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Collaboration und „Neues Europa“ bieten Chancen

2300 Teilnehmer auf dem 20. Deutschen Logistik-Kongress
Collaboration und „Neues Europa“ bieten Chancen

Während die Zusammenarbeit entlang der Supply Chain eher Chancen birgt, sehen die Logistik-Experten in der EU-Erweiterung für die Branche auch Risiken: Im „Alten Europa“ könnten Fachleute rar werden.

Thomas Preuß ist Journalist in Stuttgart

Ein halbes Jahr vor dem Beitritt weiterer zehn Nationen zur Europäischen Union beging die Bundesvereinigung Logistik e. V. (BVL), Bremen, den 20. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin. Der Leitgedanke dieser Veranstaltung, „Grenzen überwinden – Wandel gestalten“, lockte über 2300 Teilnehmer in die Hauptstadt, darunter hochrangige Vertreter aus Industrie und Handel, Politik und Wissenschaft.
Und sie redeten sich die Köpfe heiß: Denn schnell wurde deutlich, dass die kommende EU-Erweiterung ebenso als Chance wie als Risiko für „Old Europe“ gesehen werden kann. Mut machte der Branche Prof. Dr. Peer Witten, Vorsitzender des Vorstands der BVL und Mitglied des Vorstands der Hamburger Otto Gruppe: „Wir wollen neue Wachstumsregionen in Europa erschließen. Dazu brauchen wir eine leistungsstarke, funktionierende Logistik.“ Ob die neuen EU-Staaten mit Produkten auf den westeuropäischen Markt drängten oder Westeuropa den Osten als interessanten Absatzmarkt entdecke: „Es werden gewaltige neue Warenströme zwischen Ost und West entstehen“, ist sich Witten sicher. Um die zu bewältigen, werde nicht nur eine gute Verkehrsinfrastruktur benötigt, auch technische sowie soziale Standards seien zu „harmonisieren“.
Was plausibel klingt, mag dennoch ein wenig der Angst um eigene Pfründe geschuldet sein, schließlich droht am Horizont das Gespenst des niedrigen Lohnes. Matthias Wissmann, Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages und Bundesminister a. D., bremste solche Gedanken: Der Lohnabstand zwischen Deutschland und Polen liege nur noch bei 1 : 4 bis 1 : 4,5 – womit sich die Lücke in den letzten zehn Jahren etwa halbiert habe.
„Die Gefahr des Lohndumpings ist damit gering“, unterstellte Wissmann. Dennoch seien die alten Länder politisch und wirtschaftlich gefordert, denn „der Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit wird in Deutschland durch die EU-Erweiterung deutlich steigen“.
Dr. Ernst Hermann Krog, Leiter Markenlogistik der Audi AG in Ingolstadt und Mitglied des BVL-Vorstands, differenzierte die neuen EU-Länder nach Absatz-, Produktions- und Beschaffungsmarkt. Krog erwartet zwar noch ein im Vergleich zum alten Europa „relativ hohes“ Wachstum beim Absatz von Fahrzeugen, gab jedoch zu bedenken, dass die Steigerungsraten der zurückliegenden zehn Jahre „nicht mehr erreichbar“ seien. Mit Blick auf den Produktionsstandort Osteuropa sagte Krog, er rechne mit einer weiteren Angleichung des Lohnniveaus, aber einige Zeit seien noch Kostenvorteile zu realisieren. Was er nicht sagte: Diese Vorteile nivellieren sich vermutlich schon in diesem Jahrzehnt durch die Kosten der Logistik, wenn im Osten produzierte Güter nach Westeuropa transportiert werden müssen. Die größten Vorteile der EU-Erweiterung sah Krog auf Seiten des Einkaufs: „Die Automobilindustrie nutzt Osteuropa noch nicht hinreichend als Beschaffungsmarkt, um ihre Kosten zu senken. Da ist einiges zu holen.“
Dass neben dem Warenverkehr auch der „menschliche Verkehr“ zwischen altem und neuem Europa zulegt, das argwöhnte Dr. Anton Wais, Generaldirektor der Österreichischen Post. Die Gefahr, dass Arbeit Suchende aus den Niedriglohnländern angesichts besserer Bezahlung den westeuropäischen Markt überschwemmen, hält Wais für gering. Vielmehr stehe zu befürchten, dass „Fachleute aus Deutschland oder Österreich in den Osten abwandern, weil dort Flat-Tax-Systeme und ein attraktives Umfeld für Firmengründer geschaffen“ würden.
Auf die Herausforderungen, die junge wie altgediente Manager in der nahen Zukunft zu bewältigen haben, kam Jürgen Bayer, Technischer Geschäftsführer bei Behr France im französischen Rouffach, zu sprechen. Er nannte die Standardisierung von Prozessen und IT als Voraussetzung für ein erfolgreiches Supply Chain Management. Nicht nur die Automobilzulieferer unterlägen einem starken Kostendruck, einer komplexer werdenden Produktstruktur und steigenden Kundenanforderungen: „Die Wartebereitschaft sinkt gegen null, die Modellzyklen werden immer kürzer, die Nachfrage ist kaum noch berechenbar“, klagte Bayer. Dagegen helfe nur, die Datenquelle für alle Beteiligten auf ein möglichst hohes Niveau zu bringen und auch interne Prozesse zu standardisieren.
Jens Strüwing, Bereichsleiter Logistik der Mahle GmbH in Stuttgart, fasste die Anforderungen an einen modernen Lieferverbund zusammen: „Man muss das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun und gleichzeitig alle Partner im Prozess informieren.“ Damit schlug Strüwing den Bogen zur Supply Chain Collaboration – dem gemeinsamen Planen der Kapazitäten sowie Abwickeln von Aufträgen.
Thomas Fleck, Manager AIS Business Development der IBM Speichersysteme GmbH in Mainz, hob die funktionierende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen vor allem in der Elektronikindustrie als Erfolgsfaktor heraus: „Ein schneller und effizienter Informationsfluss ist in dieser Branche zwingend!“ IBM hat eine internetbasierende Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten umgesetzt, in der 31 IBM-Fertigungsstätten und 500 Lieferanten vernetzt sind. Die so mögliche Zusammenarbeit schlägt sich in Zahlen nieder: IBM steigerte seine Liefertreue auf 95 % und senkte die Transaktionskosten um 10 % sowie die Transportkosten um 50 %.
Nachfrage wird immer weniger kalkulierbar
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