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Marktplätze sind noch zu wenig kundenorientiert

Deutsche Betriebe stehen dem Online-Handel skeptisch gegenüber
Marktplätze sind noch zu wenig kundenorientiert

Bis zum Jahr 2004 soll der Online-Umsatz allein in Europa auf rund 1705 Mrd. Euro ansteigen. Wer sich der Herausforderung nicht aktiv stellt, muss mit Wettbewerbsnachteilen rechnen.

Marika Reuter ist Mitarbeiterin der KPMG Consulting AG, Berlin

Jedes zweite Unternehmen in Deutschland setzt inzwischen internetbasierte Bestellsysteme im Einkauf ein, 15 % mehr als noch vor einem Jahr. Das auf elektronischem Wege beschaffte Volumen hat sich binnen eines Jahres verdoppelt, ein Zeichen für die ungeheure Dynamik in diesem Bereich. Aber im Vergleich zum Beispiel mit den USA liegt es mit 20 % noch immer auf einem relativ niedrigen Niveau. Nach wie vor ist die elektronische Beschaffung – das sogenannte E-Procurement – keine gezielte Strategie der Betriebe. Der Durchbruch lässt in Deutschland auf sich warten, der Implementierungsschub steht noch bevor. Das sind die aktuellen Ergebnisse einer Umfrage, die die KPMG Consulting AG unter knapp 100 Einkaufsleitern der wichtigsten deutschen Unternehmen durchgeführt hat.
Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. So erwarten fast alle Unternehmen (95 %) vom E-Procurement eine deutliche Senkung ihrer Prozesskosten. Auch die Chancen zum Senken der Materialkosten werden mittlerweile von 56 % der Einkaufsleiter hoch eingeschätzt. Denn die Betriebe setzen inzwischen die elektronischen Beschaffungskanäle auch für das Produktionsmaterial ein und nicht länger nur für die Versorgung mit Büroartikeln. Erwartet wird ein Einsparpotenzial von rund 5 %. Das entspricht einem Volumen von mehreren Milliarden Mark pro Jahr.
Betrachtet man die Entwicklung in den unterschiedlichen Branchen, so erweist sich der Automobilbereich als derjenige, in dem die Beschaffung auf elektronischem Wege am weitesten vorangeschritten ist. Den größten Nachholbedarf haben die Konsumgüterindustrie und der Handel. Als wichtigste Hemmfaktoren bei der Einführung des E-Procurement nennen die Einkaufsleiter interne Organisationsprobleme. So begründen 78 % der befragten Unternehmen ihre Zurückhaltung mit aufwendigen Organisationsanpassungen. Sicherheitsfragen spielen dem gegenüber mit 35 % nur eine untergeordnete Rolle. Die Vielfalt der Systemanbieter und die Dynamik, mit der Produkte am Markt auftreten, sich verändern und auch wieder verschwinden, ist ebenfalls ein Bremsklotz bei anstehenden Entscheidungen für ein Implementierungsprojekt. Rückläufig ist im Übrigen die Tendenz, eigene Lösungen intern zu entwickeln. Heute sind laut KPMG-Umfrage bei den Einkaufsleitern eher Standardlösungen gefragt, wie sie SAP, Commerce One oder Ariba bieten.
Für die Beschaffungs-Experten der Berliner Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft steht fest, dass in ein erfolgreiches E-Procurement alle betroffenen Bereiche wie Rechnungswesen, Einkauf, IT sowie die Lieferanten- und Nutzerseite in den Prozess eingebunden werden müssen.
In rund drei Jahren werden den Angaben zufolge weltweit industrielle Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 6000 Mrd. US-$ über das Internet umgesetzt. Europa soll daran einen maßgeblichen Anteil von 1500 Mrd. US-$ haben. Den Durchbruch bringen neue Geschäftsformen, die die Vorteile des E-Commerce in die Praxis umsetzen. Auf dem elektronischen Weltmarkt des industriellen Ein- und Verkaufs werden virtuelle Marktplätze die Organisation der Märkte übernehmen.
Deutschland hinkt im Vergleich mit USA im Online-Handel hinterher
Zur Zeit gibt es kaum Informationen über die Spielregeln des wirtschaftlichen Erfolgs für Marktplatzbetreiber und Marktplatzteilnehmer, also Anbieter und Nachfrager. Vor diesem Hintergrund haben die Competence Center E-Beschaffung und E-Business von KPMG Consulting wiederum eine Studie unter knapp 200 Unternehmen in Deutschland und den USA durchgeführt. Ziel war es, die Erwartungen und Perspektiven von Marktplatzakteuren zu untersuchen und mögliche Auswirkungen auf traditionelle Beschaffungs- und Absatzkanäle herauszukristallisieren. Auch hier steckt Deutschland noch in den Kinderschuhen:
– Die Hälfte der vorhandenen elektronischen Marktplätze ist nicht branchenspezifisch ausgerichtet.
– Elektronische Marktplätze in Deutschland sind erst im Aufbau.
– Elektronische Marktplätze befinden sich bei uns noch in der Einführungsphase.
– Die Betreiber haben erst im letzten Jahr damit begonnen, die Grundinfrastruktur aufzubauen.
Anders zeigt sich das Bild in den USA: Die amerikanischen Betreiber befinden sich bereits in einer Phase soliden Wachstums. Im Vergleich zu den nordamerikanischen Kollegen besitzen 50 % der Betreiber in Deutschland keinen Branchenfokus.
Ein Vergleich der Angebotsschwerpunkte zeigt, dass die Betreiber in den USA fast alle auf ein umfassendes Dienstleistungsspektrum setzen. Der Fokus der deutschen Betreiber in Bezug auf das Produktangebot liegt auf MRO-Gütern und Commodities.
Im wachsenden Markt der Online-Marktplätze wird sich nach Auffassung von KPMG-Experten in Kürze die Spreu vom Weizen trennen, da – wie als Ergebnis der Studie festgestellt wurde – nicht alle Marktplätze die von den Teilnehmern gewünschten Funktionalitäten bereit stellen. Das heißt, künftig müssen Marktplatzbetreiber mit Wettbewerbsnachteilen rechnen, sofern sie sich nicht stärker an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren oder die bekannten technischen Standards berücksichtigen.
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