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„Das Problem Piraterie lässt sich nur politisch lösen“

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„Das Problem Piraterie lässt sich nur politisch lösen“

„Das Problem Piraterie lässt sich nur politisch lösen“
VDMA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hannes Hesse: „Die Verknüpfung von High-Tech-Komponenten zu einem Gesamtprodukt ist unser Kerngeschäft.“
VDMA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hannes Hesse sieht den deutschen Maschinen- und Anlagenbau auf einem guten Weg. Die Hannover Messe wird ein wichtiger Termin für die Maschinenbauer bleiben, ist er sicher.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Herr Dr. Hesse, Der Maschinen- und Anlagenbau brummt. Noch lange?
Wir haben es gerade geschafft, nicht nur im Auslandsgeschäft hervorragende Zahlen zu schreiben. Seit zwei, drei Monaten ziehen die Aufträge aus dem Inland an. Das wäre eine hervorragende Entwicklung, wenn das längerfristig trägt.
Wird sich der Investitionsstau auflösen?
Das wäre nicht nur für unsere Branche wichtig, sondern für die gesamte industrielle Landschaft in Deutschland. Wir befinden uns in einem sehr langen Branchenzyklus, und wir gehen davon aus, dass der positive Trend dieses Jahr anhält und hoffentlich bis weit ins Jahr 2007 hineinreichen wird. Die Branche verzeichnet, wenn unsere Prognosen für 2006 stimmen, innerhalb von drei Jahren einen Produktionszuwachs von zwölf Prozent.
Wie bewältigen Ihre mittelständischen Mitglieder die Globalisierung?
Hervorragend! Anders wären diese Exportzahlen nicht zu erklären. Wir haben eine durchschnittliche Exportq uote von 74 %. Man muss aber differenzieren: Es gibt den Export, der läuft gut. Dann gibt es die Frage, in welchem Umfang die Betriebe ihren Kunden folgen oder Unternehmen im Ausland zukaufen müssen.
Welche Art der Produktion hat Zukunft in Deutschland?
Strukturell hat fast jede Produktion in Deutschland eine Zukunft. Es gibt eine Ausnahme: Produkte, die einen hohen, relativ einfachen Arbeitsaufwand erfordern. Das wird immer schwieriger.
Wo liegt die Stärke der deutschen Betriebe?
Die Verknüpfung von High-Tech-Komponenten zu einem Gesamtprodukt oder zu einer Gesamtanlage, das ist unser Kerngeschäft. Da gibt es technische Cluster, insbesondere auch überregionale, die gemeinsam Entwicklungen vorantreiben.
Findet die Wertschöpfung aus diesen Entwicklungen noch in Deutschland statt?
Die findet in einem hohen Maße hierzulande statt. In unserer Industrie kommen auf einen Arbeitnehmer im Ausland fast vier im Inland. Die Automobilindustrie liegt zum Beispiel schon bei einem Verhältnis von 1:1. Das ist eine ganz andere Situation.
Wird das so bleiben?
Die entscheidende Frage ist, ob die Verlagerungswelle, die die großen Unternehmen erfasst hat, auch die kleinen und mittleren Unternehmen erfasst. Wenn die Firmen aus wirtschaftlichen Gründen verlagern müssen, werden sie es irgendwann in Teilbereichen tun. Wenn sie nicht dazu gezwungen sind, werden sie nicht verlagern. Denn unsere Unternehmer sind sehr bodenständig. Man muss ihnen aber auch klare Perspektiven und positive Signale geben.
Deutschland ist der drittgrößte Maschinenproduzent, China an Nummer vier holt auf. Wie behaupten die Deutschen ihre Position?
Die Betriebe müssen schnell Entwicklungen zur Produktionsreife bringen. Darauf kommt es an, nicht nur auf Innovation.
Und dann wird die Idee kopiert …
Das ist die große Gefahr. Das Thema Piraterie wird sich nur politisch lösen lassen. In China liegt die Halbwertszeit beim Nachbau neuer Produkte bei sechs Monaten, diesem Innovationszyklus kann technisch keiner folgen. Wir haben es aber geschafft, die Politik für das Thema zu mobilisieren. Die Sache bekommt neuen Drive durch die Tatsache, dass chinesische Unternehmen selbst unter Plagiaten leiden.
Auf der Hannover Messe werden sicher wieder Kopien auftauchen. Was tun Sie?
Wir schließen mit allen Messen – auch mit der Hannover Messe – Vereinbarungen, um alles zu unternehmen, damit Kopien von Messen verschwinden, und wir bieten konkrete Hilfe vor Ort an.
Dieses Jahr gibt es dort nicht mehr viele VDMA-Themen. Ist das ein genereller Trend?
Das ist kein genereller Trend. Der Bereich Cemat, also Materialfluss und Fördertechnik, sowie der Bereich der Knickarmroboter haben sich aus völlig unterschiedlichen Gründen eigenständig organisiert. Und ich sehe keine weiteren Bereiche, die sich von der Hannover Messe lösen. Im Gegenteil: Ein klassisches VDMA-Thema auf dieser Messe ist die Digital Factory. Dies ist für mich ein Zukunftsthema. Aber zugegeben: In diesem Jahr ist der VDMA vom Turnus her weniger vertreten. Das wird im nächsten Jahr ganz anders sein, wenn Pumpen und Antriebstechnik wieder dabei sein werden.
Wo sehen Sie noch Probleme?
Schwierig ist für uns das Thema Energy. Da gibt es eine Dreiteilung zwischen Husum, Hamburg und Hannover. Unternehmen des VDMA haben sich in der Vergangenheit sehr stark für Hamburg gemacht und dort eine schöne Messe aufgebaut. Die Hannoveraner legen jetzt gemeinsam mit Husum mit der Energy in toller Weise nach. Jetzt haben wir eine interessante Wettbewerbssituation, die die Entscheidung der einzelnen Firmen erfordert.
Wäre es wünscheswert, dass beispielsweise eine Cemat wieder in die Hannover Messe zurückkehrt?
Der VDMA und große Mitglieder haben ein Interesse daran, dass es eine starke Hannover Messe mit einer breiten internationalen Aufstellung gibt, die ein Spiegelbild der Industrie ist. Die andere Perspektive ist, dass bestimmte Bereiche eine klare Fokussierung auf die eigene Außendarstellung haben wollen. Die Cemat im vergangenen Herbst ist so gut gelaufen, dass diese Unternehmen wenig Lust verspüren, sich wieder in die Messe zu integrieren. Dazu wäre es aufgrund des Drei-Jahres-Rhythmus schwierig.
Und die Automatica, die Robotik-Messe in München?
Die Automatica wird in München fünf Hallen belegen und verzeichnet Zuwächse. Das heißt aber nicht, dass auf der Hannover Messe keine Automationstechnik stattfindet. Sehen Sie: Die Hannover Messe ist seit Jahrzehnten Marktführer in vielen Bereichen, und es ist eben so, dass der Marktführer angegriffen wird. Ich sehe sie in einer Stabilisierungsphase.
Der VDMA betreibt ein Versicherungsunternehmen, einen Verlag und verdient Geld mit Veranstaltungen. Gehört dies zur ursprünglichen Aufgabe eines Branchenverbandes?
Eindeutig ja. Der VDMA hat die Philosophie, ein Vollsortimenter zu sein. Wir bieten Veranstaltungen an, die eine Ergänzung zu den verbandlichen Leistungen sind. Unsere Versicherungsmakler-Tochter VSMA betreut von unseren über 3000 Mitgliedern etwa 900. Die Idee, die dahinter steckt ist, mit speziellem Branchen-Know-how maßgeschneiderte Lösungen zu bieten. Das Ziel ist nicht, Geld zu verdienen, sondern eine schwarze Null zu erwirtschaften.
Was hält den Verband zusammen?
Der VDMA besteht aus neun Landesverbänden und aus 39 Fachverbänden, die in sich schon so heterogen sind, dass der Verband auf etwa 90 selbstständige Einheiten kommt. Und unsere Kunden sind zugleich unsere Eigentümer. Das macht die Sache nicht einfach. Der VDMA hat aber einen Punkt, der als Story einmalig ist: Wir haben die gesamte Prozesskette bei uns. Viele unserer Mitglieder stehen in Kunden-Lieferanten-Beziehungen und sind Teil eines einmaligen Netzwerkes. Das macht den Zusammenhalt aus – und die exzellenten Dienstleistungen, die wir anbieten.
„Unsere Unternehmer erwarten klare Perspektiven und Signale“

Der VDMA auf der Messe
Vom 24. bis 28. April ist der VDMA mit seinem Branchen-Netzwerk auf der Hannover Messe vertreten.
  • Industrial Communication Halle 9, Stand H64
  • Gemeinschaftsstand „Applied Automation“ , Halle 17, Stand D30
  • Gemeinschaftsstand „Software“ Halle 16, Stand C16
  • Informatik Halle 16, Stand C68
  • Micro Technology Halle 15, Stand D35
  • VDMA-e-market Halle 17, Stand D26
  • Thailand: Kontaktbörse Halle 05, Stand A31
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