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Das Zögern ist vorbei

BME-Stimmungsbarometer Elektronische Beschaffung
Das Zögern ist vorbei

Dank boomender Konjunktur investieren deutsche Unternehmen wieder mehr in elektronische Beschaffungslösungen, um ihre Geschäftsabläufe zu optimieren. Mit gutem Grund: Einstands- und Prozesskosten sinken in teilweise erheblichem Umfang, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Die Konjunktur brummt, und deutsche Unternehmen investieren wieder mehr – unter anderem in elektronische Beschaffungslösungen zur Optimierung der Geschäftsabläufe. Das geht aus den aktuellen Ergebnissen des jährlich erhobenen BME-Stimmungsbarometers Elektronische Beschaffung 2011 hervor. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) und der Lehrstuhl Industriebetriebslehre an der Universität Würzburg haben den Bericht im März anlässlich der in Bonn stattfindenden BME-E-Lösungstage vorgestellt. 228 Firmen hatten sich an der Umfrage beteiligt, mehr als die Hälfte davon kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 2000 Mitarbeitern.

Demnach senkten die Unternehmen ihre Einstandskosten im Durchschnitt um jeweils 5 % beim Einsatz von Katalogsystemen und bei Ausschreibungslösungen und um 12 % bei Auktionslösungen. Darüber hinaus reduzierten sich die Prozesskosten um durchschnittlich 25 % bei Katalogsystemen, 10 % bei Ausschreibungslösungen und 5 % bei Auktionslösungen. Dazu kommen die nicht direkt quantifizierbaren Erfolge wie die Erhöhung der Compliance.
Kleine und mittlere Unternehmen profitieren dabei in ähnlichem Umfang, bei einigen Lösungen sogar mehr als Großunternehmen und Konzerne. „Interessant ist, dass insbesondere KMU verstärkt wieder auf öffentliche, standardisierte Systeme setzen, anstatt individuelle Lösungen zu beauftragen“, erklärt BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Holger Hildebrandt. Entscheidend dabei sei die Kostenfrage.
Das Stimmungsbarometer macht deutlich, dass hinsichtlich der eingesetzten Lösungen noch erhebliche Unterschiede bestehen. Während die Nutzung elektronischer Kataloge heute Usus ist, herrscht gegenüber elektronischen Ausschreibungen oder gar Einkaufsauktionen verbreitet noch Skepsis.
Elektronische Kataloge
Sie sind das einzige Tool, das sich auf breiter Basis durchgesetzt hat. Neun von zehn Großunternehmen und Konzernen setzen bereits Katalogsysteme ein, bei den verbleibenden größeren Unternehmen scheint die Einführung nur eine Frage der Zeit zu sein. Bei kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten indes bisher noch über 40 % ohne entsprechendes System. Knapp die Hälfte dieser verbliebenen Unternehmen – und damit mehr als im Vorjahr – untersucht und plant aktuell die Einführung. Es kristallisiert sich jedoch heraus, dass vermutlich 15 bis 20 % der KMU mittelfristig keine entsprechenden Systeme einsetzen werden.
Die hohe Einsatzrate über alle Unternehmensgrößen hinweg dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bisher nur in Einzelfällen geschafft wurde, nahezu alle relevanten katalogfähigen Güter und Dienstleistungen zu integrieren, betonen die Autoren der Studie.
Elektronische Ausschreibungen
Das Tool mit der zweitgrößten Durchdringung. 37,3 % der Befragten setzen Ausschreibungen ein. Die Quote der eine Einführung planenden Unternehmen ist auf 19,3 % gewachsen. Diese Steigerung geht jedoch vorwiegend auf Großunternehmen und Konzerne zurück. Der Trend geht in die Richtung, dass wohl rund ein Drittel der Befragten diese Lösungen mittelfristig nicht einsetzen werden (20 bis 25 % Große/Konzerne und 40 bis 50 % der KMU) – vor allem aufgrund des aus deren Sicht fehlenden Potenzials hinsichtlich des Beschaffungsvolumens. Wie bei Kataloglösungen sei die Nutzungsintensität der im Einsatz befindlichen Systeme bei weitem noch nicht ausgereizt, heißt es. Dort würden die Unternehmen hinsichtlich eines konsequenten Rollouts noch vor großen Herausforderungen stehen.
Diese Ansicht teilt man auch auf Anbieterseite. Vor allem deutsche Mittelständler verhielten sich bei Electronic Sourcing geradezu phlegmatisch. Angebote würden sie weiterhin per E-Mail und Telefon einholen, anstatt die Chancen elektronischer Ausschreibungen zu nutzen, beklagt beispielsweise der Sourcing-Anbieter MFG.com. „Es ist wenig verständlich, dass der Mittelstand hierzulande Electronic Sourcing verschläft. Als weltweit tätiger Sourcing-Markplatz wissen wir, dass Unternehmen in den USA oder in China sehr aktiv sind“, kommentiert Martin Hengstmann, Area Sales Manager bei MFG.com in München. Electronic Sourcing sei keine brandneue Technologie, bei der risikoscheue Unternehmen mit dem Einsatz zögern.
Der gesamte Beschaffungsprozess werde mit Electronic Sourcing deutlich effizienter – angefangen von der Erstellung einer Ausschreibung über die Auswahl eines qualifizierten Lieferanten bis zur sicheren Zahlungsabwicklung. „Unternehmen aller Größenordnungen stehen heute unter einem harten Wettbewerbsdruck. Da zählt jede Möglichkeit, Geschäftsprozesse zu optimieren, und das fängt schon beim Einkauf an“, ergänzt Hengstmann. „Aus Desinteresse an neuen Beschaffungswegen“, warnt er, „können sehr schnell Wettbewerbsnachteile gegenüber jenen entstehen, die bereit sind, ausgetretene Pfade zu verlassen.“
Elektronische Auktionen
Hatten eine moderate Hochphase während der Wirtschaftskrise. In diesem Bereich hat sich allerdings im Vergleich zum Vorjahr der Anteil der Unternehmen erhöht, die von der Einführung entsprechender Systeme Abstand genommen haben. Knapp die Hälfte der Befragten sieht keine Einsatzmöglichkeiten. Jedoch ist auch hier wie bei den Ausschreibungen der Anteil der für eine Systemeinführung in Planung befindlichen Unternehmen gestiegen. Die Einführungsraten über die Jahre sind moderat – mehr als 2 bis 3 % der Unternehmen kommen hinsichtlich der aktiven Nutzung pro Jahr nicht hinzu.
Nur 25,5 % der befragten Unternehmen nutzen aktuell Auktionen. Die pessimistische Einschätzung der Relevanz geht vor allem auf das Konto der KMU, während der Anstieg der planenden Unternehmen vor allem auf Großunternehmen und Konzerne zurückzuführen ist. Von allen untersuchten Tools ist die Schere zwischen großen und kleinen Unternehmen hier am größten: Während 64,3 % der KMU keine Relevanz sehen, sind dies nur 28,4 % bei den Großen. Während Auktionen für KMU wohl nur in Einzelfällen Bedeutung erlangen werden, scheinen sie sich mittelfristig bei Großunternehmen und Konzernen zu einem Standardtool zu entwickeln, prognostizieren die Autoren.
Lieferantenmanagement (E-SRM)
Der Einsatz wird aktuell in fast jedem vierten Unternehmen geplant. Dies ist die höchste Rate aller untersuchten Lösungen – KMU und Großunternehmen/Konzerne sind hier vergleichbar. Zusätzlich halten weitere 27,6 % die Lösungen für relevant, planen kurzfristig aber keine Einführung.
Festzuhalten bleibt: „E-Procurement-Lösungen lassen sich nicht nebenbei einführen. Sie müssen kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt werden“, betont Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky, Lehrstuhl für Industriebetriebslehre, Universität Würzburg (siehe auch Interview Seite 16). „Um nicht zu scheitern, sind notwendige Ressourcen einzuplanen. Dass sich dies unter dem Strich für die Unternehmen lohnt, bestätigt auch die diesjährige Umfrage.“
Jens-Peter Knauer Journalist in Waldenbuch
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