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„Die Planung und Vorbereitung ist Aufgabe der Betriebsinstandhaltung“

GFIN-Chef Helmut Winkler zur Fremdvergabe von Instandhaltungsleistungen
„Die Planung und Vorbereitung ist Aufgabe der Betriebsinstandhaltung“

Zu den Chancen und Gefahren der externen Vergabe von Instandhaltungsleistungen äußert sich Helmut Winkler. Der Geschäftsführer der Gesellschaft für Instandhaltung (GFIN) sieht in der 100%igen Fremdvergabe der Maschineninstandhaltung ein großes Risiko für Unternehmen.

Das Interview führte unser Redaktionsmitglied Haider Willrett

?Herr Winkler, welche Chancen bieten sich einem Unternehmen, das Instandhaltungsleistungen an einen externen Dienstleister vergeben will?
!Die wesentliche Chance bei der Fremdvergabe von Instandhaltungsleistungen ist die höhere Effektivität der betriebsinternen Instandhaltung. Sie konzentriert sich zukünftig auf das, was dem Unternehmen wirklich Geld bringt. Geht die Leistungssteigerung Hand in Hand mit geringeren Kosten – phantastisch. Wer also Instandhaltungsleistungen fremd vergibt, darf nicht nur die Kosten im Auge haben. Ein Dienstleister muss mindestens 15 bis 20 Prozent billiger sein, als die eigene Instandhaltung. Sonst rechnet sich die Vergabe nicht. Diese Spanne wird von den Nebenkosten im eigenen Haus geschluckt. Wer erfolgreich sein will, muss Entscheidungen, die er heute trifft, morgen schon wieder in Frage stellen. Nur so kann man sich ständig verbessern.
?Auf welche konkreten Gefahren muss sich ein Unternehmen einstellen, das die Instandhaltung einem Dienstleister überlassen will?
!Die größte Gefahr sehe ich in der 100-Prozent-Vergabe. Durch die komplette Auslagerung der Instandhaltung fließt sehr viel Know-how aus dem Unternehmen ab. Ist die eigene Instandhaltung erst einmal aufgelöst, so ist es schwer und sehr teuer, sie neu aufzubauen. Dadurch entsteht eine Abhängigkeit vom Dienstleister. Auf keinen Fall darf die Geschäftsleitung die eigene Instandhaltung bei der Entscheidungsfindung ausgrenzen.
?Warum ist es so wichtig, die Betriebsinstandhaltung einzubeziehen?
!Die Planung und die Vorbereitung der Fremdvergabe ist eine Domäne der Betriebsinstandhaltung. Alle anderen Entscheidungsträger werden wahrscheinlich wesentliche Faktoren außer Acht lassen. Die Betriebsinstandhalter müssen ein Programm entwickeln und planen, was zu welchem Zeitpunkt an wen vergeben wird. Und sie müssen der Geschäftsführung eine Entscheidungsgrundlage und schlagkräftige Argumente für oder gegen die Vergabe liefern. Instandhalter sind sich im Allgemeinen ihrer Verantwortung für die Maschinen und Produktionsanlagen bewusst und werden entsprechend sensibel handeln.
?Bei der Maschineninstandhaltung ist also ein besonders sorgfältiges und gewissenhaftes Vorgehen nötig?
!So ist es. Überall dort, wo ein Fehler direkt in das Produkt eingeht, das ich herstelle, ist besondere Vorsicht geboten. Maschinen verzeihen es kaum, wenn bei ihrer Instandhaltung Fehler begangen werden. Wenn das Spindellager einer Werkzeugmaschine ausgeschlagen ist, hat das sicher eine andere Qualität als der abblätternde Anstrich an einer Wand der Montagehalle. Deshalb ist hier ein detailliertes Leistungsverzeichnis sehr wichtig. Darin müssen auch die Qualitätsanforderungen und entsprechende Kontrollverfahren genau festgelegt sein. Natürlich ist damit ein erheblicher Aufwand im Vorfeld der Vergabe verbunden.
?Was kann oder muss ein Unternehmen vor der Vergabe tun, um den Erfolg sicherzustellen?
!Viele Unternehmen vergeben noch immer Arbeiten anstelle von Leistungen. Das ist falsch. Ein Beispiel: Ich gebe nicht die Reparatur meiner Lüftungsanlage in Auftrag, sondern ich kaufe eine bestimmte Menge Luft in einer bestimmten Reinheit. Mein Dienstleister – oder besser mein Partner – muss dafür sorgen, dass ich zu jeder Zeit die richtige Menge und Qualität an Luft zur Verfügung habe. Er soll mir Vorschläge unterbreiten, wie ich das bestmögliche Ergebnis erreiche. Dazu muss er jedoch detailliert wissen, welche Leistung ich von ihm erwarte. Andererseits sind klare Vorgaben nötig, damit ich seine Leistung bewerten, ihre Qualität kontrollieren kann. Diese Vorgaben muss ich im Vorfeld erarbeiten. Dann müssen Kosten und Nutzen klar und transparent sein. Was häufig vergessen wird, ist die Dokumentation der Maschineninstandhaltung. Man sollte vertraglich vereinbaren, dass die Dokumentation Aufgabe des Dienstleisters ist. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass die Auswahl des Partners mit großer Sorgfalt erfolgen muss. Grundsätzlich sollten nur Anbieter mit einem hohen Qualitätsstandard in Betracht kommen.
?Gelten für kleine Unternehmen andere Grundsätze als für große?
!Wenn ein kleines Unternehmen die Fremdvergabe richtig angehen möchte, sollte die Methodik die gleiche sein wie beim großen. Es ist sogar so, dass das fehlerverzeihende Vermögen beim kleinen Betrieb geringer ist. Wenn ein Konzern mit Milliardenumsatz einige Millionen Mark in den Sand setzt, ist das schlimm, aber nicht unbedingt Existenz bedrohend. Ein Kleinbetrieb kommt da sehr viel schneller an seine Grenzen. Deshalb sollte er eigentlich noch gewissenhafter vorgehen. Und er sollte unbedingt darauf achten, dass die Zahl seiner Dienstleister nicht zu groß wird, denn sonst schießen die Nebenkosten in die Höhe.
?Wie und wo kann sich ein interessiertes Unternehmen informieren?
!Wer die Möglichkeit hat, auf Erfahrungen von Kollegen zurückzugreifen, sollte dies tun. Informationen erhält man aber auch von bei den Industrie- und Handelskammern. Gute Quellen sind Messen, Seminare oder Tagungen. Auch Fachzeitschriften und Fachbücher helfen weiter. Die Suche im Internet erfordert Geduld. Es gibt ja hunderte von Instandhaltungsdienstleistern. Darunter sind hochinteressante Unternehmen, Spezialisten in allen möglichen Bereichen. Nur kennt sie kaum einer. Deshalb: Wer in diesem Bereich unbeleckt ist, sollte sich nicht scheuen, einen Berater zu engagieren. Und dann ist natürlich das Gespräch mit verschiedenen Anbietern wichtig.
?Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung in der Instandhaltung ein?
!Die Ergebnisse einer Marktanalyse der Gesellschaft für Instandhaltung zeigen, dass der Fremdvergabeanteil in Deutschland im Maschinenbereich etwa 30 Prozent beträgt. Bei der Gebäudeinstandhaltung liegt der Anteil wesentlich höher, ungefähr bei 70 Prozent. Diese Zahlen halte ich für realistisch und angemessen. Ich glaube nicht, dass sie sich noch wesentlich verändern werden. Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass der Technisierungsstand in Deutschland weltweit am höchsten ist. Deshalb ist die Instandhaltung bei uns auch besonders wichtig, und viele Unternehmen behalten die entscheidenden Leistung lieber in der eigenen Hand.
Maschinen-Instandhaltung: Kardinalfehler bei der Fremdvergabe
– die Entscheidung über die Vergabe ohne die eigenen Instandhalter zu treffen,
– keine Risikoanalyse für die zu vergebenden Instandhaltungsleistungen durchzuführen,
– sich keine Gedanken über die Maschinen- und Anlageninnovation zu machen,
– die Maschinendokumentation zu vernachlässigen,
– bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse die Fremdfirmen-Managementkosten nicht zu berücksichtigen,
– die Leistungsfähigkeit der Fremdfirma nicht zu bewerten,
– schlechte Vertragsformulierung,
– sich von einer Fremdfirma abhängig zu machen,
– keine Qualitätskontrolle der Fremdleistungen durchzuführen,
– die eigene Instandhaltungs-Abteilung aufzulösen.
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