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Standards sind Voraussetzung für weltweit vernetzte Marktplätze

E-Procurement: Skalierung von Online-Beschaffungsportalen
Standards sind Voraussetzung für weltweit vernetzte Marktplätze

E-Procurement abseits von einfachen Standardprodukten: Das Angebot komplexer Produkte erfordert von den Unternehmen ein individuelles Anpassen an die Kernsoftware des Marktplatzes.

Jürg Stuker ist Technology Manager und Partner der Namics AG, Frankfurt/M.

Auf der Liste aller strategischen Prioritäten nimmt in vielen Betrieben die elektronische Beschaffungsunterstützung über digitale Marktplätze die Spitzenposition ein. Die Käuferseite profitiert in vielen Fällen von der systematischen Beschaffung. Auf Lieferantenseite lockt in bestimmten Anwendungsbereichen vor allem das finanzielle Einsparungspotenzial. Die gegenwärtigen Marktplatztypen eignen sich aber meist nur für stark standardisierte Betriebsgüter mit einem großen Umsatzanteil. Komplexere und konfigurierbare Güter stellen den Lieferanten schon vor größere Kostenfaktoren, die nicht immer im Verhältnis zum erzielbaren Nutzen stehen.
Auf Käuferseite sind die Kosteneinsparungen beim E-Procurement über digitale Marktplätze leicht nachvollziehbar. Sie werden bedingt durch schlankere Prozesse, Konditionsverbesserung durch Bündeln des Einkaufvolumens, Reduktion der Lagerbestände, wachsende Transparenz, Kontrolle über die Beschaffungsvorgänge und eine erhöhte Integration in bestehende IT-Systeme. Auf Lieferantenseite sind der Zugang zu neuen Kunden, die höhere Integration in die Backend-Systeme sowie schlankere Prozesse nur die halbe Realität. Denn der Anschluss eines Lieferanten an ein solches System wird meist durch einen Kunden erzwungen.
Eine typische Verkäuferintegration, ein sogenanntes Sell-Side Enablement, muss vor allem rasch vonstatten gehen und so einfach und billig wie möglich sein. Die Implementierung basiert daher häufig auf kundenspezifischen Katalogen. Die Bestellung erfolgt in der Regel via E-Mail-Austausch. Da diese Prozesse in der Auftragsannahme nicht angepasst sind, ist der Integrationsgrad hier schlechter als bei einer Fax-Bestellung.
E-Procurement auf einer ausgewählten Form von Marktplatztyp eignet sich für alle, alles und überall, verkünden euphorische Berichte. Überzeugende Erfolgsgeschichten sind jedoch eher rar gesät. Wegen ihrer geradezu perfekten Beschaffenheit wird die Leistungsfähigkeit von E-Procurement-Systemen deswegen gerne am Beispiel der Beschaffung von Schreibmaterial oder ähnlich simplen Artikeln illustriert. Wie aber sieht es abseits einfacher Standardprodukte aus? Individuelle Bedürfnisse münden in umfassenden Anpassungen der Kernsoftware oder einer starken Parametrierung und reduzieren die Skalierbarkeit des Konzeptes. Ein Wechsel auf neue Software-Versionen wird teuer oder gar unmöglich, der Nutzen der Investition in Lizenzgebühren sinkt, die Abhängigkeit von dem implementierenden Dienstleister steigt.
Anbieter von E-Procurement-Software oder von digitalen Markplätzen versuchen Systeme zu kreieren, die mit minimalen individuellen Anpassungen möglichst viel Volumen abwickeln können. Das bedingt aber gleichzeitig die Fokussierung auf bestimmte Produktklassen und/oder Branchen. Darüber hinaus wird die Normierung auf allen Ebenen unabdingbar.
Ohne Katalog kein Verkauf: Damit rücken in jedem Marktplatz-Projekt Anfertigung und Pflege des elektronischen Kataloges ins Zentrum des Interesses. Jeder größere Software-Anbieter hat jedoch ein eigenes Katalogformat. Bekannte Typen der großen Anbieter sind CIF (Catalog Interchange Format) und CXML (Commerce XML) von Ariba oder XCBL (XML Common Business Library) von Commerce One. Zusätzlich gesellen sich zu diesen Formaten Spezifikationen wie BMEcat des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, oder EBXML, eine Initative der United Nations.
Innerhalb der genannten Formate sind weitere Entscheidungen zu treffen – so beispielsweise zugunsten eines Systems zur Produktkategorisierung, das sozusagen die verwendeten Katalogkapitel festlegt. Auch hier lassen sich mutmaßlich allgemeingültige Systeme wie UN/SPCS (United Nations‘ Common Coding System) oder branchenspezifische Systeme wie ETIM (Elektrotechnisches Informationsmodell) und auch Ecl@ss des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln nennen. In der Konsequenz bedeutet damit die Teilnahme an verschiedenen Marktplätzen auch das Erstellen und Pflegen verschiedener Kataloge. Das Management der elektronischen Katalogsammlung wird somit nicht nur zu einer zentralen, sondern auch zu einer sehr aufwendigen Aufgabe.
Mit zunehmender Vernetzung der Marktplätze oder E-Procurement-Systeme werden Standardisierungen der Prozesse, der Unternehmens- und Konzernstandards und der international gültigen Standards immer bedeutender. Schon heute treten oft während der Implementierung eines Systems Probleme auf, die das Kosten-Nutzen-Gleichgewicht für Lieferanten in Frage stellen. Die Gründe lassen sich über Faktoren wie Katalogmanagement oder Komplexität der Integration in bestehende Informationssysteme und Prozesse hinaus erweitern. Neben der Notwendigkeit zunehmender Standardisierung gibt es weitere zentrale Empfehlungen für Anbieter:
Der Lieferant sollte proaktiv nach Pilotprojekten suchen
Probleme sind vorprogrammiert, wenn das Produkt- oder Dienstleistungsangebot unter Zeitdruck in ein E-Procurement-System integriert werden soll. Die aktive Zusammenarbeit mit Kunden, die solche Systeme einsetzen, sind hilfreich.
Frühe Tests mit Prototypen
Die Beschäftigung mit Testanwendungen und Prototypen in sehr frühen Projektphasen gibt Aufschluss über vorher unbekannte Hürden.
Konsequente Kosten-Nutzen-Betrachtung
Die Entscheidung für die Integration in einen Marktplatz sollte nur auf der Basis eines kritisch hinterfragten positiven Ergebnisses getroffen werden.
Verfolgung von Branchentrends
Die Zukunft von Standards bei Systemen für die elektronische Beschaffung wird verstärkt durch lokale und branchenspezifische Ereignisse geprägt. Das Mitwirken an Standards schafft eine gute Ausgangsposition.
Informatikstrategie
Beim Planen und Implementieren gehört die Unterstützung bedeutender E-Procurement-Konzepte und eventuell bereits die Interoperabilität mit bestehenden Standards in das Pflichtenheft eines jeden Unternehmens.
Nach wie vor sind Fax und Telefon bei Ausschreibungen unerlässliche Hilfsmittel. Abhilfe verspricht hier die von Microsoft, IBM und Ariba entwickelte und zum Standard erklärte UDDI (Universal Description, Discovery and Integration) – eine weltweite Beschreibungsplattform, die Warenfluss und Datenaustausch zwischen den Firmen und dem Suchenden unterstützt. Mit Hilfe eines plattformneutralen Sets können Unternehmen Angaben über sich und ihre elektronischen Geschäfte machen. UDDI zeigt, wohin sich Internet und Marktplätze entwickeln müssen. Es enthält in Zukunft nicht nur Informationen und Anwendungen, sondern auch Informationen über die Informationen und Anwendungen.
Aus der Praxis: B2B-Shop-Lösung der Otto Fischer AG, Zürich
Situation: Das Einbinden der Angebotspalette und der damit verbundenen Prozesse in das Internet bietet Firmen die Möglichkeit, ihren Service zu verbessern. Durch das Verknüpfen von Logistik und Internet lassen sich Transaktionskosten senken und Prozesse transparenter gestalten. Der Elektromaterialdistributor Otto Fischer AG hat sich für eine B2B-Shop-Lösung mit integrierter Kommunikationsmöglichkeit entschieden.
Ziele: Das Unternehmen plante eine E-Commerce-Lösung für über 35 000 Produkte, die den Kunden Auskunft über individuelle Preise und Artikelnummern sowie über den Stand der Auftragsabwicklung gibt. Die Bestellprozesse sollten schneller und transparenter abzuwickeln sein. Weiter war vorgesehen, dass die Lösung mobile Nutzungsmöglichkeiten offeriert, um denKunden jederzeit Zugriff auf die Bestellvorgänge zu gewähren.
Lösung: Über die Realisierung der E-Commerce-Lösung hinaus konzipierte Namics interne und externe Kommunikationsmaßnahmen, wie beispielsweise Intemet-Announcement, Online-Werbung, PR-Maßnahmen sowie Integrationsarbeiten in die klassischen Kommunikationskanäle. In der Einführungsphase wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Otto Fischer AG durch ein Schulungsprogramm begleitet. Abgerundet wurden die Maßnahmen durch eine computergestützte Systemdemo für die Endbenutzer.
Ergebnis: Die Otto Fischer AG profitiert von der zweisprachigen E-Commerce-Lösung im B2B-Bereich und durch die vollständige Online-Integration in die Backend-Systeme: Bereits kurze Zeit nach der Einführung des Shops wurden 10 % der Aufträge online abgewickelt, wobei der Wert der einzelnen Auftragspositionen höher liegt als über die klassischen Bestellwege. Darüber hinaus bietet das datenbankbasierte Redaktionssystem Vorteile wie die Durchführung von Aktionen und interaktiven Services.
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