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Effizienzsteigerung mit Smart Data

Interview mit Christian Wendler, CEO bei Lenze
„Effektive Automatisierung braucht einen Rohstoff“

Steigender Kosten- und Innovationsdruck sind nur zwei von vielen Herausforderungen, denen sich die Industrie, insbesondere der Mittelstand, stellen muss. Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit sind Effizienzsteigerungen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. Wie sich das mit Hilfe von „Smart Data“ bewerkstelligen lässt, erklärt Lenze-CEO Christian Wendler.

» Hagen Wagner, Redakteur Industrieanzeiger

Herr Wendler, die Industrie steht vor drei großen Herausforderungen: Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Wie geht Lenze damit um?

Diese drei Megatrends sind Herausforderung und Innovationstreiber, also Stress und Chance zugleich. Alle Unternehmen müssen die digitale Transformation ihres Unternehmens vorantreiben​, ihren CO<sub>2</sub>-Fußabdruck reduzieren und gleichzeitig den Fachkräftemangel lösen.​ Ich sehe übrigens noch eine vierte Herausforderung oder Chance: das Reshoring. Wir erleben eine immer stärkere Abkopplung von Asien, insbesondere von China. Dieser Prozess führt dazu, dass hierzulande Produktionskapazitäten ausgebaut und eigene erfolgsversprechende Technologien entwickelt werden. Der Automatisierung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie die Antworten auf diese Entwicklungen liefert.

Wir bei Lenze verstehen uns als Taktgeber der Automation und „verheiraten“ mit unseren Lösungen OT und IT – eine durchaus lohnende Verbindung. Denn sie ermöglicht Optimierungen und Effizienzsteigerungen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine – von der Konzeption bis zum Recycling. Dafür bieten wir durchgängige und offene Hardware und Softwareplattformen sowie digitale Services. Darüber hinaus begleiten wir Maschinenbauer bei der digitalen Transformation und entwickeln gemeinsam mit ihnen Lösungen für die Aufgaben der Digitalisierung und Dekarbonisierung bis hin zu neuen Geschäftsmodellen.

Wie kann dadurch eine höhere Effizienz im Betrieb erreicht werden?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn Ingenieure in Deutschland eine neue Maschine planen, gehen sie oft auf Nummer sicher. Schließlich ist “German Engineering“ seit jeher ein Gütesiegel für top Qualität, und Zuverlässigkeit. Da kommt es schon mal vor, dass die jeweiligen Ingenieure die Anforderung, die Maschine, die Komponente überdimensionieren, weil sie sicherstellen wollen, dass das System mehr leistet als gefordert. Wir nennen dies, das „Syndrom des kaskadierten Puffers“. Das führt zu unnötiger Verschwendung, denn wenn ich überall einen satten Sicherheitspuffer einbaue, summiert sich das und macht meine Maschine oder Anlage zunächst einmal teurer und oftmals weniger wettbewerbsfähig. Das muss aber nicht sein, denn der digitale Zwilling ermöglicht eine exakte und leistungsgerechte Auslegung, bei der sich oft herausstellt: „Kleiner tut‘s auch“. So können Material und Energie eingespart werden, indem weniger oder kompaktere Hardware verbaut und Gewicht reduziert wird. Schauen wir uns das konkret an. Jedes Jahr werden weltweit rund 50 Millionen Elektromotoren verkauft. Wenn wir bei einem Viertel davon, also bei 12,5 Millionen Motoren, den digitalen Zwilling und unsere Smart-Data zur optimalen Auslegung einsetzen, dann ließen sich im Betrieb 500 Millionen Euro pro Jahr an Strom und über 2 Milliarden an Herstellungskosten einsparen.

Was verstehen Sie unter „Smart Data“?

Mit Smart Data kann eine Maschine kostengünstiger und energieeffizienter geplant, gebaut und betrieben werden. Das macht die Maschinenbauer und Anwender wettbewerbsfähiger.

Es kommt also nicht auf sämtliche, sondern auf die richtigen Daten an?

Effektive Automatisierung braucht einen Rohstoff. Nämlich: Daten.​ Sie sind eine enorme Hilfe, um Unternehmensprozesse zu optimieren, Kosten zu senken und mit weniger Energieeinsatz und ressourcenschonender zu produzieren. Fakt ist aber auch, dass für eine Optimierung und erhöhte Kosteneffizienz wenige Daten ausreichen. Vorausgesetzt, es sind die richtigen und sie werden intelligent verarbeitet. Welche und wie viele Daten ich brauche, ist also immer auch eine Frage der Anwendung. Verstehe ich die Maschine und ihre Prozesse, dann weiß ich, welche Sensordaten ich mir anschauen muss, um Anomalien zu erkennen. Ich extrahiere gezielt die „richtigen“ Daten und werte sie aus. Dabei unterstützen wir unsere Kunden mit unserer Digitalkompetenz, vor allem aber mit unserer enormen Domänenexpertise. Mit KI-basierten Verfahren generieren wir dann aus den Daten den größtmöglichen Mehrwert für unsere Kunden.

Big Data ist kein Allheilmittel, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Worauf muss man achten, um nicht in der Datenflut unterzugehen?

Nein, um es klar zu sagen: Big Data ist kein Allheilmittel. Auch für Daten gilt, wie für vieles andere: Qualität geht vor Quantität. Mit dieser Aussage stoßen wir immer wieder auf Stirnrunzeln, weil Big-Data-getriebene Geschäftsmodelle oft noch als „heiliger Gral“ gelten. Die Menge allein hilft aber nicht weiter, schließlich handelt es sich zunächst um einen ungefilterten Datenwust. Außerdem sollten wir hierbei nicht vergessen, dass das Sammeln und Verarbeiten von Milliarden von Daten in einem cloudbasierten System sehr energieintensiv und alles andere als effizient ist. Wir gehen davon aus, dass wir mit weniger, dafür aber relevanteren Daten bessere Ergebnisse erzielen. Diese gewinnen wir übrigens direkt aus unseren Antrieben, also vor Ort, und kommen so mit deutlich weniger Energie und Komplexität aus. Letztendlich ist es aber so, dass ein hervorragendes Verständnis von der Anwendung, den Prozessen in der Maschine notwendig ist, um die richtigen Maschinendaten herauszufiltern und richtig interpretieren zu können.

Fabriken können sehr verschieden sein, ist der Aufwand für die Implementierung einer Softwarelösung hierfür nicht immens?

In der Tat ist die Einführung von Softwarelösungen gerade für mittelständische Industrieunternehmen zunächst mit Kosten und Unsicherheiten verbunden. Nicht nur, weil die neuen digitalen Technologien angeschafft werden müssen, sondern auch, weil oft IT-Spezialisten mit dem notwendigen Know-how fehlen. Aber es ist gut angelegtes Geld, das früher oder später steigende Gewinnmargen abwirft. Ich bin überzeugt davon, dass digitale Lösungen zu einer deutlichen Beschleunigung und Präzisierung von Arbeitsabläufen beitragen und damit eine Investition in die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sind. Es lohnt sich, sich nicht von möglichen Umsetzungsschwierigkeiten abschrecken zu lassen, sondern eine gute Beratung zu suchen. Unser Anspruch ist es, unsere Maschinenbaukunden bei der digitalen Transformation zu begleiten. Denn auch davon bin ich überzeugt: In Zukunft werden die Unternehmen erfolgreich sein, die sich die richtigen Partner suchen und gerade beim Aufbau neuer Expertise auf Kollaboration setzen.

Wie sieht denn die allgemeine Geschäftslage bei Lenze in diesen turbulenten Zeiten aus, abgesehen von „Smart Data“?

Wir sind sehr stolz darauf, das beste Geschäftsergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt zu haben. Unser Konzernumsatz für das Geschäftsjahr 2022/2023 liegt bei rund einer Milliarde Euro, was einer Steigerung von über 20 Prozent entspricht. Vor dem Hintergrund erschwerter Rahmenbedingungen wie der angespannten Lage auf den Rohstoffmärkten und gestörter Lieferketten sind diese Rekordzahlen umso beeindruckender. Basis dieser positiven Entwicklung war und ist die herausragende Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.



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