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3D-Druck | Bislang ist die additive Fertigung eine Domäne der Produktion. Doch auf Dauer kommt die IT nicht an dem Thema vorbei. Schnittstellen zu anderen Systemen sind gefragt. ❧ Sabine Koll
3D-Druck beziehungsweise die additive Fertigung bieten riesige Chancen für die Fertigung und Logistik. Das zeigt eine repräsentative Befragung von 559 Industrieunternehmen ab 100 Mitarbeitern, die der IT-Branchenverband Bitkom (Halle 1, Stand B31) beauftragt hat. Insgesamt versprechen sich neun von zehn Industrieunternehmen vom 3D-Druck Vorteile für sich.
Dabei sehen die Unternehmen den größten Vorteil des 3D-Drucks in der Möglichkeit, individualisierte Produkte herzustellen, 66 % nennen diesen Punkt. Fast ebenso viele erwarten vom 3D-Druck vor allem eine insgesamt eine größere Flexibilität in der Produktion. Beim 3D-Druck wird das Prinzip der Herstellung von Gütern umgekehrt: Bislang werden Gegenstände vor allem durch das Abtragen von Material geformt, etwa indem ein Stück Metall oder Holz von Maschinen oder Menschen gefräst, geschliffen oder gedrechselt wird. Beim 3D-Druck entstehen dagegen Produkte auf der Grundlage digitaler Baupläne, indem Material schichtweise aufgetragen wird. Bei diesem additiven Verfahren können Gegenstände auch in kleinen Stückzahlen kosteneffizient und schnell hergestellt werden.
Weitere Vorteile sind aus Sicht der Unternehmen die Freiheit im Design (23 %), weniger Vorratslagerung (9 %) und eine Gewichtsreduktion (4 %).
„Der 3D-Druck wird die industrielle Produktion von Grund auf revolutionieren, weg von der Herstellung von Massenware, hin zur individuellen Einzelfertigung. Produkte können künftig exakt nach Kundenwunsch hergestellt werden, ob es nun das Bauteil für den Automotor ist, das Architekturmodell oder die medizinische Beinprothese“, sagt Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer. „Die Möglichkeit, prinzipiell an jedem Ort sofort ein Produkt herzustellen, wird zudem Kosten und Aufwand für Lagerung und Logistik deutlich reduzieren, wovon zahlreiche Branchen profitieren.“ So müssten beispielsweise Airlines nicht mehr Ersatzteile permanent an allen angeflogenen Flughäfen bereithalten oder aufwändig beschaffen, sondern könnten diese bei Bedarf einfach ausdrucken.
„3D-Druck ist wie gemacht für die innovative, deutsche Wirtschaft“, bestätigt Andreas Müller, Partner bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). „Die Technologie erlaubt den Unternehmen die Herstellung kleiner Stückzahlen, kostengünstiger Prototypen und die Anwendung neuer Materialien. Der hohe Anteil der deutschen Unternehmen, die 3D-Druck bereits nutzen, zeigt: Die hiesige Wirtschaft ist neuen Technologien gegenüber offen.“
Schon heute nutzen viele Unternehmen 3D-Drucker in der Prototypen-Entwicklung und vermehrt auch in der Produktion. Angesichts des zu erwartenden Marktwachstums in diesem Bereich hat der Bitkom einen neuen Arbeitskreis 3D-Druck ins Leben gerufen, dessen Vorstand im November gewählt werden soll.
Deutschland als Kompetenzzentrum für 3D-Druck
„Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten unmerklich zum Kompetenzzentrum bei der Entwicklung und Anwendung für 3D-Druck geworden“, argumentiert Wolfgang Dorst, Bitkom-Bereichsleiter Industrial Internet und 3D-Druck. „Die deutschen Anwenderbranchen sind führend, weil sie 3D-Druck-Technologien innovativ einsetzen. Im dahinter liegenden Markt für Hardware und Software ist Deutschland daher auch sehr gut positioniert. 3D-Druck ist somit eine hervorragende Ergänzung des deutschen Maschinenbaus.“
Da 3D-Druck im Bitkom ein Querschnittsthema darstellt, arbeitet der Arbeitskreis eng mit den anderen Bereichen wie E-Logistic & Supply Chain, Urheberrecht, Gewerblicher Rechtsschutz oder Sicherheit zusammen.
Zu den Zielen des Arbeitskreises gehören unter anderem der Branchendialog, Networking aller beteiligten Akteure, die politische Positionierung des Themas sowie Branchentransparenz: Was zum Beispiel passiert in Deutschland schon alles – etwa bei der Produktionsprozessintegration oder beim neuen Dateiformat 3MF?
3MF wurde im Mai 2015 von einem Konsortium verschiedener Anbieter ins Leben gerufen – und soll zum neuen Standard für 3D-Druckdaten werden. Die Krux: Computersysteme mussten bisher eine Vielzahl von Formaten zur Übergabe von 3D-Modelldaten an 3D-Drucker und an Maschinen für die additive Fertigung unterstützen. Trotz der vielen Formate bietet keines, auch nicht das am häufigsten verwendete Dateiformat STL, eine tragfähige Lösung für die Verarbeitung wichtiger Informationen zu Farbe und Materialeinstellungen sowie für das Verwalten größerer Fertigungsaufträge unter Windows. Daher ist die Forderung nach einer Standardisierung des Dateninputs, vergleichbar dem PDF-Format für den Papierdruck, immer lauter geworden.
Im 3MF-Konsortium arbeiten die IT-Branchenriesen Microsoft, Hewlett-Packard, Dassault Systèmes und Autodesk nun Hand in Hand mit den 3D-Druck-Spezialisten FIT/Netfabb, Shapeways und SLM Solutions zusammen. Der neue Standard ist eine vollständige Überarbeitung des bereits existierenden 3MF-Standards und wird vom Konsortium unter einer Open-Source-Lizenz kostenlos zur Verfügung gestellt.
Das XML-basierte Format ist standardmäßig in Windows 10 enthalten und bedeutet eine Verbesserung für den Datenaustausch bei der additiven Fertigung. Der zusätzliche Arbeitsaufwand und die Konvertierungsfehler aus der bisher oft notwendigen Datenumwandlung entfallen. Entwicklern stehen verschiedene von Microsoft und Netfabb programmierte Tools zur freien und einfachen Anwendung des Standards zur Verfügung.
Microsoft (Halle 1, Stand F41), Mitglied im neuen Bitkom-Arbeitskreis, hat mittlerweile ein kleines 3D-Druck-Ökosystem aufgebaut. Dazu gehört neben der Integration des 3MF-Formats in Windows 10 die kostenlose App 3D Builder, mit der sich 3D-Modelle bearbeiten und ausdrucken lassen. Integriert ist in diese App die Kinect-Scanning-Technologie zum Erstellen der 3D-Daten. Zudem ist Microsoft Partnerschaften im 3D-Druck-Umfeld eingegangen, etwa mit Materialise und Autodesk.
Mitglied im Bitkom-Arbeitskreis ist außerdem der ERP-Anbieter Proalpha. Er ermöglicht heute bereits in seinem Modul für Projektmanagement den nahtlosen Einsatz von Tools für den 3D-Druck – und zwar über eine Integrationsschicht. Dazu werden sämtliche Entwicklungsschritte mit den zugehörigen Daten und Unterlagen im System erfasst. Die gängigen CAD-Programme lassen sich mit dem sogenannten CA-Link via Online-Integration anbinden, sodass alle Beteiligten mit einheitlichen und aktuellen Stammdaten, Zeichnungen und Stücklisten arbeiten.
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