Deutschland erzeugt fleißig Energie – teilweise sogar so viel, dass Industrie und Haushalte hierzulande die Strommengen gar nicht verbrauchen können. Da die Übertragungsnetzbetreiber Strom aus erneuerbaren Quellen auch dann abnehmen und vermarkten müssen, wenn an der Strombörse keine Nachfrage besteht, entstehen sogenannte negative Strompreise. Das heißt, die Netzbetreiber bezahlen europäischen Nachbarstaaten Geld, wenn sie den Strom abnehmen. Am Neujahrstag 2018 erwarb etwa Frankreich deutschen Ökostrom und verdiente damit bis zu 76 Euro je Megawattstunde.
Über das Stromgeschenk freuen sich aber nicht alle Abnehmer: In der Vergangenheit hat die Stromschwemme aus Deutschland in anderen Märkten die Preise gedrückt. Die europäischen Nachbarn haben darauf aber reagiert. So bepumpen beispielsweise Betreiber von Pumpspeicherbecken im Hochgebirge in der Schweiz und in Österreich ihre Stauseen mithilfe des deutschen Umsonst-Stroms. Gleichzeitig fahren sie ihre eigenen Kraftwerke herunter. Ein perfektes Geschäft machen unsere Nachbarn dann, wenn der Strom aus diesen Kraftwerken später zu lukrativen Preisen nach Deutschland zurückverkauft wird.
Wie wir dieser absurden Spirale entkommen könnten? Man müsse dafür sorgen, dass die Erneuerbaren flexibler produzieren, betonte Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in einem Gespräch mit dem „Handelsblatt“. Eine andere Möglichkeit: Den Ausbau der Stromnetze vorantreiben, um den Strom schneller dahin zu transportiern, wo er in Deutschland benötigt wird. Denn eines ist klar: Den aktuellen Irrsinn mit Strom können wir uns auf Dauer nicht leisten.