Würth kann sich die Übernahme des Schmierstoffspezialisten Liqui Moly zweifelsohne gut leisten, zumal der Schraubenkonzern längst als stiller Teilhaber die Mehrheit an der Ulmer Unternehmensgruppe besessen hat. Doch ist das Geld gut angelegt? Mittelfristig gibt es daran kaum Zweifel. Langfristig jedoch wird im Zeitalter der Elektroantriebe vom Hauptbetätigungsfeld des Ulmer Mittelständlers
– Motoröl und Additive – wenig übrig bleiben. Der Wandel zu sauberen Autos arbeitet gegen das bisherige Geschäftsmodell. Weg vom Öl, hin zum Strom lautet die Devise. Gewiss setzt auch das Hybridauto in Teilen auf die Verbrennungstechnik und hat deshalb Bedarf an Motoröl. Doch auch die Kombination aus Verbrennungstechnik und Elektromotor ist nur eine Übergangstechnologie. Wird diese von reinbatteriebetriebenen oder Brennstoffzellen-Antrieben verdrängt, was würde Liqui Moly dem entgegensetzen? Keine Frage: Mit dem Anschluss an den Künzelsauer Montage- und Befestigungstechnikkonzern hat Liqui-Moly-Chef Ernst Prost die Weichen für seinen Unternehmensverbund richtig gestellt. Die Übernahme kann dem Automobil-
zulieferer neue Perspektiven eröffnen. Zwar bleibt auch unter dem Dach von Würth der Transformationsdruck des weiterhin eigenständigen Schmierstoffspezialisten in der Automobilzulieferbranche bestehen. Doch die nötigen Strategieveränderungen und Umbauprozesse dürften mit dem neuen milliardenschweren Eigentümer eher gelingen als mit einer Solo-Tour, die der bisherige geschäftsführende Gesellschafter Ernst Prost seinem Sohn als potenziellem Nachfolger nicht zumuten wollte.
Editorial
Anschluss an die Zukunft
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