Startseite » Allgemein »

Selbst ist der Strom

Eigenversorgung
Selbst ist der Strom

Hohe Strompreise, der schleppende Netzausbau und drohende Ausfallszenarien bereiten vielen Unternehmen Sorge. Grund, über eine eigene Stromversorgung nachzudenken. Dabei sind aber nicht nur technologische Hürden zu nehmen.

Michael Grupp
Freier Journalist in Stuttgart

Die Strompreise sind inzwischen ein Standortnachteil für Deutschland. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages DIHK verbindet die Hälfte aller befragten 2300 Betriebe die Energiewende mit einem Rückgang ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Mittlerweile machen Netzentgelte, Stromsteuer und weitere Umlagen einen Großteil der eigentlichen Stromkosten aus. Die Alternative zum teuren Strom aus dem öffentlichen Netz ist die zumindest teilweise Eigenversorgung. Laut DIHK arbeitet bereits ein Viertel aller Unternehmen an entsprechenden Plänen. BMW beispielsweise betreibt vier 189 m hohe Windmühlen am Westrand des Werksgeländes in Leipzig. VW zapft in Emden eine Biomasseanlage an, Aldi stellt Solarpanels auf die Dächer der Filialen. Aber nicht nur Marktführer können regenerative Energiequellen nutzen. Inzwischen gibt es professionelle Lösungen auch für kleine Betriebe.

Sonnige Aussichten

Der Klassiker für die Eigenversorgung ist die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach. Die Wirtschaftlichkeit ist inzwischen beispielhaft. Prof. Jürgen Werner vom Institut für Photovoltaik (ipv) rechnet vor, dass eine moderne Anlage in Deutschland heute Fotovoltaikstrom für 4 bis 5 Ct/kWh herstellen kann. In diesen Wert sind alle Kosten für die Anlage, Löhne, Aufbau, Anschluss ans Netz und Finanzierung über 30 Jahre eingerechnet. Seiner Meinung nach werden sich Sonne und Wind als Energiequelle langfristig durchsetzen – auch für industrielle Abnehmer. Prof. Werner ist auch davon überzeugt, dass KMUs und die Großindustrie einen guten Teil ihres Verbrauches über Fotovoltaik decken können und werden. Seiner Einschätzung nach sind im Zusammenspiel mit einem Blockkraftheizwerk im industriellen Bereich 10 % des gesamten Stromverbrauches realisierbar. Das reicht, um kostenintensive Lastspitzen abzufedern. Wird der erzeugte Solarstrom nicht selbst verbraucht, kann er ins Netz eingespeist werden und bringt langfristig stabile Erträge. Für Unternehmen und Gewerbetreibende ist eine Fotovoltaik-Anlage damit ein guter Einstieg in regenerative Energien.

Die Leistung einer Fotovoltaik-Anlage lässt im Winter nach – ganz zu schweigen von den Nächten. Deshalb bietet sich die Ergänzung mit einem Blockkraftwerk (BHKW) an. Allerdings rechnet sich ein BHKW in aller Regel erst, wenn die anfallende Wärme direkt im Unternehmen genutzt werden kann – zum Beispiel für die Klimatisierung oder die Wassererwärmung. Die gute Nachricht: Für Investitionen im Sinne der Energiewende können Subventionen beantragt werden. Dafür gibt es gleich mehrere Programme, beispielsweise vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), vom Bund, von den Ländern und vereinzelt auch von den Regionen. Die Förderung reicht vom Zuschuss für die Beratung (BAFA) bis hin zu 50 %-igen Tilgungszuschüssen (KfW).

Hohe Hürden für hohe Masten

Die eigene Stromquelle hat der Gesetzgeber allerdings mit zahlreichen Auflagen verbunden. Die Gesetze für den Ausbau erneuerbarer Energien stellen Betriebe vor wachsende Herausforderungen, da es ähnlich wie beim Brandschutz keinen Bestandsschutz gibt. Die Anlagen müssen gemäß EEG 2014 und EEG 2017 immer an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. Darüber hinaus gibt es weitere Auflagen, zum Beispiel kontinuierliche Meldepflichten an das BAFA, das Hauptzollamt, die Bundesnetzagentur, die Eichbehörde sowie an den Verteilnetz- oder Übertragungsnetzbetreiber. So muss zum Beispiel selbst der Testlauf eines Notstromaggregats und die dabei erzeugte Strommenge gemeldet und dafür die volle EEG-Umlage gezahlt werden. Kommt das Unternehmen seinen Pflichten nicht nach, droht nicht nur der Verlust von Fördergeldern. Im schlimmsten Fall kann der Status als Eigenversorger aberkannt werden. In diesem Fall muss die volle EEG-Umlage nachgezahlt werden, was sich über die Jahre schnell zu existenzbedrohenden Beträgen summieren kann.

Ein mittelgroßes Unternehmen nimmt energierechtlich gleich mehrere Rollen ein: Es ist Erzeuger, Verbraucher und gegebenenfalls Lieferant, wenn es Strom oder Wärme an Dritte liefert oder ins Netz einspeist. Um allen Rechten und Pflichten gerecht zu werden, ist die Einbindung eines Energie-Administrators notwendig, der Hand in Hand mit den technischen und kaufmännischen Leitern arbeitet. Dieser Experte kann ein eigener Mitarbeiter sein – oder als externer Berater verpflichtet werden. Auch die großen Stromversorger offerieren Rat und Hilfe für heterogene Abnahmekonzepte. Eon zum Beispiel bietet von der kleinen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) über industrielle Energieerzeugung, Finanzierung und Energiemanagement bis hin zu virtuellem Kraftwerk und Fernwartung alles aus einer Hand.

Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de