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Stahlkocher auf Brautschau

Fusion soll neuen europäischen Stahlriesen schaffen
Stahlkocher auf Brautschau

Stahlkocher auf Brautschau
"Noch ist es zu früh, zu beurteilen, ob ein Unternehmen 'German Steel' unter Federführung von Salzgitter entstehen wird", so Prof. Dieter Ameling,Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl und Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (Bild: Autor)
In die europäische Stahlindustrie ist Bewegung geraten. Durch die geplante Fusion der beiden größten euro-päischen Stahlhersteller sehen sich die übrigen Marktteilnehmer unter Druck.

Klaus Vollrath ist Journalist in Herne

Der französische Stahlhersteller Usinor, Arbed aus Luxemburg und das spanische Unternehmen Aceralia wollen den weltgrößten Stahlkonzern bilden. Sein vorläufiger Name: NewCo. Der gigantische Konzern hätte nach dem Stand des Jahres 2000 rund 110 000 Mitarbeiter, würde etwa 45 Mio. t Stahl erzeugen und einen Umsatz von rund 30 Mrd. Euro erwirtschaften. Kritisch dürften die Wettbewerbshüter der EU vor allem die Situation bei oberflächenveredeltem Stahlblech werten, denn hier hätte der neue Konzern einen EU-Marktanteil von stolzen 43%.
Besonderes Interesse gilt der Frage, von welchen Bereichen sich New-Co möglicherweise trennen muss, um den Segen der Brüsseler Wettbewerbshüter zu erlangen. Erwartet wird, dass sich New-Co vor allem auf Küstenstandorte konzentrieren will und bereit sein dürfte, dafür sogenannte trockene Standorte aufzugeben. Über die Frage, in welcher Konstellation und unter wessen Führung sich diese Desinvestitionen wiederfinden werden, wird noch gerätselt.
Spekuliert wird beispielsweise darüber, ob sich neben Thyssen-Krupp unter dem Arbeitsnamen German Steel ein neuer Großanbieter unter Führung der Salzgitter AG etablieren könnte. Der neue Konzern könnte die bisherigen Aktivitäten der Salzgitter AG (7,1 Mio. t/a), von Saarstahl (2,7 Mio. t/a) und Dillinger Hüttenwerke (2,2 Mio. t/a) mit denjenigen der bisherigen Usinor-Tochter Eko Stahl in Eisenhüttenstadt (2,1 Mio. t/a) bündeln.
„Ganz wesentlich wird ein solches Projekt davon abhängen, wie die EU-Kommission Ende November zur geplanten Fusion von New-Co entscheiden wird“, sagt Prof. Dieter Ameling, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl.
Bemerkenswert ist, dass sich Salzgitter als relativ kleines Unternehmen anschickt, sich neben dem Branchenriesen Thyssen-Krupp als Großanbieter zu etablieren. Insider halten eine solche Lösung jedoch für durchaus plausibel. Zum einen hat sich Thyssen-Krupp schon seit Jahren vom Stahl wegentwickelt: „Wir sind ein Konzern mit Stahlaktivitäten“, erläuterte Ekkehard Schulz, alleiniger Chef von Thyssen-Krupp, und fügt hinzu: „In guten Zeiten mit Stahl Geld zu verdienen, ist kein Problem. In schlechten keines zu verlieren, ist die Kunst.“ Und für Thyssen-Krupp sind die Stahl-Zeiten zur Zeit nicht gerade gut: Erst scheiterte der geplanten Börsengang der Stahltochter, und im Juni – lange vor der sich abzeichnenden konjunkturellen Schwächephase – mussten die Hütten am Rhein vorübergehend Kurzarbeit anmelden. Erklärtes Ziel des Konzerns ist es derzeit, die auf 8 Mrd. Euro angewachsene Schuldenlast zu senken. Neue Akquisitionen in einem Sektor, der längst nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit der Konzernführung steht, würden sich damit nur schlecht vertragen. Der Wert von Eko wird auf immerhin 500 Mio. Euro geschätzt.
Ganz anders ist die Situation bei Salzgitter, das als reines Stahlunternehmen kaum Expansionsmöglichkeiten außerhalb der eigenen Branche hat. Außerdem ist dort die Kriegskasse zur Zeit gut gefüllt, denn mit dem Erwerb der Mannesmannröhren-Werke (MMW) im Mai 2000 landete Salzgitter-Chef Wolfgang Leese einen Volltreffer: Nach Abschluss der Transaktion sprang die Konjunktur in diesem Marktsegment schlagartig an und spülte seither rund 300 Mio. Euro in die Konzernkasse.
Rückenwind dürfte es für die Salzgitter-Lösung auch deshalb geben, weil mächtige Abnehmergruppierungen – allen voran die Automobilindustrie – eine zu starke Vormachtstellung eines Einzelunternehmens wohl äußerst ungern sehen dürften.
Seitens der Wirtschaftsverbände hält man sich weitgehend bedeckt: „Salzgitter hat ein Interesse an EKO nicht dementiert. An der Dillinger Hütte – nicht aber an Saarstahl – öffentlich Interesse angemeldet. Das Phantasieunternehmen German Steel mit theoretisch 14 Mio. t Rohstahl im Jahr 2000 wird von einigen Analysten positiv beurteilt. „Ich enthalte mich jeglichen Kommentars“, sagt hierzu Prof. Ameling, der auch Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute ist.
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