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Frühzeitig wissen, wo Kunden der Schuh drückt

Bedarfsweckung: Wie aus Interessenten Neukunden werden
Frühzeitig wissen, wo Kunden der Schuh drückt

Wer Interessenten emotional statt per Faktenflut anspricht, erhöht die Chance, ihn als Neukunden zu gewinnen. Ein VDMA-Erfahrungsbericht zeigt den Weg, den die BvL Oberflächentechnik hier gegangen ist. Der Erfolg spricht für die Wahl der Mittel.

Dipl.-Wirt.-Ing. Lars Zimmermann ist Mitarbeiter der SZ&P GmbH, Hatten/Neu England

BvL-Geschäftsführer Bernard Sievering fasst die Projektanforderungen in einem Satz zusammen: „Unser Außendienst will mit der neuen verkaufsfördernden Imagebroschüre mehr Neukunden erreichen und renditestärker verkaufen.“ Zuvor hat der Chef der in Emsbüren ansässigen BvL Oberflächentechnik GmbH, die Metallreinigungs- und Entfettungsanlagen herstellt, gemeinsam mit einem Projektteam Werbeunterlagen für Investitionsgüter analysiert. Was sie sahen, war ernüchternd: seitenlang nur Zahlen, Daten, Fakten. Oder anders ausgedrückt: Technik, Technik und nochmals Technik.
Dabei ist es längst bekannt, dass Kunden vor der tatsächlichen Investition zunächst nur damit liebäugeln, vielleicht ein neues Produkt kaufen zu wollen. Sie suchen noch. Da sie sich zunächst nur ein Bild über mögliche Lösungen machen wollen, sind sie gerade in dieser Phase offen für Informationen, die das Gefühl ansprechen. Mit Blick auf die eigenen Unterlagen stellt Bernhard Sievering fest: „Produktunterlagen zeigen deutlich Parallelen: Die Technik, die Zahlen stehen absolut im Vordergrund. So, als wäre für den Kauf alles schon klar. Wir waren blind für Neues“, zieht der BvL-Chef sein Fazit. Für ihn steht außer Frage: „Externe Erschütterung war notwendig, um unsere verfestigten Überzeugungen in Bewegung zu bringen. So etwa beim Aspekt Unique Selling Proposition; USP (siehe Kasten), der bis dato überhaupt nicht nachvollziehbar für Kunden dargestellt. Der Berater brachte mit seinen intensiven Fragen zu unseren Kunden unser Weltbild ganz schön ins Schwanken“, blickt Sievering zurück.
Aus Sicht des Beraters ist der Projektstart ein kritischer Punkt. Das Management von BvL machte das einzig Richtige: Es hängte das Projekt ganz oben auf. Die Geschäftsführung forderte und förderte die Auseinandersetzung persönlich und aktiv. Es war dem Geschäftsführer sofort klar: „Die Betroffenen müssen beim Prozessbeginn von Anfang an dabei sein.“ Der Verkauf, der Innendienst, der Service, die Konstruktion, die Geschäftsführung und der Berater bildeten die Projektgruppe Neue Kundenansprache.
Vor allem in der Phase „Irritation“, hält Bernhard Siervering die Beraterkompetenz für wichtig. Mit Praxiserfahrung in Verkauf und Marketing könne er die Unsicherheit auffangen und in der Projektarbeit mit einbinden. Im Projekt traten zeitweilig Ängste und Befürchtungen auf: Wie soll die neue Kundenansprache überhaupt aussehen? Wenn Emotionen der Kunden angesprochen werden, ist das wirklich sinnvoll? Werden die Kunden nicht eher verschreckt, da der Regelbruch doch sehr prägnant ist? Keiner macht es schließlich so. Aus diesen Ängste und dem Input des Beraters heraus entwickelten sich hilfreiche und neue Sichtweisen.
Gabriele Fischer, Chefredakteurin des Wirtschaftmagazins „Brand eins“, bringt die Gewichtung der Emotionen in der Juli-Ausgabe auf den Punkt: „Und die Emotion, so weiß die Gehinrforschung heute, ist jene Zutat, die der Mensch zur Aufnahme von Wissen braucht – was ihn nicht ärgert, freut oder berührt, wandert im Eiltempo in den Gehirnmülleimer.“
Für BvL bedeutet das: Präzise Fragen an den Kunden treffen die Emotionen punktgenau. Zuerst aber stand die Frage im Raum: Was weiß das Unternehmen über die Probleme seiner Kunden – wirklich? Hier galt es, Farbe zu bekennen. Das ernüchternde Fazit: Das Wissen über die Probleme der Kunden ist sehr oberflächlich. Eine Kundenbefragung brachte Klarheit. Sie eruierte die Probleme – sprich die wunden Punkte – der Kunden.
Das Projektteam stellte sich danach die zentrale Frage: Wie kann dieses Wissen der Kundenprobleme nun in die konkrete Umsetzung in der Imagebroschüre fließen? Das bisherige Werbekonzept hat es schlichtweg nicht vorgesehen, sich mit der neuen Kundenansprache wirklich tiefer auseinander zu setzen. Dieses führte beim Projektteam zu großer Verunsicherung und der Frage: Sind wir auf dem richtigen Weg? Mit dem Motto „Neue Besen kehren gut“ kam eine neue Werbeagentur ins Spiel. Die Kommunikationsexperten befassten sich wahrnehmbar mit der neuen Kundenansprach. Es war auch für sie ein neues und anderes Projekt. Die Werber begriffen im Laufe der Auseinandersetzung den tieferen Sinn „Emotionalisierung über Fragen“ und deren Argumentationsketten. Aus der neuen Kundenansprache entstanden weitere Lernprozesse.
„Dieses Vorgehen hat Enormes in Bewegung gebracht“, sagt Berhard Sievering. Kürzlich habe er ein Verkaufsgespräch verfolgt. „Was der Berater immer wieder von uns einforderte, die Probleme des Kunden über Fragen herauszufinden, fand kaum statt. Das Verkaufsgespräch glich eher dem Weg, einen Kunden an die Wand zu reden“, so seine Kritik. Die, wie Bernhard Sievering sagt, „anstrengende Penetranz“ des Beraters brachte nachhaltige Impulse: So wird bei BvL ein modulares Training mit Coachingphasen stattfinden. Außerdem will der Oberflächentechniker mit seinem Messestand auf der diesjährigen Werkzeugmaschinenmesse Emo in Hannover laut Siervering „für einigen Wirbel sorgen“.
Der eingeschlagene Weg lässt sich bereits jetzt schon mit Fakten belegen: „ Der Umsatz ist im Vorjahr um elf Prozent gestiegen. Die Wettbewerber liegen bei sechs Prozent“, betont der Verkaufsleiter, der zugewonnene Marktanteile vorweisen kann. Laufende Angebote zeigen, dass intern das Bewusstsein für die Kommunikation zum Kunden deutlich geschärft ist. Durch verinnerlichte Verhaltensänderung in der Gesprächsführung und in den Produktunterlagen erkennt der Kunde sehr schnell, dass es um seine Systemlösung geht. „Er nimmt uns als Systemlieferant wahr“, ist der BvL-Chef mit dem Ergebnis zufrieden. Durch das bewusste Hineinfragen in die Probleme hätten auch die Wartungsverträge signifikant zugenommen.
Nach der Devise „Mache Gutes und rede darüber“ stellten BvL und der Berater gemeinsam im Erfa-Kreis des VDMA Baden-Württemberg interessierten Maschinen- und Anlagenbauern das neue Kommunikationskonzept vor. Erfa-Leiterin Dr. Astrid Engels vom VDMA zieht Bilanz: „Kundenorientierte Kommunikation in Produktinformationen war für uns zunächst ein Randthema. Was sollte das sein? Wie relevant ist es überhaupt? Doch mit zunehmender Diskussion erkannten wir die Tragweite der nachhaltigen Auswirkungen, um neue Vertriebsimpulse zu schaffen.“ Die emotional geführte Diskussion der Mitglieder habe sie schließlich aufhorchen lassen. Diese Art der Kundenansprache gelte es sowohl im Print- als auch im Onlinebereich auszuprobieren.
BvL-Chef Bernhard Sievering möchte den eingeschlagenen Weg nicht mehr missen. Aus seinen Erfahrungen heraus empfiehlt er Maschinenbauern, neue Wege in der Kundenansprache zu gehen. Auf diese Weise würden sie ihre Kunden anders entdecken – „einige vielleicht völlig neu. Auch wenn es zunächst unbequem scheint“.
Erfolgsmuster e³: mehr erfragen, mehr erfahren, mehr ernten

Top-Ten-Fragen Kundenkommunikation
  • 1. Schreiben Sie in Ihren Produkt- und Imageunterlagen von sich „wir…, unser…“ oder aus Sicht Ihres Kunden „Sie haben…, Ihre…“?
  • 2. Welche Werte in Ihrer (Verkaufs-)Kultur gehören auf den Prüfstand?
  • 3. Was erfahren Sie von Ihrem Verkauf über die Probleme der Kunden?
  • 4. Wo befindet sich Ihr Kunde: Stärker beim Bedürfnis oder Bedarf?
  • 5. Welche Abhebungen (USP) haben Sie in Ihren Produkten oder Dienstleistungen?
  • 6. Wie nachvollziehbar sind Ihre Vor-teile und Nutzen für den Kunden?
  • 7. Wird aus der Kundenansprache klar, warum gerade bei Ihnen zu kaufen ist? (hier besonders der Online-Auftritt)
  • 8. Was versteht Ihr Verkauf unter Kunden-Emotionen?
  • 9. Wie und wo werden diese in Kundeninformationen und der Gesprächsführung genutzt?
  • 10. Wann wurden Sie für Ihre Kunden-Kommunikation das letzte Mal von einem Kunden gelobt?

Fazit
Das hat die BvL GmbH bisher erreicht:
  • 11% Umsatzwachstum (5 % Branchenschnitt)
  • Kundenwahrnehmung verändert sich vom Produkt- zum Systemanbieter
  • Preispolitik (Pricing): Deckungsbeiträge gesteigert
  • Servicegeschäft mit ausgebaut
  • Entscheidende Kundeninformationen fließen ins CRM-System, effizientes Direktmarketing ist möglich
  • Kundenfeedback: Mit neuem Design auf Emo 2005 in Hannover– aktives Innovationsmanagement
  • Unsere Webinar-Empfehlung
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