft Mangelware.
Mancher Unternehmer zeigt, wie es anders geht. So der letztjährige Gewinner des Frauenförderpreises der Bayerischen Staatsregierung, der Münchner Kettenhersteller Iwis Joh. Winklhofer & Söhne: Der Familienbetrieb gehört zu den Pionieren bei Betriebskindergärten, flexiblen Arbeitszeitmodellen und Maßnahmen zur Frauenförderung. Ergebnis: Ein Drittel der 800 Mitarbeiter in dem Industriebetrieb sind Frauen. Das weibliche Geschlecht besetzt zudem 11 % der Führungspositionen, was ebenfalls weit über dem Branchendurchschnitt liegt. tv
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