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„Die Instandhaltung wird immer mehr zur Managementaufgabe“

GFIN-Bundesgeschäftsführer Helmut Winkler zu Trends in der Instandhaltung
„Die Instandhaltung wird immer mehr zur Managementaufgabe“

„Die Instandhaltung wird immer mehr zur Managementaufgabe“
Helmut Winkler, Bundesgeschäftsführer der Gesellschaft für Instandhaltung (GFIN) e. V., Düsseldorf, ist überzeugt, dass sich Instandhalter mehr mit betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Themen beschäftigen müssen:
Maschinen, die nicht richtig funktionieren, können sich gerade Mittelständler nicht leisten. Die Instandhaltung muss deshalb zur Managementaufgabe werden und ihr Leiter dieselbe hierarchische Position wie der Produktionsleiter erhalten.

Das Interview führte unser Redaktionsmitglied Monika Corban

? Herr Winkler, die Gemeinkosten, in denen die Instandhaltungskosten enthalten sind, steigen weiter und sind für jeden Unternehmer ein rotes Tuch. Sie sind der Meinung, dass Mittelständler diese Kosten durch ein verändertes Instandhaltungskonzept senken können. Wie soll das aussehen?
! Die Instandhaltung muss in den Unternehmen den hohen Stellenwert bekommen, der ihr gebührt, denn sie gehört zum Kerngeschäft jedes produzierenden Unternehmens. Dessen Produkte können nur so gut sein wie die Maschine, auf der sie produziert werden. Wenn die Instandhaltungsabteilung die von ihr verursachten Kosten kontrollieren soll, muss sie meiner Meinung nach besser in die Entscheidungsabläufe eingebunden werden. Sie muss beispielsweise mit entscheiden, wenn eine neue Maschine angeschafft wird und darf nicht erst im Nachhinein darüber informiert werden. Wer fragt heute schon bei einer Neuinvestition, wie hoch die Kennzahl einer Maschine ist. Hinterher geht das große Gejammer los, weil die Instandhaltungskosten so hoch sind.
? Was sagt die Kennzahl aus?
!Die Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie hoch der Instandhaltungsaufwand einer Maschine bezogen auf ihren Wiederbeschaffungswert ist. Die Größe drei bedeutet beispielsweise, dass pro Jahr drei Prozent des Wiederbeschaffungswertes für die Instandhaltung aufgebracht werden müssen. Nennt zum Beispiel ein Maschinenlieferant die Kennzahl vier oder fünf, muss der Instandhalter fragen, warum sie so hoch liegt. Was sind die Schwachpunkte an der Maschine? Was empfiehlst Du mir als Lieferant, wie die Schwachstellen behoben werden können? Nur darüber lässt sich verhindern, dass immer wieder die gleichen Fehler eingekauft werden.
?Und deshalb muss ein Instandhalter selbst aktiv werden und fordern, an den Investitionsentscheidungen beteiligt zu werden?
! Ja, denn wenn schlechtere Maschinen eingekauft werden, muss der Instandhalter sie erst einmal auf Vordermann bringen, und er ist dann noch der Buhmann, weil er Kosten verursacht.
? Muss sich seine Position im Unternehmen verändern, damit er diese Funktion wahrnehmen kann?
! Das ist das absolut notwendig. Er soll die gleiche hierarchische Stellung haben wie ein Produktionsleiter, denn seine Entscheidungen sind genauso bedeutend und haben die gleichen Auswirkungen auf den Erfolg eines Unternehmens.
? Das hört sich so an, als ob sich das Berufsbild des Instandhalters ändern muss?
!Der zukünftige Instandhalter muss nicht nur Techniker sein, sondern allem voran Manager. Das gilt im Besonderen für den Instandhaltungsleiter. Wenn ein Instandhaltungsleiter heute noch im Blaumann mit verschmutzten Fingern rumläuft, dann macht er etwas falsch.
? Was hat ein Unternehmen davon, wenn es dem Instandhaltungsleiter eine so hohe Position einräumt?
! Nach einer Untersuchung der Universität Dortmund verbringen Instandhalter rund 70 Prozent ihrer Zeit damit, Schäden zu beheben. Das ist unproduktive Arbeit. Für ein Unternehmen wäre es da viel attraktiver, wenn der Instandhaltungsleiter seine Managementaufgabe wahrnehmen würde und alle Register ziehen würde, um von dem Unternehmen jede Art des Maschinenschadens fern zu halten. Wenn man da intensiv rangeht, hat man große Chancen effektiver zu sein. Ich muss weggehen von der in der DIN 31051 definierten Aufgabe der Reparatur und alles daran setzen, dass bereits im Vorfeld Schäden verhindert werden. Das beginnt, wie schon gesagt, bei der Auswahl einer neuen Maschine. Bei vorhandenen Maschinen muss ich analysieren, warum ein Schaden eingetreten ist, und alle Maßnahmen durchführen, dass der nicht mehr auftritt.
?Kann der Instandhalter die Maschinendiagnose nutzen, um bei vorhanden Maschinen Schwachstellen zu finden?
!Ja, sie bietet ihm beispielsweise die Möglichkeit, zu erkennen, welche Bauteile an ihrer Verschleißgrenze angekommen sind und sie so rechtzeitig austauschen. Voraussetzung ist, dass er die EDV gezielt einsetzt. Mit ihrer Hilfe kann er diese Kennzahlen jedes Jahr ermitteln – wenn er passende Strukturen geschaffen hat, also eine entsprechende Bauteil- oder Maschinenelemente-Nummerierung. Das heißt, die Instandhaltung wird sich von der Handarbeit immer mehr zur Geistesarbeit verändern. Das Ziel muss sein, möglichst keinen Instandhaltungsaufwand an der Maschine zu haben. Dafür überlegt man sich Maßnahmen wie Maschinendiagnosen, mit denen sich diese Arbeiten verhindern lassen.
? Ist bei der Sensorik nicht eher der Maschinenhersteller gefragt?
!Da müssen beide mitarbeiten. Der Instandhaltungsleiter muss sagen, was er messen will, wo er die Messung online oder sporadisch durchführen möchte. Häufig adaptiert er die Maschionendiagnose bei den vorhandenen Maschinen selbst. Das kostet Zeit und Geld. Besser wären klare Vorgaben an den Maschinenhersteller, sodass diese bereits von ihm umgesetzt werden könnten.
?Was müssen Mittelständler bei der Instandhaltung besonders beachten?
!Methodik und Zielsetzung sind im Mittelstand dieselben wie in der Großindustrie. Allerdings kommen bei kleineren Unternehmen mehr Aufgaben auf einen Instandhaltungsleiter zu. Er muss in allen Bereichen fit sein. Und Mittelständler sollten noch intensiver als die Großindustrie daran arbeiten, die Instandhaltung zu modernisieren. Denn wenn diese Abteilung erfolgreich ist, ist auch das Unternehmen erfolgreich, und – anders als in der Großindustrie – verfügen Mittelständler meist nicht über ein fehlerverzeihendes Vermögen.
? Wie sieht Ihrer Meinung nach ein gutes Konzept für die Instandhaltung aus?
! Die Instandhaltung muss sich den neuen Fertigungsstrukturen besser anpassen. Es geht doch nicht an, dass sie immer noch in Organisationsmodellen aus dem 19. Jahrhundert verhaftet ist und die Fertigung schon über Organisationsformen aus dem 21. Jahrhundert verfügt. Das muss zusammengeführt werden. In Zukunft muss die Instandhaltung straff und schlank organisiert sein, technisch hervorragend ausgerüstet werden und gute Mitarbeiter haben. Nicht die Kopfzahl entscheidet, sondern die Qualität der Mitarbeiter.
?Lohnt es sich bei neuen Konzepten die Fremdvergabe von Arbeiten einzubeziehen?
!Über Dienstleister kann man heute eine ganze Reihe von Arbeiten zukaufen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn diese Dienstleister im Unternehmen geführt werden und zwar so, dass sie erfolgreich sind. Es muss also jemand da sein, der einerseits ein sehr hohes technisches Wissen hat und auf der anderen Seite über das nötige Managementwissen verfügt. Da hapert es heute leider noch.
? Was werden also künftig die Aufgaben des Instandhalters sein?
!Er muss sich von all den Aufgaben trennen, die andere auch erledigen können und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren. Das heißt, er muss alles daran setzen, dass keine Schäden in das Unternehmen hineinkommen. Und wenn Schäden da sind, müssen diese behoben und so abgestellt werden, dass sie nicht mehr auftreten.
?Kann er das allein bewerkstelligen?
!Nein, dazu braucht er Partner. 30 bis 35 Prozent der Instandhaltungsarbeiten im Maschinenbereich sind heute beispielsweise fremd vergeben. Daneben besteht auch die Möglichkeit, den Maschinenbediener besser einzubinden. Die Leute haben ein hervorragendes Gefühl für die Maschine. Sie leben den ganzen Tag an der Maschine, hören, riechen und sehen kleine Veränderungen sofort. Geben sie diese Informationen weiter, kann mancher größere Schaden verhindert werden. Diese Informationen zu nutzen, lohnt sich auch wirtschaftlich. Es gibt Erkenntnisse darüber, dass die Kosten bei einem Maschinenausfall etwa zehnmal höher sind, als die einer vorbeugenden Reparatur.
?Wie sollten sich Ihrer Meinung nach Instandhalter im Unternehmen benehmen?
!Sie müssen einen konstruktiven Ungehorsam im Unternehmen haben. Sie müssen sich dagegen wehren, als Kostenverursacher angesehen zu werden, denn das sind sie nicht. Sie müssen nur das ausbaden, was andere verkehrt gemacht haben.
Das ist die GFIN: Infoquelle für Instandhalter
Die Gesellschaft für Instandhaltung e. V. (GFIN)
– ist die Interessenvertretung der Instandhalter in Deutschland,
– ist branchenunabhänig und -übergreifend,
– vermittelt theoretische und praktische Instandhaltungskenntnisse,
– fördert die Forschung und Wissenschaft sowie
– die Aus- und Weiterbildung.
Derzeit sind über 100 Mitgliedsfirmen in der GFIN organisiert.
Die Homepage der Gesellschaft informiert über Aktivitäten, Veranstaltungen, Partner sowie Arbeitskreise und nennt die Ansprechpartner in den einzelnen Länden.
Kontakt: www.gfin.de
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