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Eines für alles?

Firmen streben die Konsolidierung der ERP-Systeme an – eventuell zu Lasten kleinerer Anbieter
Eines für alles?

Die Konsolidierung der ERP-Systeme steht auf der Agenda vieler Unternehmen. Langfristig könnte dies zur Folge haben, dass die Zahl der ERP-Anbieter auf dem Markt sinkt. Ob Platzhirsch SAP irgendwann alleine auf weiter Flur sein wird, muss allerdings bezweifelt werden. Denn gerade die Kunden kleinerer Anbieter sind am zufriedensten mit ihren Systemen.

Die Zahlen sind verblüffend: Etwa die Hälfte der großen und mittleren deutschen Unternehmen betreibt mehr als zehn produktive ERP-Systeme. Über 20 % setzen mehr als 50 dieser Systeme ein, in Einzelfällen sind es sogar mehr als 100. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Studie „ERP-Konsolidierung – Aus vielem eines“ der Management- und Technologieberatung Detecon, Köln, die in Kooperation mit dem IT-Branchenverband Bitkom e.V., Berlin (Halle 5, Stand C55), entstanden ist.

Insbesondere in der Fertigungsindustrie gründet sich dieser ERP-Wildwuchs darauf, dass Unternehmen ERP-Lösungen häufig für einzelne Werke, Standorte, Landesgesellschaften oder Geschäftsfelder eingeführt haben. Im Zuge von Fusionen und Übernahmen kamen weitere produktive Systeme hinzu. Die Auswirkungen sind bekannt: Die Vielfalt erhöht die Komplexität der IT-Landschaft und verursacht hohe Kosten. Zudem hemmt sie die durchgängige Unterstützung der Prozessketten und damit die Unternehmensentwicklung. Denn innerhalb abgegrenzter Geschäftsfelder haben die Geschäftsprozesse in der Regel einen hohen Standardisierungsgrad; über Geschäftsfelder hinweg ist dieser allerdings eher niedrig, so die Studie.
Daher wollen über 80 % der CIOs die Anzahl ihrer ERP-Systeme deutlich verringern und stark standardisieren. Gleichzeitig wollen sie ihre Geschäftsprozesse über alle Unternehmenseinheiten hinweg harmonisieren und vereinheitlichen. „Der Druck zur ERP-Konsolidierung scheint in den Unternehmen besonders hoch, die international ausgerichtete Geschäftsfelder mit vielen Legaleinheiten in den einzelnen Ländern haben“, erklärt Dr. Norbert Hövelmanns, einer der Autoren der Studie und Partner von Detecon.
Als die Top 5-Ziele einer ERP-Konsolidierung identifiziert die Detecon-Studie:
  • Durchgängigkeit der Geschäftsprozesse
  • Standardisierung und Harmonisierung
  • Internationalisierung und Globalisierung
  • Effizienzsteigerung und Kostensenkung
  • Reduktion der Komplexität
Schwerpunkt einer ERP-Konsolidierung sind somit die Bereiche, die einen direkten Einfluss auf den Geschäftserfolg haben – also Geschäftsprozesse, Anwendungen und Daten. Im Mittelpunkt stehen insbesondere die Prozesse in Materialwirtschaft und Logistik, Finanzen und Controlling sowie in Produktion und Einkauf. „Mehr Transparenz in Materialwirtschaft und Logistik bietet Ansatzpunkte für eine effizientere Ausnutzung von Ressourcen in der globalen Wertschöpfungskette der Unternehmen“, erläutert Hövelmanns. „Die Konsolidierung von Finance- und Controlling-Prozessen zielt auf die schnellere und effizientere Durchführung von Reportings. Im Bereich Produktion und Operations bietet die Konsolidierung eine Verringerung der Schnittstellen zu Lieferanten und Partnern. Standardisierte Prozesse sind Basis für eine Zentralisierung des Einkaufs, dies hat direkte Auswirkungen auf die Einsparpotenziale. Auf der Vertriebsseite bestehen Potenziale zur Erhöhung der Kundenbindung.“
Kein Wunder, dass die Verbesserung der Stammdaten durch die ERP-Konsolidierung für die von Detecon befragten Studienteilnehmer ein großes Potenzial birgt. Die Hälfte geht von einer Erhöhung der Qualität ihrer Produktstammdaten aus. 27 % nennen Kunden- und 23 % Lieferantenstammdaten. Neben den Stammdaten werden auch die Verbesserungspotenziale bei den Bewegungsdaten von 23 % der Teilnehmer als sehr hoch eingestuft.
Überraschend ist angesichts der Fülle von derzeit in den Unternehmen vorhandenen ERP-Systemen, dass die Mehrzahl der befragten Unternehmen – nämlich 68 % – eine Single-Vendor-Strategie für die Zukunft plant. Das heißt, es soll nur ein Anbieter oder Produkt zum Einsatz kommen.
Hövelmanns ist sich sicher: „Mittelfristig hat dies massive Auswirkungen auf mittelständischen ERP-Software-Hersteller. Sie werden bei den Unternehmen, die ERP-Konsolidierungen durchführen, Marktanteile verlieren. Die großen ERP-Anbieter gewinnen weitere Usergruppen innerhalb von Unternehmen und damit Marktanteile. Mittel- bis langfristig wird die Vision ‚Aus vielem eines’ bei der Anzahl von ERP-Software-Produkten in Unternehmen Realität.“
Das Aussterben der mittelständischen ERP-Anbieter stellen die Marktanalysten der Trovarit AG, Aachen (Halle 3, Stand E41), allerdings in Frage. Denn in ihrer jüngsten Studie „ERP-Praxis – Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven“ schneiden wie schon in den Vorjahren kleinere Anbieter und/oder ausgesprochene Branchenspezialisten am besten ab – und deren Kunden sind vor allem unter den kleineren und mittleren Unternehmen zu finden. In der Studie stufen Anwender Systeme und Anbieter nicht über die Funktionalität der Lösungen, sondern vielmehr über die Zufriedenheit mit dem System, dem Implementierungs- und Wartungspartner sowie mit dem Ergebnis des Einführungsprojekts ein.
Unter den ERP-Systemen, die vor allem von kleineren und mittleren Unternehmen eingesetzt werden, schneidet in der Zufriedenheitsstudie unter anderem Alphaplan ERP, eine Lösung für den technischen Handel von CVS Ingenieurgesellschaft mbH, Bremen (Halle 3, Stand B20), sehr gut ab. Überdurchschnittlich gute Ergebnisse haben auch Steps Business Solution der Step Ahead AG, Germering (Halle 3 Stand E21) sowie Myfactory der Myfactory International GmbH, München (Halle 3 Stand E31) erzielt, beide vor allem bei kleineren Unternehmen im Einsatz.
Trovarit macht mehrere Gründe für die hohe Zufriedenheit mit diesen ERP-Systemen aus: So pflegen diese Anbieter meist eine offene und vor allem sehr intensive Kommunikation mit ihren Kunden. Zudem kommen Systementwicklung, Systemintegration – also Einführungsdienstleistungen – und zum Teil auch die Betreuung in der Betriebsphase meist „aus einer Hand“. Dies gelte auch für die ERP-Systeme, die sich eher in mittleren Unternehmen finden. Von den bekannteren Lösungen sind in diesem Segment neben Microsoft Dynamics AX relativ gut positioniert:
  • Abas der Abas Software AG, Karlsruhe (Halle 3, Stand D11)
  • Oxaion der Oxaion AG, Ettlingen (Halle 3, Stand B11) und
  • Proalpha der Proalpha Software AG, Weilerbach (Halle 3, Stand C11).
In der Kategorie der Lösungen für große Unternehmen schneidet in diesem Jahr die Filialhandelslösung X-trade der Maxess Systemhaus GmbH, Kaiserslautern, weit überdurchschnittlich ab. Mit großem Abstand folgt in dieser Gewichtsklasse die Lösung SAP ERP. Gegenüber den Vorjahren haben sich in dieser Kategorie die beiden Systeme ERP LN und ERP Xpert der Infor GmbH, Friedrichsthal (Halle 3, Stand A35), spürbar verbessert, so dass der Abstand zu SAP deutlich verringert wurde. Ebenfalls deutlich verbessert hat sich IFS Applications der IFS Deutschland GmbH & Co. KG, Erlangen (Halle 3, Stand A23). Nach dem – nicht zuletzt auf Personalengpässe zurückzuführenden – Einbruch 2010 hat die Lösung nach der Studie wieder zur Gruppe der Mitbewerber aufgeschlossen.
Ein überraschendes Ergebnis hat die Detecon-Studie hinsichtlich eines Mega-Trends zu Tage gefördert: „Im Kontext der ERP-Konsolidierung stehen die Unternehmen dem Cloud-Computing eher zurückhaltend gegenüber“, sagt Hövelmanns. Türöffner für die Cloud in produzierenden Unternehmen könnte aber Industrie 4.0 sein. Dabei verknüpfen so genannte cyberphysische Produktionssysteme die klassische Produktionstechnik und die IT. Maschine und Produkt kommunizieren miteinander im Internet der Dinge. Durch Embedded Systems und Sensoren könnten Produkte im Fertigungsprozess der Maschine eines Tages selbst mitteilen, wie sie bearbeitet werden sollen. Auf diese Weise steuern sich Prozesse dezentral selbst. SAP erforscht derzeit mit Partner, wie man solche Daten unternehmensübergreifend aus verschiedenen Quellen zusammenführen kann, um den Zugang zu Informationen zu vereinfachen.
Tritt in einer Anlage ein Service-Fall ein, kann sich der hinzugezogene Spezialist leicht einen Gesamtüberblick verschaffen: Von wem wird die Anlage betrieben, welche SAP-Systeme und Datenbanken werden genutzt und welche Produktionsaufträge stehen noch aus. Diese Daten müssen bislang von Betreibern, Herstellern und weiteren Personen einzeln bezogen werden. Und für das Asset Information Management nutzt SAP die Cloud, da diese die Integration der Daten vereinfacht. Dennoch könnte die Cloud schon bald durch Hintertüren in die Unternehmen kommen.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

„Augenhöhe“ zwischen Kunde und Provider ist ein entscheidender Faktor

Checkliste für die Auswahl des SAP Hosting Providers

Unzählige Anbieter von SAP-Hosting konkurrieren am deutschen Markt. Angebote, Servicebreite, Kundenfokus und geografische Präsenz unterscheiden sich deutlich. Das Marktanalyse- und Beratungsunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC) empfiehlt, vor allem folgende Fragen im Vorfeld mit dem in Frage kommenden SAP-Hosting-Anbieter zu klären:
  • Verfügt der Provider über ausreichende Kenntnisse, Erfahrung und Ressourcen, sowohl bezogen auf das Infrastruktur- als auch auf das SAP-System-Management und den Support?
  • Deckt sein Portfolio alle für Sie relevanten Services ab oder ist er auf Partner angewiesen?
  • Verfügt er über die grundlegenden Zertifizierungen, etwa zu Service- und Qualitäts-Management, Sicherheit und Compliancestandards? Ist er durch SAP zertifiziert?
  • Verfügt der Provider über die notwendigen Ressourcen und Skills für Projekte oder Application Management – für den Fall, dass gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt, neben dem reinen Hosting weitere Teile der SAP-Betreuung ausgelagert werden sollen?
  • Besitzt der Provider die notwendigen Branchen- und Prozesskenntnisse?
  • Kann er ähnliche Referenzen aufweisen, etwa in Bezug auf Branche oder Unternehmensgröße? Wie nachhaltig sind diese Kundenbeziehungen?
  • Wie wichtig sind Sie potenziell als Kunde für den Provider? Können Sie sich darauf verlassen, dass er sich auf Sie einstellt und Ihnen den Service, die Qualität, aber auch die Flexibilität bietet, die Sie erwarten? Die „Augenhöhe“ zwischen Kunde und Provider ist ein entscheidender Faktor.
  • Kann der Dienstleister Ihre geografische oder internationale Präsenz in seinen Delivery-Strukturen und seinem Support, inklusive Sprachen, abbilden?
  • Falls relevant: Ist er bereit, Mitarbeiter zu übernehmen und zu integrieren?
  • Wie spezifisch sind Ihre Anforderungen – sind Sie bereit, Standardarchitekturen zu akzeptieren, um Kosten zu sparen oder benötigen Sie eine individuelle Lösung? Bietet der Provider diese Option?
  • Verfügt er über kosteneffiziente Produktionsstrukturen wie Shared Services, eine standardisierte Hosting-Plattform, gegebenenfalls Servicemitarbeiter in günstigen Regionen wie beispielsweise in Osteuropa?
  • Bietet der Provider flexible Preis- und Abrechnungsmodelle sowie Skalierbarkeit der Ressourcen für den Fall kurzfristiger Nachfragespitzen (Stichwort Cloud)?
  • Verfügt der Provider generell über die notwendige Innovationskraft, um auch zukünftig Ihren Anforderungen zu genügen?
  • Können Sie sich auf Beständigkeit während der Vertragslaufzeit verlassen? Wie ist die finanzielle Situation des Providers? Ist er abhängig von wenigen Großkunden? Ist eine Übernahme wahrscheinlich? Wie strategisch ist das Geschäftsfeld SAP-Hosting für den Anbieter, wie wichtig der deutsche Markt? Müssen Sie angesichts hoher Personalfluktuation beim Provider mit häufig wechselnden Ansprechpartnern rechnen?

  • ERP-Kongress

    Forum auf der IT & Business

    Während der IT & Business findet an allen drei Messetagen in Halle 3 das Fachforum 3.1 zum Thema ERP statt. Dabei berichten Experten aus Industrie, Verbänden und Wissenschaft über eine Vielzahl aktueller Themen – angefangen bei mobilen Lösungen für den Zugriff auf das ERP-System von iPad, iPhone & Co. über das Thema ERP-Einführung bis hin zu Fallstricken bei der Systemauswahl.
    Ein besonderes Highlight stellt wieder der ERP Live-Vergleich täglich von 11.15 bis 13.00 Uhr dar, veranstaltet von der GPS Gesellschaft zur Prüfung von Software. Themenschwerpunkt in diesem Jahr ist „Global ERP: Intercompany Prozesse für mittelständische Unternehmen“. Dabei zeigen jeweils mehrere Anbieter, was ihre Systeme können – und zwar in einem spannenden und unmittelbaren Vergleich. Es treten gegeneinander an: am ersten Messetag Plex Online gegen Comarch ERP Enterprise, am zweiten Messetag Av ERP gegen IFS Applications. Und am 25. Oktober Infor LN gegen SAP.
    Die Systeme durchlaufen abwechselnd, Prozess für Prozess, ein vorgegebenes Szenario. Die Zuschauer haben dabei die Möglichkeit, die Funktionalität der Systeme unmittelbar kennen zu lernen und sie vor allem objektiv miteinander zu vergleichen. Die GPS führt durch das Szenario, stellt kritische Fragen und hebt Besonderheiten hervor. „Die Live-Vergleiche waren im vergangenen Jahr einer der Publikumsmagnete“, sagt Messechef Ulrich Kromer. „Grund genug für uns, dieses Konzept auszuweiten.“
    Am Vortag der IT & Business, also am 22.10.2012, veranstaltet das Center for Enterprise Research der Universität Potsdam am Flughafen Stuttgart seinen ERP-Kongress. Der ERP-Kongress widmet sich neben grundsätzlichen Fragen wie „Höhere Produktivität durch moderne ERP-Systeme“ auch Zukunftsthemen wie „Cloud und ERP“ sowie „One ERP“ oder grundlegenden Vertriebsthemen rund um den Lösungs- und Systemvertrieb. Von der Stammdatenqualität bis zur Heterogenität und Mobilität ganzer ERP-Systeme decken die Referenten alle spannenden Aspekte zu ERP ab.
    Parallel dazu findet der Wettbewerb „ERP System des Jahres 2012“ des Center for Enterprise Research der Universität Potsdam statt. Das Bewertungsverfahren ist zweistufig aufgebaut: Im ersten Schritt wurden die eingereichten Bewerbungen von einer Jury evaluiert. Während der Veranstaltung werden die besten Systeme nun öffentlich vorgestellt und von der Jury abschließend bewertet.
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