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Weltweit auf der Jagd nach mehr Marktanteilen

Markt der Automatisierungstechnik ist in Bewegung
Weltweit auf der Jagd nach mehr Marktanteilen

Weltweit auf der Jagd nach mehr Marktanteilen
Mit Verkäufen nicht zur Kernkompetenz gehörender Unternehmensteile hat Invensys-Chef Allen Yurko seine Kriegskasse gut gefüllt. Die kontinentalen Wettbewerber jedenfalls beobachten die britschen Automatisierungsspezialisten sehr aufmerksam
Aufbruchstimmung hat die Unternehmen im Weltmarkt der Automatisierungstechnik gepackt. Übernahmen sind an der Tagesordnung. Auch der britische Newcomer Invensys will seine Position stärken.

Manfred Fischer ist Journalist in Wedel

Wer auf dem Weltmarkt für Automatisierungs- und Steuerungstechnik die Nase vorn hat, ist schwer zu sagen. In diesem Wachstumssegment des Maschinenbaus und der Elektrotechnik, in dem sich die Prinzipien der so genannten alten Ökonomie mit der Software- und Internet-getriebenen New Economy treffen, herrscht Gründer- und Aufbruchstimmung. Keiner der Wettbewerber kommt derzeit auf einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent. Mit dem Aufkaufen von Konkurrenten versuchen die Unternehmen, ihre eigene Position zu stärken und neue Marktanteile zu erringen.
Traditionelle Großkonzerne wie General Electric und Siemens treffen auf neu formierte Unternehmenseinheiten wie den britischen Anbieter Invensys plc, London, der aus der Fusion der beiden Unternehmen BTR und Siebe entstanden ist. Das war vor einem Jahr. Im April 1999 bekam das neue Unternehmen den Namen Invensys. Das ist eine künstliche Kreation, bei der die Begriffe Invention, also Erfindung, und System noch herausklingen, auch zur Assoziation „Innovation“ ist es kein großer Schritt. Invensys-Chef Allen Yurko, der seit 1994 den Firmen-Vorläufer Siebe geleitet hat, konzentriert sich seit der Fusion ganz auf Automatisierungs- und Steuerungstechnik. Was nicht dazu passte, wurde verkauft, etwa die Bereiche Autozulieferung und Umwelttechnik. Gleichzeitig strukturierte Yurko sein Unternehmen in vier Bereiche:
– Intelligent automation: Hier ist das Geschäft mit Großanlagen der Prozessautomation zusammengefasst. Bei der Automatisierung kontinuierlicher industrieller Prozesse gilt Invensys als Weltmarktführer.
– Industrial drive systems: In diesem Bereich ist die Produktion elektrischer und pneumatischer Antriebe und die Herstellung von Kompressoren zu finden.
– Power systems: Dieses Geschäftsfeld beschäftigt sich unter anderem mit der Bereitstellung sicherer Energiequellen für die Telekommunikation. Auch große Industriebatterien und solche für den Antrieb von U-Booten liefert dieser Invensys-Bereich.
– Controls: Darin finden sich vor allem die Entwicklung und Herstellung von Sensoren für die Industrie, aber auch für Wohngebäude. Die ganze Branche hält die Entwicklung so genannter „intelligenter Häuser“ für einen Wachstumsmarkt der Zukunft. „Hausautomatisierung“, schwärmen die Branchenanalysten der Investmentbank J. P. Morgan, „kann Unterhaltung, Sicherheit, Heizung, Belüftung, Klimaanlage und Telekommunikation in einem einheitlichen System verbinden.“ Vorerst verdient Invensys an der Lieferung von Sensoren für Wasch- und Geschirrspülmaschinen, für Herde und Kühlschränke.
Nachdem jetzt die Struktur des neuen Unternehmens steht, ist Vorstandschef Yurko vorbereitet für neue Taten. Dank seiner Verkäufe von Unternehmensteilen hat er nach Analystenschätzungen jetzt umgerechnet mehr als 12 Mrd. DM zur Verfügung, um auf Einkaufstour zu gehen. An der Londoner Börse machten schon Gerüchte die Runde, nach denen Yurko den französischen Wettbewerber Schneider Electric im Visier hat. Auch der US-Konkurrent Emerson gilt Branchenkennern als möglicher Fusionspartner für Invensys.
So wenig vorhersehbar der nächste Schritt von Invensys-Chef Yurko auch ist, in einem Punkt sind sich die Beobachter sicher: „Allen Yurko und Invensys haben eine klare Vorstellung von der Zukunft“, sagt Swantje Conrad, Analystin bei J. P. Morgan. Mit gut 11 Mrd. US-$ Umsatz lag Invensys, nach Morgan-Berechnungen, 1999 auf dem zweiten Platz in der internationalen Liga der Automatisierungstechniker, klar hinter Siemens und deutlich vor Emerson und ABB. Auf lange Sicht will Yurko den Invensys-Umsatz mit der Automatisierungstechnik auf rund 22,2 Mrd. US-$ verdoppeln. Der Expansionsdrang der Briten alarmiert die kontinentalen Wettbewerber. Die Schweizer ABB, die zuletzt 1998 durch Übernahme des US-Unternehmens Elsag Bailey expandierte, sucht jetzt nach einer weiteren großen Unternehmensübernahme. Möglicherweise wird sogar Invensys Ziel eines ABB-Angriffs.
Briten zwingen ihre Wettbewerber zum Handeln
Siemens baut derweil durch Joint-Ventures und kleinere Unternehmenszukäufe die eigene Position im Markt aus: Im Oktober 1999 startete der Siemens-Bereich Automatisierungs- und Antriebstechnik ein Gemeinschaftsunternehmen mit der japanischen Yaskawa Electric; im Dezember kaufte Siemens das US-Unternehmen Vickers Electronic Systems mit rund 195,6 Mio. DM, und im März diesen Jahres schlossen die Münchner die Übernahme der Moore Products Corporation in den USA mit knapp 332,5 Mio. DM Umsatz ab. „Mit dem Kauf von Moore-Products werden wir uns auf dem Gebiet der Prozessautomatisierung deutlich stärken und unsere Marktpräsenz in den USA weiter ausbauen“, erläutert Siemens-Vorstandsmitglied Klaus Wucherer. Auch ganz kleine Unternehmen wecken das Siemens-Interesse, wenn es um den Aufbau der Prozesstechnik geht. Anfang des Jahres etwa hat Siemens Teile der Turbo-Werk Messtechnik GmbH in Köln gekauft – Geschäftsvolumen knapp 13,7 Mio. DM.
Übernahmen sollen Lücken im Programm schließen
Die Branche steckt im Umbruch. Das wissen auch die Experten des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) in Frankfurt. Der Verband hat jetzt eigens den Fachverband Automation im ZVEI gegründet. Der hat 350 Unternehmen als Mitglieder, die zusammen auf einen Jahresumsatz von 45 Mrd. DM kommen. „Diese Branche lebt davon, dass Technologien, die bisher getrennt waren, immer stärker zusammenwachsen“, sagt ZVEI-Sprecher Gotthard Graß. Die Mittelständler, die in Deutschland die Branche prägen, stehen unter Handlungsdruck. „Als Heimat des Werkzeugmaschinenbaus ist Deutschland ein wichtiges Absatzgebiet für Automatisierungstechnik“, analysieren die Investmentbanker von J. P. Morgan. Sie rechnen auch mit Unternehmensübernahmen in Deutschland. Bislang werde hier das Tempo verschleppt, weil die Mittelständler allzu übertriebene Preisvorstellungen für ihre Unternehmen hätten, glauben die Morgan-Analysten Swantje Conrad und Brantley W. Thompson.
So ist die französische Schneider Electric bislang nicht mit der geplanten Unternehmensübernahme in Deutschland vorangekommen, weil sich Käufer und Verkäufer nicht über den angemessenen Kaufpreis einigen konnten. Invensys-Chef Yurko beobachtet die Bemühungen seiner Konkurrenten aufmerksam, doch ohne übertriebene Nervosität. „Ich kann mir drei oder vier Kombinationen meiner Wettbewerber vorstellen, die mir Magenschmerzen verursachen könnten“, sagt er, „aber keine davon würde mich zu unüberlegten Handlungen hinreißen.“ Er will erst einmal durch kleinere Übernahmen in Europa und in Asien Lücken in seinem Produktionsprogramm schließen. Doch die Analysten, stets auf der Suche nach der nächsten Gelegenheit für eine Großfusion, bleiben skeptisch, ob Yurko seine ausgeruhte Haltung lange durchstehen kann. Sie sehen schon den nächsten großen Schlag voraus. Eine Möglichkeit: Der US-Gigant General Electric, bislang auf dem Gebiet der Automatisierungstechnik ein vergleichsweise kleiner Fisch, könnte versucht sein, Invensys zu schlucken.
Automatisierungsliga: Top 10 weltweit
Unternehmen Land Umsatz
  • 1. Siemens D 14,7
  • 2. Invensys GB 11,3
  • 3. Emerson Electric USA 7,4
  • 4. ABB Schweiz 7,3
  • 5. Honeywell USA 6,2
  • 6. Tyco USA 5,9
  • 7. Rockwell USA 4,4
  • 8. Schneider Electric F 2,4
  • 9. General Electric USA 1,3
  • 10. Eaton USA 1,2
Die weltweit zehn größten Produzenten von Automatisierungs- und Steuerungstechnik (Umsatz in Mrd. US-$, 1999, jeweils relevanter Bereich)
Quelle: J. P. Morgan Securities Ltd.
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