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Oft ist der Spielraum viel größer als gedacht

Wie die Unternehmensstrategie Mittelständler voranbringt
Oft ist der Spielraum viel größer als gedacht

Oft ist der Spielraum  viel größer als gedacht
Strategische Planung muss für kleine und mittlere Unternehmen kein Buch mit sieben Siegeln sein. Wer sich dazu entschließt, sollte motiviert und engagiert dabei bleiben: von der schonungslosen Situationsanalyse bis zu Ergebniskontrollen (Bild: IBM)
Auch kleine und mittlere Betriebe können eine Unternehmensstrategie entwickeln. Mit dem Ordnungsmodell einer Pyramide lässt sich der herkömmliche Businessplan in wesentlichen Teilen auf einer Seite darstellen. Mittelständler Ott Hydrometry hat damit seine Mitarbeiter motiviert, eine unverwechselbare Identität geschaffen und den Umsatz verdoppelt.

Dipl.-Psych. Manuela Brinkmann ist Geschäftsführerin von Brinkmann Top Training in Jonen/Schweiz

Den Umsatz in nur vier Jahren mehr als verdoppelt zu haben – dies belegt den Erfolg der Ott Hydrometry GmbH. Der Kemptener Mittelständler, der Apparate zur Wassermesstechnik produziert und vertreibt, erlöste 1998 knapp 16 Mio. DM. Ende 2002 wurde das fast unrealistische Ziel, den Umsatz auf 40 Mio. DM zu erhöhen, nahezu erreicht. Seine Fitness bezieht das Unternehmen aus einer Strategieentwicklung, die ihm auf einfache Weise eine unverwechselbaren Identität und damit Wettbewerbsvorteile verschafft hat.
„Die Unternehmenspyramide als Strategieentwicklungstool hat bewirkt, dass heute jeder Mitarbeiter die Vision, Werte und Zielsetzung kennt und diese ihm als Orientierung dienen. Dies verbessert die Firmenkultur wie auch die Motivation, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten“, fasst Dr. Anton Felder die wesentlichen Auswirkungen zusammen. Der Geschäftsführer der Ott Hydrometry, der vor fünf Jahren als Vertriebschef die Strategieentwicklung mit auf den Weg gebracht hat, weiß um die Bedeutung dieser Softskills: „Weil der Mitarbeiter die Strategie und die Ziele kennt, ist er dadurch eher bereit, seinen Beitrag dafür zu leisten.“
Dabei waren die Allgäuer zum Startpunkt dieser Entwicklung finanziell, technologisch, organisatorisch und personell gesund. Zugleich bewegt sich Ott in einem Markt, der wegen der zunehmenden Bedeutung des weltweiten Wasserkreislaufs wächst. Rahmenbedingungen wie diese waren für die Erfolgsstory sicherlich notwendig. Sie sind der Nährboden, auf dem Überlegungen gedeihen, über Grundsätzliches völlig neu nachzudenken.
Im April 1998 erarbeitete das Ott-Management im Rahmen eines Workshops zum ersten Mal eine schriftliche Unternehmensstrategie. Beteiligt waren der Geschäftsführer und Inhaber der Firma sowie die Leiter der Bereiche Vertrieb, EDV, Entwicklung, Qualitätssicherung, Produktion, Personal und Controlling. Als Strategieentwicklungstool diente ihnen die neunstufige Unternehmenspyramide. Das Führungsinstrument berücksichtigt vor allem die Belange der kleinen und mittleren Betriebe: Die Pyramide stellt den Businessplan in wesentlichen Teilen auf einer Seite dar. Es braucht keinerlei spezifischer Fachkenntnisse, und der Aufwand an Geld, Zeit und Personaleinsatz ist sehr gering.
Das Tool (siehe Kasten) bietet Übersichtlichkeit bei gleichzeitig verdichteter Information. Auf einen Blick kommt man von der rein gedanklichen Vorstellungen in logischen Schritten bis zu den „anfassbaren“ Ergebnissen in der Umgebung.
  • Diese erste Ebene befindet sich außerhalb der eigentlichen Pyramide, weil sie die Umgebung, also das Äußere, darstellt. Die unterste und breiteste Ebene innerhalb der Unternehmenspyramide beinhaltet die Tätigkeiten. Eintragen lassen sich hier alle Tätigkeiten, die im und durch den Betrieb ausgeführt werden.
  • Das nächste Niveau betrifft potentiell alle Fähigkeiten, die das Unternehmen oder seine Mitarbeiter besitzen.
  • Es folgt der Bereich der Ziele oder operativen Ziele sowie der übergeordneten, strategischen Ziele.
  • Als Glaubenssätze werden die Elemente der nächsten Ebene bezeichnet. Gemeint sind alle möglichen ausgesprochenen oder heimlichen Überzeugungen über das Unternehmen, seine Bereiche und Mitarbeiter, die Umgebung oder seine Aktivitäten.
  • Auf der darüber liegenden Stufe werden die Unternehmenswerte betrachtet, aber auch die Werte einzelner Bereiche.
  • Um die Identität geht es auf der vorletzten oder der zweiten Ebene von oben. Wer sind wir als Firma oder Abteilung?
  • Das oberste und gedanklich weiteste Konzept stellt die Vision dar. Was ist die höchste Vorstellung über das Unternehmen und sein Wirken? Sie ist die tragende und motivierende Idee, die als Leitgedanke wirkt und zugleich auch durch das Unternehmen verwirklicht wird.
Von der Autorin dieses Artikels moderiert, erarbeiteten die Führungskräfte von Ott die Pyramide für das gesamte Unternehmen wie auch für einzelne Verantwortungsbereiche, etwa den Vertrieb. In der Pyramide für den Gesamtbetrieb schrieben sie ein ehrgeiziges, überaus gewagtes Ziel fest: 300 % Wachstum in fünf Jahren. Vor allem der Vertrieb war gefordert. Grund genug, wenig später in einem weiteren Workshop die Strategie für den gesamten Ott-Vertriebsbereich zu erstellen. Da der Vertriebschef zuvor schon mit von der Partie war, konnte er die durch die Gesamtpyramide vorgegebenen Punkte mit in die Erarbeitung einfließen lassen.
Drei Jahre später, im Frühjahr 2001 erhielt die Beraterin ein Feedback: „Nach wie vor wird die Pyramide zur Information und Motivation der Mitarbeiter eingesetzt“, bestätigte Vertriebschef Dr. Felder. Auch die Kunden würden mit den Inhalten der Pyramide in Unterlagen und an vorderster Stelle auf der Homepage über Ott anschaulich informiert. Zudem sei das Werkzeug beim Festlegen neuer Ziele der Ausgangspunkt. Für Felder war klar: „Die rasante Entwicklung der letzten Jahre wäre nicht erfolgt, wenn die Pyramide nicht erarbeitet worden wäre und immer wieder kommuniziert würde.“ Einer Einschränkung konnte er sich aber nicht verwehren: „Das Ziel von 50 Mio. DM, rund 25 Mio. Euro, Umsatz bis 2003 ist vielleicht doch etwas zu hoch gegriffen.“ Noch im gleichen Jahr konnte Dr. Felder einen in der Höhe nicht erwarteten Erfolg vermelden. Ein Großauftrag von rund 16 Mio. DM schneite herein.
Das neue Denken bei Ott zahlt sich auch an anderer Stelle aus. „Wenn wir in Bewerbungsgesprächen unsere Pyramide zeigen, sind die Stellensuchenden meist sehr überrascht, in einem Mittelstandsunternehmen derartiges vorzufinden“, weiß Dr. Anton Felder. Der so gewonnene positive Eindruck führe dazu, dass gute Bewerber sehr daran interessiert wären, bei Ott arbeiten zu können, freut sich der Geschäftsführer, für den die Unternehmenspyramide alles andere als ein kurzfristiges Managementwerkzeug ist.
Buch zum Thema: www.industrieanzeiger.de, Rubrik Literatur für Manager
Unternehmenspyramide ist Ausgangspunkt beim Festlegen neuer Ziele

CHECKLISTE
Pyramide für wen sinnvoll?
  • Unternehmen mit 1 bis 1000 Mitarbeiter
  • Große Unternehmen, die die Unternehmenspyramide als Führungstool in Abteilungen nutzen
In welcher Situation?
  • Das Unternehmen befindet sich gerade in, vor oder nach einer Veränderungsphase
  • Es gibt keine aktuelle Strategie oder sie wird nicht umgesetzt
  • Bei Mitarbeitern oder Führungskräften gibt es größere oder wichtige Veränderungen
  • Das Unternehmen braucht Erneuerungen
  • Bei einer besonderen Marktsituation
  • Das Unternehmen ist zur Zeit nicht erfolgreich genug
Welche Ziele?
  • Erarbeiten von Strategie und Zielen zur Orientierung für die nächsten Jahre
  • Analyse der Ist-Situation und Verbesserungsvorschläge
  • Informationsaustausch zwischen verschiedenen Firmenbereichen
  • Verbesserung der Zusammenarbeit
  • Information von Mitarbeitern über die Strategie des neuen Chefs und umgekehrt
  • Schulung von Führungskräften in strategischem, vernetztem Denken und Handeln
  • Integration von zugekauften Unternehmen
  • Die Strategie für alle Mitarbeiter transparent machen und Motivation steigern
  • Größere Ziele als bisher in Angriff nehmen

  • Unternehmenspyramide
    Vision
    Wir setzen Meilensteine in der Beobachtung des weltweiten Wasserkreislaufes mit bezahlbaren Instrumenten
    Identität
    Wir sind die erfahrensten, kontinuierlichsten Spezialisten weltweit in der Wassermessung
    Werte
    Kreativität / Offenheit / Seriosität / Erfolg / Zuverlässigkeit
    Glaubenssätze
    Wir sind die Besten / Wir haben die besten, innovativsten Geräte / Beste Qualität / Wir wollen für die Kundenzufriedenheit arbeiten / Wir sind eine tolle Truppe / Wir schaffen es / Wir haben den besten Chef / Alle Arbeiten sind wichtig / Zahlen sind wichtig, zeigen, wo wir stehen / Spitzenleistung macht Spaß / Wir senken die Kosten / Wer anfangs investiert, spart am Ende / Wir glauben an eine positive Zukunft
    Ziele
    50 Mio. in 5 Jahren (2003) / Auslastung übers ganze Jahr / Größere Serien / Weniger Produkte / Immer besser als die anderen sein – min. zwei Schritte / Verkürzte Entwicklungszeiten / Kostenbewusste Entwicklung / Kundenzu- friedenheit testen / Verbesserung der Kommunikation an den Schnittstellen / Rentabilitätssteigerung / Ausbau der Vertriebstöchter und -kanäle
    Fähigkeiten
    Mechanische & elektronische Fähigkeiten in exzellenter Kombination / Weltweite (bestehende) Vertriebsorganisation / Viele Produkte mit Alleinstellungsmerkmalen / Produkte, die vordenkend Kundenanforderungen erfüllen / Fundiertes hydrologisches Know-how / Organisation wie Großunternehmen / Flexibilität wie Kleinbetrieb
    Unsere Whitepaper-Empfehlung
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