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Wann lohnt sich der Gang nach China?

Fertigung von Zeichnungsteilen in China
Wann lohnt sich der Gang nach China?

Technischer Einkauf | Bei den Importen nach Deutschland rangiert China mit einem Handelsvolumen von 77,3 Mrd. Euro (2012, Statistisches Bundesamt) weltweit auf Rang zwei. Damit hat das Land der Mitte inzwischen den wichtigen Handelspartner Frankreich überholt.

Mikko Kromm, Marketingleiter, Techpilot, München

Unter den fünf wichtigsten Produktgruppen für den Import von China nach Deutschland (68,0 % der Gesamtimporte) im Jahr 2012 finden sich laut Statistischem Bundesamt Maschinen (5,9 Milliarden Euro oder 7,7 % der Importe) und Metallerzeugnisse (3,3 Milliarden Euro oder 4,3 % der Importe).
Für mittelständische Firmen ist der Einkauf in Übersee nach wie vor eine komplexe Aufgabe. Wirklich günstig ist China unter dem Strich nur dann, wenn es den deutschen Unternehmen gelingt, einige Grundregeln zu beachten. Das zeigt eine Marktbeobachtung der Fiducia Management Consulting, die eine Liste der sieben häufigsten Fehler deutscher Mittelständler beim Einkauf in China veröffentlicht hat.
  • Produkt-Spezifikationen sind zu unpräzise.
  • Kein Wissen über die Gesamtkosten des „chinesischen Preises“.
  • Versäumnis einer Fabrikbesichtigung vor Ort.
  • Keine Verifizierung wichtiger Lieferanten-Informationen.
  • China-Verträge und Zahlungsbedingungen sind „undicht“.
  • Fehlende Registrierung von Marken und geistigem Eigentum.
  • Fehlende Klarheit über Auslagerungsstrategie nach China.
Ein Fehler vieler Vertragsverhandlungen ist zudem, die Gesamtkosten der Bestellung aus China nicht sauber zu kalkulieren und stattdessen nur die Produktkosten im Blick zu haben. Allein der Transport, beispielsweise per Schiff, macht beim Einkauf schnell einmal fünf bis zehn % der Gesamtkosten aus. Die Recherche von passenden chinesischen Lieferanten, die Auswahl, die Kontrolle des Betriebs, die Qualitätskontrolle und die Kommunikation sind extrem aufwändig. Diese Gemeinkosten werden häufig nicht dem Teilepreis zugerechnet. Bei der Entscheidung, ob Teile in Asien oder in Europa beschafft werden sollen, spielen sie eine wesentliche Rolle. Die Lieferantenlandschaft in China ist noch immer sehr heterogen. Es gibt erhebliche Leistungs- und Kostenunterschiede. Die Identifikation geeigneter Lieferanten stellt daher einen Schlüsselfaktor dar. China-Sourcing ist aufgrund der steigenden Lohnkosten nicht mehr die billigste Form der Beschaffung.
Für die Identifikation von Lieferanten werden Dienstleister bisher nur selten genutzt. Hier verbirgt sich noch viel Potenzial zur Kosteneinsparung. Der Einsatz externer Dienstleister hilft, fehlende Erfahrung auszugleichen und den Lernprozess im China-Sourcing voranzutreiben. Wie groß der Bedarf an externem Know-how ist, zeigt folgendes Umfrageergebnis: Lediglich 41 % der befragten Unternehmen waren zufrieden bzw. sehr zufrieden, aber 59 % waren unzufrieden beziehungsweise nur einigermaßen zufrieden mit dem Einkauf in China (Studie „China-Sourcing 2.0“ von Inverto in Zusammenarbeit mit der WHU – Otto Beisheim School of Management, Köln, August 2014).
Kostenvorteile bei automatisierter Serienfertigung
Blickt man nur auf die deutlich niedrigeren Lohnkosten in China, dann scheinen europäische Zulieferbetriebe nicht wettbewerbsfähig zu sein. Im Bereich der Serienfertigung von Metall- und Kunststoffteilen sind gut organisierte Hersteller aus Europa jedoch durchaus in der Lage, Anbietern aus Asien gleichwertige oder bessere Angebote entgegenzusetzen. In diesen Fertigungsbereichen ist es in Europa üblich, dass ein Maschinenbediener mehrere vollautomatisch laufende Maschinen bedient. Roboterbeschickung, Paletten-Bahnhöfe, Pick-up Drehmaschinen und Stangenlademagazine machen es möglich. In den Nachtschichten, die auch „Geisterschichten“ genannt werden, werden die Möglichkeiten der mannarmen Fertigung noch weiter ausgeschöpft. Dabei ist der Lohnkostenanteil mit ca. 20 % in der westeuropäischen Kalkulation relativ niedrig gewichtet.
Beispiel Seriendrehteil
Am Beispiel eines Seriendrehteils im Losgrößenbereich 10 000 – 50 000 Stück, gefertigt auf einem Einspindel-CNC-Stangenautomaten mit Lademagazin, wird deutlich, dass die Lohnkosten nicht immer der entscheidende Faktor sind. Die reinen Maschinenkosten (Abschreibung und Zins) betragen bei solchen Teilen oft etwa 30 % des Teilepreises. Dabei sind bei gleichem technischem Stand die Investitionskosten in Asien und Europa gleich. Da bei unserem Beispielteil eine Person acht Drehautomaten bedient, fällt der Personalanteil am Maschinenstundensatz relativ gering aus. Der Materialkostenanteil liegt bei solchen Teilen typischerweise bei 30 %. Da die Halbzeugpreise in Asien nur etwa 10 – 20 % niedriger sind als in Europa, resultiert daraus lediglich ein Kostenvorteil von ca. 3 – 5 % beim Produkt. Damit ergibt sich bei 60 % der Kostenanteile nur ein Preisvorteil von 5 % .
Wenn wir nun die restlichen 40 % Kostenanteile (Löhne, Raumkosten, sonstige Gemeinkosten) mit 70 % Kostenvorteil für China kalkulieren, haben wir im Produkt nochmals einen Kostenvorteil von 28 %. Zusammen wären es also 33 % , wenn die Produktivität gleich hoch wäre und keine höheren Frachtkosten anfallen würden. Deshalb ist der Preisvorteil gegenüber frei Werk Europa häufig viel kleiner und manchmal gar nicht darstellbar. Eine Faustregel besagt, dass der Preisvorteil eines Lieferanten aus Asien tatsächlich mindestens 30 % betragen muss, damit der Besteller einen wirtschaftlichen Vorteil erreicht. Das ist notwendig, um die weit höheren Kosten für Produktionsanlauf, Lieferantenentwicklung, Reisen, Kommunikation, größere Lagerhaltung, weniger flexible Logistik und so weiter auszugleichen.
Nur wer die Gesamtkosten gründlich kalkuliert, erlebt beim Einkauf von Zeichnungsteilen in China keine bösen Überraschungen, auch wenn die Qualität und Liefertreue chinesischer Zulieferbetriebe inzwischen ein gutes Niveau erreicht haben. Einen schnellen Online-Vergleich der Gesamtkosten bietet beispielsweise Techpilot, ein Online-Netzwerk für die individuelle Fertigung in der Metall- und Kunststoffindustrie. Einkäufer, die neue Lieferanten suchen und ihre Ausschreibungen auf Techpilot platzieren, erhalten sofort aussagekräftige Informationen über potenzielle Lieferanten und können gezielt Angebote anfordern. Denn bei Techpilot informieren die Lieferanten potenzielle Kunden über alle Fertigungstechnologien und Zertifizierungen. So beteiligten sich nur die Zulieferbetriebe an Ausschreibungen, die technisch und logistisch in der Lage sind, den Auftrag zu erfüllen. Ihre Angebote können unmittelbar verglichen werden. So wird sehr schnell deutlich, ob der Einkauf von Zeichnungsteilen in China auch tatsächlich Kostenvorteile bringen könnte. •
Industrieanzeiger
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