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„Wenn Tempo gefragt ist, wird es richtig schwierig“

VDMA-Manager Dr. Olaf Munkelt: Was ist die bessere Vision-Lösung - Komplettsystem oder Marke Eigenbau?
„Wenn Tempo gefragt ist, wird es richtig schwierig“

„Wenn Tempo gefragt ist, wird es richtig schwierig“
„Der Mensch sieht mehr als das Vision-System“
Standards in der Bildverarbeitung locken den Anwender, sich seine Vision-Lösung in Eigenregie zusammen zu bauen. Dr. Olaf Munkelt, Vorstandvorsitzender VDMA Industrielle Bildverarbeitung, warnt: Die Komplexität der Installation wird oft unterschätzt.

Herr Dr. Munkelt, wenn der Fertigungstechniker ein BV-System für Prüfzwecke in die Produktionslinie integrieren will, dann steht er oft vor der Frage: Soll ich eine schlüsselfertige Lösung kaufen oder ist es nicht günstiger, ein System aus Komponenten zusammen zu setzen. Was würden Sie ihm raten?

Der Fertigungstechniker ist ja oft für die Bereitstellung der Lösung und den späteren Betrieb verantwortlich. Deshalb muss er beides im Auge behalten: die Installations- und die Betriebskosten des BV-Systems. Hier spielt auch eine Rolle, welche Kostenstelle im Unternehmen für welche Kostenart verantwortlich ist. Aus Sicht des Unternehmens wäre eigentlich die Betrachtung der Lebenszykluskosten wünschenswert. Nur so ist eine ausgewogene Beurteilung möglich, ob eine schlüsselfertige oder eine selbst gebaute Lösung aus Komponenten wirtschaftlich und effizient ist.
Sicher spielt auch die Aufgabenstellung eine wichtige Rolle. Je komplexer die Aufgabe, desto mehr ist möglicherweise von der Marke Eigenbau abzuraten. Wie sehen Sie das?
Die Komplexität einer BV-Lösung spielt dabei sicher eine Rolle. Aber auch hier ist das Bild gemischt: Unternehmen, die sich in der Vergangenheit auf Kernkompetenzen konzentriert haben und Bildverarbeitung als Mittel zum Zweck ansehen, sollten ganz pragmatisch einen externen Dienstleister zu Rate ziehen. Firmen, die über einen eigenen Betriebsmittelbau mit BV-Kenntnissen verfügen, können sehr wohl auch anspruchsvolle Aufgaben selbst lösen. Denn sie besitzen ja umfangreiche Kenntnisse, beispielsweise was die Integration der Vision-Lösung in den Fertigungsprozess betrifft.
Bei überschaubaren Aufgaben kann man das Komponenten-Modell also eher in Betracht ziehen?
Wenn die Anforderungen an die BV-Lösung im Rahmen bleiben und sich durch Standardkomponenten abdecken lassen, kann man das so sagen. Zum Beispiel die Vollständigkeitsprüfung, eine typische Station im Fertigungsprozess, lässt sich mit Standardkomponenten schnell aufbauen. Der Aufwand steigt allerdings, wenn zusätzlich Prüfprotokolle nach einer Norm erstellt werden müssen und Anpassungen an das Fertigungsleitsystem hinzu kommen. Ob ein Systemintegrator in diesem Fall kostengünstiger für das Unternehmen gearbeitet hätte, lässt sich im Vorfeld nicht immer eindeutig sagen.
Was sind typische leichte Aufgaben?
Alle Aufgaben, die mit Standardkomponenten gelöst werden können. Bei Beleuchtung, Optik, Kamera, Rechner und Software gibt es solche Standard-Bausteine. Heute kann der Fertigungstechniker zu Recht erwarten, dass die benötigten Komponenten reibungslos zusammenarbeiten, damit er sich ganz auf die Integration in den Fertigungsprozess konzentrieren kann. Leichte Aufgaben in diesem Sinne sind Vollständigkeitskontrolle, Ausrichten von Prüfobjekten zum Vermessen oder Klassifikation von Gut- und Schlechtteilen anhand von Vorlagen.
Und wann wird es richtig schwer?
Wenn es sehr schnell gehen muss, etwa bei der so genannten Endlosinspektion, also der Inspektion von Bahnware. Das Tempo gibt die hohe Geschwindigkeit der Bahnen oder eine hohe Ortsauflösung vor. Oder beides gleichzeitig. Bei solchen Anwendungen müssen komplexe Rechenoperationen im Millisekunden-Bereich ausgeführt werden. Solche Lösungen erfordern einen erheblichen Integrationsaufwand, der nur durch spezialisierte Lösungsanbieter effizient erbracht werden kann.
Woran scheitern Techniker, die zwar ihre Maschinen und Prozesse kennen, mit Bildverarbeitung aber wenig am Hut haben?
Der Techniker sieht ja mit seinen Augen, dass ein Teil fehlerhaft ist und geht davon aus, dass das Vision-System das auch sehen muss. Das ist falsch. Die Bildverarbeitung ist bei weitem nicht so weit, dass sie die Fähigkeit des menschlichen Auges erreicht. Allerdings ist sie hinsichtlich Reproduzierbarkeit und Objektivierung von Prüfergebnissen nahezu ungeschlagen. Auch wenn zum Beispiel eine Autosicherung hundertmal in der Sekunde gemessen wird. Es ist wichtig, dem Techniker durch die Bildverarbeitung ein Erfolgserlebnis zu vermitteln. Und das geht beim berühmten ersten Mal am besten mit Hilfe eines Spezialisten.
Vielleicht braucht der Anwender für sein Problem ja gar kein Vision-System? Manchmal reicht ja auch ein einfacher Sensor. Welche Faustregeln können Sie dem Maschinenbauer hier mitgeben?
Der Vision-Sensor ist ja ironischer Weise auch ein Bildverarbeitungssystem, nur in kompakter Bauform. Aus Sicht des Fertigungstechnikers ist das aber Jacke wie Hose. Am Ende zählt das Ergebnis. Wenn lediglich ein ECC200 Data Matrix Codes ausgelesen werden muss, um zu diesem Ergebnis zu kommen, dann kann die Devise nur lauten: Ein Vision-Sensor reicht. Standardaufgaben, wie das Lesen von Barcodes und Data Matrix Codes oder die Vollständigkeitskontrolle sind Standardaufgaben und lassen sich mit einem Vision-Sensor kostengünstig und schnell realisieren. Zudem ist in diesem Fall die Prozessintegration oft sehr einfach.

Fachmesse Vision legt guten Start hin
Trotz schwieriger Zeiten legt die Vision einen Start nach Maß hin. Die internationale Fachmesse für industrielle Bildverarbeitung und Identifikationstechnologien ist nach wie vor Branchentreff, Marktplatz und Impulsgeber für die BV-Industrie und weltweit wichtigste Drehscheibe für den Informationsaustausch zwischen Ausstellern, Fachbesuchern, Forschungsinstituten, Verbänden und Universitäten. Rund 290 Aussteller haben sich zur 22. Auflage der Vision angemeldet und damit so viele wie im letzten Jahr. Belegt sind wie im Vorjahr die beiden gleich großen Standardhallen 4 und 6 der Landesmesse Stuttgart.
Zum Ausstellungsportfolio gehören Kameras, Optik- und Beleuchtungslösungen, Prozessoren, Softwaretools, Identifikationssysteme und Dienstleistungen. Zahlreiche Neuheiten gibt es vor allem im Bereich der 3D-Bildverarbeitung, denn der Aufbruch der Bildverarbeitung in die dritte Dimension ist nicht mehr aufzuhalten. Im Trend liegen intelligente Kameras, die komplette PC-Funktionen integrieren und gleichzeitig immer kompakter werden, sodass sie sich Platz sparend in die Produktionslinie einbauen lassen. Ebenso gefragt sind auch Vision-Systeme mit einer einfachen Bedienung, die auch von Nicht-Spezialisten ohne Programmierkenntnisse konfiguriert werden können.
Industrieanzeiger
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