Der starke Kurs des Euro überrascht sowohl Kritiker als auch Befürworter der Gemeinschaftswährung. Ehemals als „Weichling“ beklagt, werden dem Euro heute die heftigen Einbußen der exportorientierten Unternehmen angekreidet.
Die deutschen Maschinen- und Anlagenbaubranche fürchtet wegen des starken Euro und des schwachen Dollar-Kurses um den derzeitigen Aufschwung im Auslandsgeschäft. Nachdem der Euro kurz nach seiner Einführung einen Kursverfall von mehr als 30 % hinnehmen musste, stieg die europäischen Gemeinschaftswährung jetzt erstmals über 1,20 US-$.
„Alles was jenseits der 1,20-Marke ist, ist nicht mehr wettbewerbsneutral“, sagte der Konjunkturexperte des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Olaf Wortmann. „Je stärker der Euro ist, desto stärker drückt das auf die Gewinnmarge.“
Dennoch sehen Wirtschaftsökonomen den Euro nicht als Konjunkturkiller. Lediglich ein starker Anstieg der Konjunktur werde verhindert. Die Vorteile einer gemeinsamen Währung im Euroland sind jedoch nicht von der Hand zu weisen: Nicht nur der Währungsumtausch bei Reisen in die benachbarten Eurostaaten gehört der Vergangenheit an. Auch die Wechselgebühren entfallen.
International tätige Unternehmen können von diesen Kostenersparnissen profitieren. Insgesamt wird die europaweite Einsparung bei den so genannten Transaktionskosten auf 0,4 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der gesamten Europäischen Union geschätzt. Dies dürfte auch die innereuropäischen Investitionen positiv beeinflussen.
Zudem fördert der Euro die Kooperationsbereitschaft zwischen den EU-Mitgliedstaaten und bremst gleichzeitig nationale Alleingänge in der Wirtschaftspolitik. Der erste kooperative Akt wurde schließlich schon mit der Einführung des Euro vollzogen: Die kollektive Abgabe der Hoheit über die nationale Geldpolitik. Seit Anfang 1999 sind die nationalen Zentralbanken nur noch ausführende Beschlussempfänger der in Frankfurt/M. sitzenden Europäischen Zentralbank (EZB). Die wacht mit Argusaugen darüber, dass aus dem Euro kein Weichling wird.
Umso mehr zeigt sich die EZB jetzt entrüstet über den jüngsten Beschluss der europäischen Finanzminister im Ecofin-Rat. Diese entschieden nämlich kurzerhand, das Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich auszusetzen, obwohl beide Länder 2004 bereits zum dritten Mal in Folge gegen den Stabilitätspakt verstoßen werden. Unter dem Druck des damaligen deutschen Finanzministers Theo Waigel wurde im Dezember 1996 der Pakt beschlossen, der die Länder mit hohen Bußgeldern bestrafen soll, deren Haushaltsdefizit 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreitet.
VDMA-Branchenexperte Olaf Wortmann zeigt sich trotz des Euro-Wachstums optimistisch: „Auch wenn in den nächsten Monaten kein Höhenflug zu erwarten ist, steigt zumindest wieder die Nachfrage aus dem Ausland.“ su
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