Wieder einmal machen Deutschlands Ergonomen mobil. Diesmal soll das Internet dazu verhelfen, dass Unternehmen vermehrt ergonomische Gestaltungsprinzipien und gesetzliche Vorgaben schon beim Entwickeln von Produkten und Arbeitssystemen berücksichtigen. Initiativen wie das Ergonomie Kompetenz Netzwerk (ECN, siehe Beitrag rechts) deuten darauf hin, dass es vor allem in kleinen und mittleren Betrieben daran mangelt. Untersuchungen zufolge verursachen allein Muskel-Skelett-Kankheiten in einem 100-Mitarbeiter-Betrieb im Schnitt jährlich Kosten in Höhe von 300 000 DM.
Unternehmen, die arbeitswissenschaftliche Ergebnisse beachten, können sogar doppelt profitieren: In dem Maße, wie die Belastungen am Arbeitsplatz sinken, steigt auch die Leistung. Da wundert es nicht, wenn Wissenschaftler wie der Münchener TU-Wissenschaftler Professor Heiner Bubb die Ergonomie als Konzept zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen etikettieren.
Den Initiatoren des ECN ist jedenfalls zu bescheinigen, die notwendigen Prozesse in Gang gesetzt zu haben. Es gibt keinen Grund, an den Zielen zu zweifeln: mit der Web-Präsenz eine Plattform für Aus- und Weiterbildung sowie für Information, Beratung und Kommunikation zu schaffen. Aber es ist auch nicht zu übersehen, dass 80 bis 90 % der Konstrukteure nichts von den Wirkungsketten verstehen, die beschreiben, wie Erkrankungen und Belastungsfaktoren zusammenhängen. So lange Ergonomen aber erst kurz vor der Markteinführung eines Produktes herangezogen werden und „Reparaturergonomie” betreiben müssen, so lange wird es schwierig sein, die Disziplin als Erfolgs-Formel in der Praxis umzusetzen.
Dietmar Kieser
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