Produktivitätsmanagement benötigt aktuelle, vollständige und zuverlässige Daten. Der MDA-Baustein eines modularen Systems sammelt und wertet Betriebsdaten aus. Bereits mit geringem Aufwand wurden so bei Trumpf in Österreich wichtige Hinweise über die Ansatzpunkte einer kontinuierlichen Produktivitätssteigerung gewonnen.
Wer die Biegemaschinenfertigung der Firma Trumpf im österreichischen Pasching betritt, den empfängt eine intensive Fertigungsatmosphäre, deren hohes Maß an Organisation man „förmlich spürt“. So sorgt in der Fertigung unter anderem das Element „Autonome Instandhaltung“ aus der Total Productive Maintenance (TPM) für kontinuierliche Prozessverbesserung. Wie alle Management-Methoden kann auch TPM nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn der Zustand vor, während und nach einer Maßnahme anhand gesicherter Daten objektiv festgestellt werden kann. Die Aktualität, Objektivität und Vollständigkeit der für ein wirksames Produktivitätsmanagement benötigten Daten aus Fertigung und Produktion ist jedoch häufig nicht gegeben. So sind manuelle Aufzeichnungen, wie Einträge in Maschinentagebücher häufig schon schlicht deshalb unvollständig, weil die Bediener viele Maschinenstillstände als normal empfinden.
„Objektiv kann die Verfügbarkeit und die Produktivität einer Werkzeugmaschine mit nur zwei Signalen ermittelt werden“, erläutert Manuel Mayrhofer, TPM-Koordinator bei Trumpf. „Erstens muss festgestellt werden, ob die Maschine gerade spant. Zweitens brauchen wir ein Signal, das anzeigt, wenn ein Teil fertig ist.“ Selbst wenn diese Signale von der Steuerung nicht ausgegeben werden, lassen sie sich meist ohne Modifikation der Automatisierung bereitstellen. Zum Beispiel durch Auswerten geeigneter Signale, die sowieso an der Maschine aufliegen. „Oder durch erfassen des Spindelstroms“, ergänzt Herr Mayrhofer. „Liegt der über einem bestimmten Wert, kann man davon ausgehen, dass die Maschine spant.“ Zehn Maschinen wurden auf diese Weise in ein TPM-System eingebunden. Die Produktivsignale „Maschine spant“ und „Teil fertig“ erfassen zusätzlich installierte Simatic ET200L-Peripheriestationen.
„Natürlich wollen wie wissen, warum eine Maschine gerade steht“, betont Mayrhofer, „damit Verbesserungsmaßnahmen dort ansetzen können, wo sie den stärksten Effekt haben.“ Nach 10 s Stillstand leuchtet deshalb ein unübersehbares Warnsignal auf. Über vorkonfigurierte „Buttons“ kleiner, extra dafür installierter Simatic-Touch-Panel TP177A gibt der Bediener nun den Grund des aktuellen Stillstands an. Zur Sammlung der Produktivsignale und der „Stillstands-Begründungen“ setzt das Paschinger Werk das Modul Machine Data Acquisition (MDA) des Motion-Control-Informationssystems MCIS von Siemens ein. Die eigentliche Datensammlung übernimmt der Interface-Baustein MDA IFC. Er wird normalerweise direkt auf der CNC installiert. Trumpf hat stattdessen die bestehende Maschinenautomatisierung völlig unangetastet gelassen und betreibt den Interface-Baustein auf einer Soft-PLC Simatic WinAC. Dazu wurden drei PC mit Profibus-Interface in der Fertigung installiert. Die darauf ablaufenden MDA-IFC-Bausteine leiten die an ET200L-Stationen und Touch-Panels abgefragten Daten an einen Server-PC weiter. Hier werden sie von einem Serverbaustein gespeichert und stehen nun für Auswertungen abrufbereit.
Auswertungen der aufgelaufenen Daten können an allen PC ausgeführt werden, auf denen die MDA-Bedienoberfläche (MDA HMI) installiert ist. Das Spektrum auf Knopfdruck verfügbarer Analysen reicht von der bedarfsgerechten Visualisierung der aktuellen Situation über statistische Auswertungen zu Verfügbarkeit und Störgründen bis hin zum ausgefeilten Vergleich der Entwicklung über längere Zeiträume. Außerdem kann für jede Maschine eine unternehmensweit einheitliche Kennzahl zur Gesamteffektivität abgefragt werden. Die Berechnung und Anzeige dieser Kennzahl wurde nach Algorithmen, die Trumpf vorgab, zusätzlich in die MCIS-MDA-Software eingebunden.
MCIS MDA wurde zunächst an einem großen Fräszentrum der installiert, um vorab die Wirksamkeit der geplanten Maßnahme zu beurteilen. Bereits in dieser Testphase mit nur einer Maschine wurden erhebliche Rationalisierungseffekte erzielt. Beispiel: Aus den mit MCIS MDA erfassten Daten wurde deutlich, dass viele Stillstände der Engpassmaschine auf Rüstzeiten beim Werkzeugwechsel zurückgehen. Eine eingehende Untersuchung der Situation – gemeinsam mit den Mitarbeitern – führte zur ergonomischeren Aufstellung von Werkzeugmagazin, -montageplatz und -messsystem. Außerdem wurden Fertigungsphasen definiert, in denen der Bediener die Maschine verlassen darf, um Werkzeuge zu montieren und einzumessen. Auch wurde festgelegt, dass die Schruppwerkzeuge während des Schlichtens kontrolliert werden dürfen. Diese einfachen Maßnamen reduzierten die Werkzeugrüstzeiten um bis zu 60 %.
„Datensammlung und Management-Tools bewirken wenig, wenn die Mitarbeiter zur gemeinsamen Spitzenleistung fehlen“, plädiert der Werksleiter Thomas Saiko. Vor diesem Hintergrund hebt Manuel Mayrhofer die Bedeutung des Software-Werkzeugs als objektive Instanz bei der Kommunikation hervor. „Wesentliche Voraussetzung für persönliches Engagement und offene, effiziente Kooperation im Team ist, dass wir nicht den Mitarbeiter, sondern den Prozess kontrollieren.“ Die erfassten Produktivitätsdaten und Störgründe dienen als wertneutrale Beschreibung des Status Quo: Thomas Saiko: „So, wie wir es aus den MCIS-MDA-Auswertungen ablesen, so ist es real. Jetzt können wir gemeinsam die Ursachen der Stillstände aufspüren und beseitigen.“ „Trumpf strebt eine Maschinennutzung von 80 Prozent an. Das ist ein hoher Wert, doch mit MCIS MDA ist dies machbar“, sind sich die Experten sicher.
Hans Peter Richter, Karl Netouschek, Siemens AG, Erlangen und Wien
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