Braucht es in ferner Zukunft überhaupt noch Stahl? Die Werkstoffvielfalt wird jedenfalls immer größer. Die einen verarbeiten Spinnen-Proteine und Baumrinde, die anderen metallische Elastomere mit Glasfaser-Verstärkung.
Manchmal muss es erlaubt sein, verrückte Ideen zu spinnen. Das führte schon zu so manchen Neuerungen. Aber ist es wirklich spinnert, über Spinnennetze nachzudenken? Das Tierchen stellt Tragwerke mit erstaunlicher Qualität her. Der Abseilfaden bietet mit 1100 MPa eine höhere Zugfestigkeit als Stahl. Verglichen mit einem Kevlarfaden (3600 MPa) ist er zwar schwächer, lässt sich aber mehr als zehnmal so stark dehnen. Seine Dehnbarkeit liegt bei 30 %. Und die etwas schwächeren Fäden, die die Spinne fürs Netz produziert, kommen gar auf eine Dehnbarkeit von 270 %!
Diesem Material spürt jetzt ein Team von Forschern nach und setzt Bakterien ein, um die entsprechenden Proteine zu produzieren. Daraus stellen sie Gele, Fasern, Filme und Kugeln als Rohmaterial her. Gewagte Anwendungsideen für künstliche Spinnenfäden gibt es auch schon. Kugelsichere Westen oder Kletterseile etwa, die viel Energie aufnehmen können, ohne zu reißen. „Noch wäre so ein Material teuer“, heißt es von Institutsseite. „Deswegen wird die erste Anwendung wohl in der Medizintechnik liegen, als Naht-Material oder als Wundverschluss-Gewebe.“ Bei dieser Anwendung wäre von Vorteil, dass der Körper die natürlichen Fäden selbstständig abbauen könnte. Dennoch dürfen Ideen auch außerhalb der Medizintechnik gesponnen werden. Die Forscher tun es ja ebenso: Ihnen schwebt eine Spinnenseide vor, die eines Tages die Kunstfaser ablöst und für federleichte Flugzeug-Komponenten sorgt.
So wandelbar und vielschichtig wie die Natur selbst ist das Textil Barktex, das in Uganda mit deutscher Entwicklungshilfe aus Feigenbaum-Rinde gewonnen wird. Arbeiter klöppeln die Rinde tagelang weich, bis in Verbindung mit weiteren Prozessschritten ein flaches Tuch zum Weiterverarbeiten entsteht. Daraus gefertigte Kleidung fühlt sich ähnlich wie Leder an. „Aber wir produzieren auch ein industriell verwertbares Laminat daraus“, sagt Importeur Oliver Heintz. Innenarchitekten und Möbeldesigner beispielsweise verwenden die Schichtstoffplatten Dekowood aus dem Rindenstoff. Das Besondere daran sei die Holzoptik mit fühlbarer Oberflächenstruktur. Das Material ist transluzent. Automobilzulieferer und Handy-Hersteller interessieren sich bereits dafür. Und das DLR habe Faser-Eigenschaften wie bei der Hanffaser festgestellt, meint Heintz – obwohl Barktex noch nie dafür optimiert wurde.
Auch das gibt’s: Technische Produkte werden so multifunktional wie natürliche. Die elastomeren Verbundstoffe der Familie Metalflex etwa bieten sich für Autos, Maschinen, Dächer, Lampen oder Sportbekleidung an: Sie sind flexibel, elastisch, reiß- und knickfest und nur schwer entflammbar. Sie bestehen beispielsweise aus Synthese-Kautschuk mit Glasfasergewebe und halten Temperaturen zwischen -20 und +120 °C stand, ebenso wie UV-Strahlen. Das Beschichten mit Metallic- und Effektpigmenten verschafft ihnen Silbermetallic- oder Carbon-Look und macht sie Schmutz abweisend. Ob glatt oder genoppt – alles sei möglich, sagt Stefan Kisser. „Wir stimmen das aus dem Baukastensystem auf den Kundenwunsch ab.“ os
Weitere Informationen
Spinnenfaden 694
Barktex 695
Dekowood 696
Metalflex 697
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