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„Lohnkosten allein sind nicht entscheidend“

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„Lohnkosten allein sind nicht entscheidend“

„Lohnkosten allein sind nicht entscheidend“
„Know-how, das über Jahre gewachsen ist, lässt sich nicht einfach verpflanzen.“
Dr. Erich Kirschneck, Technik-Vorstand beim Staplerhersteller Jungheinrich, schwört auf den Standort Deutschland. Mit motivierten Mitarbeitern und Marktnähe agiert das Hamburger Unternehmen hier zu Lande profitabel, trotz der viel zitierten hohen Lohnkosten.

Herr Dr. Kirschneck, wie geht es dem Staplerhersteller Jungheinrich?

Gut. In den vergangenen Jahren haben wir uns durch Investitionen auf die anziehende Konjunktur vorbereitet. Auch in der aktuellen Wachstumsphase investieren wir weiter.
Wo zum Beispiel?
Die Veränderungen im Produktionskonzept sind inzwischen weit fortgeschritten. In unserem Werk in Moosburg hat eine neue Produktionslinie für Hochregalstapler bereits den Betrieb aufgenommen. In unserem zweiten Werk in Norderstedt stehen die Strukturmaßnahmen kurz vor dem Abschluss. Jungheinrich verfügt damit über produktive und kosteneffiziente Werke mitten in Europa, also direkt an unseren Kernmärkten.
Wie viel wurde konkret investiert?
Rund 40 Millionen Euro haben wir seit dem Jahr 2004 in das Werk Norderstedt gesteckt, in Moosburg waren es annähernd 30 Millionen Euro.
Zugleich wurden Produktionsstandorte von Jungheinrich in England, Frankreich und Spanien geschlossen. Warum?
Weil wir am Standort Deutschland klare Vorteile sehen. Dieser ist für Jungheinrich aus mehreren Gründen interessant, allen voran sind die Mitarbeiter zu nennen. Die Arbeitskräfte sind hoch motiviert und sehr gut ausgebildet. Das Know-how, das sich über Jahre an einem Standort entwickelt hat, geben wir kontinuierlich an unsere Auszubildenden weiter. Die wissen später genau, was zu tun ist. Auch bei so komplexen Abläufen, wie wir sie teilweise haben. Dieses Wissen lässt sich nicht einfach von einem Standort zum anderen verpflanzen. Das gleiche gilt für unsere Ingenieure im Entwicklungsbereich. Die deutsche Ingenieursausbildung befindet sich auf einem hohen Niveau. Und das brauchen wir, um den deutschen Standard international wettbewerbsfähig zu halten.
Sie deuteten mehrere Gründe für eine Produktion in Deutschland an. Was spricht noch für Moosburg, Norderstedt und auch Lüneburg, um die Standorte von Jungheinrich zu komplettieren?
Wir haben einen Direktvertrieb. Das Zusammenspiel zwischen unserer Produktion und dem direkten Vertrieb ist eine unserer Stärken. Wir sind in der Lage, die Fahrzeuge so zu liefern, wie sie der Kunde einsetzen will – mit Batterie, Ladegerät und so weiter. Für dieses Zusammenspiel zwischen Produktion und Logistik ist der Standort im Herzen Europas von Vorteil. Gerade für große und schwere Produkte wie Gabelstapler ist das ein erheblicher Faktor. Für uns reduzieren sich die Transportkosten und dem Kunden bleibt die Wartezeit durch lange Transportwege erspart. Die werden zusätzlich verkürzt durch die gute Infrastruktur. Und um die Vorteile für den Standort Deutschland zu vervollständigen: Die Zusammenarbeit im Produktionsverbund wird nicht durch Sprachbarrieren erschwert.
Andere Unternehmen klagen oft über zu hohe Lohnkosten in Deutschland. War das für Sie kein Wehrmutstropfen?
Für die Kostenpositionen sind niedrigere Lohnkosten natürlich immer besser als hohe. Aber Lohnkosten allein sind nicht entscheidend, jedenfalls nicht für uns. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Fertigung profitabel ist. Diese Frage können wir mit einem klaren Ja beantworten. Zum Beispiel in der Fertigung in Norderstedt läuft ein komplexes Fahrzeug in zwei Stunden durch die Endmontage. Da sieht man, dass der Anteil an manueller Arbeit, also an Lohnkosten, gar nicht so hoch ist.
Beschränken sich Ihre Aktivitäten für den Standort Deutschland auf die Produktion von Neufahrzeugen?
Keineswegs. Wir haben zum Beispiel Mitte letzten Jahres das Gebrauchtgerätezentrum in Klipphausen bei Dresden gegründet und an diesem Standort die Aufarbeitung gebrauchter Stapler gebündelt. Bis zu 3800 Fahrzeuge, meist Rückläufer aus auslaufenden Finanzierungsverträgen, wollen wir in diesem Jahr dort auf einen zweiten Lebenszyklus vorbereiten. Die Geräte werden ausschließlich mit Originalteilen bestückt und sind besonders für kleinere Kunden eine wirtschaftlich interessante Alternative.
Neu ist auch das Test- und Entwicklungszentrum von Jungheinrich in Norderstedt. Was genau wird dort gemacht?
In Norderstedt ist alles zusammengefasst, was für unsere Prüfungen wichtig ist. Dazu zählen zum Beispiel Dauerteststände oder Testfahrstrecken. Aus unserer Sicht sind immer zwei Dinge zu berücksichtigen: Erstens: Wie bringe ich das Produkt möglichst schnell zum Kunden? Darüber haben wir gesprochen. Zweitens: Wie schnell bringe ich das neue Fahrzeug in den Markt? Hier ist die Testzeit eine entscheidende Größe. Indem wir fortschrittliche Testmethoden an einem Standort zusammenfassen und die Testabläufe zentralisieren, wollen wir die Testzeiten verkürzen. Dadurch sind wir automatisch schneller am Markt.
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