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Mittendrin statt nur dabei

Mitarbeiterbeteiligung: Erfolgsfaktor auch in Krisenzeiten
Mittendrin statt nur dabei

Mittendrin statt nur dabei
Bis zu einem Drittel des jeweiligen Monatsentgelts verschafft die Erfolgsbeteiligung den Mitarbeitern bei AFM Andreas Maier in guten Jahren Bild: AFM
Die Beteiligung der Belegschaft am Ertrag oder Kapital eines Unternehmens kann ein wesentliches Widerstandspotenzial gegen die aktuelle Krise sein. Wenn Interessen und Ziele von Arbeitgebern und Arbeitnehmern enger zusammenrücken, profitiert davon die Rendite und auch das Unternehmen wird stabilisiert.

„Wir wissen, dass Geschäftsleitung und Mitarbeiter nur gemeinsam Unternehmenserfolge erreichen können, und deshalb möchten wir mit Ihnen den Erfolg teilen.“ In diesem Sinne informierte Andreas Maier, Inhaber und Gründer der gleichnamigen Firma, die in Fellbach bei Stuttgart mit 220 Mitarbeitern Spanntechnik und -systeme herstellt, 1986 seine Mitarbeiter über die Einführung einer Erfolgsbeteiligung in seinem Betrieb.

Diese Beteiligung hat sich seither ausgesprochen positiv entwickelt und den Belegschaftsmitgliedern in guten Jahren bis zu einem Drittel des jeweiligen Monatsentgelts eingetragen. Eine Form der Teilnahme am Unternehmenserfolg, die allgemein als Vorläufer einer unmittelbaren Beteiligung von Mitarbeitern am Firmenkapitel betrachtet wird und vor mehr als 40 Jahren auch zu den ersten Modellen gehörte, die die Mitarbeiter nicht allein in die Erwirtschaftung der Erträge, sondern auch in deren persönlichen Genuss einbezogen hat.
Inzwischen hat sich in zahlreichen mittleren Unternehmen die Beteiligung der Mitarbeiter an Ertrag oder Kapital, gerade in der aktuellen Finanzkrise, zu einem wesentlichen Widerstandspotenzial gegen wirtschaftliche Krisen gebildet. Eine Erfahrung, auf die Experten der Mitarbeiterbeteiligung seit langem aufmerksam machen, die sich aber erst jetzt, angesichts der wachsenden Gefahr von Insolvenzen, bestätigt. Schließlich hat auch die Bundesregierung am 1. April dieses Jahres nach langem Hin und Her ein neues Gesetz zur Beteiligung von Mitarbeitern erlassen. Dessen wichtigste Regelung sieht die Erhöhung des steuerlichen Freibetrages vor, den ein Unternehmen einem Mitarbeiter für die Übernahme eines Anteils zur Verfügung stellt: von bisher 135 auf 360 Euro.
Selbst die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) hat darauf hingewiesen: „Mitarbeiterkapitalbeteiligung kann auch als Instrument verstanden werden, um die Interessen und Ziele von Arbeitgebern und Arbeitnehmern stärker zusammen zu bringen.“
Das ist nicht neu, aber hochaktuell und könnte für manchen die Bedeutung eines Rettungsringes erlangen. Fragen danach heute doch nicht allein Firmenchefs, sondern zunehmend auch Mitarbeiter. Bei Maier in Fellbach wird der in diesem Jahr erwartete Umsatz von 30 Mio. Euro wie immer so geteilt, dass die für das Unternehmen notwendige Jahresreserve sichergestellt werden kann und danach zumeist 40 % des Ertrages direkt monatlich den Mitarbeitern gehaltsbezogen ausbezahlt wird.
„Denn es gibt Monate, in denen kein Gewinn erwirtschaftet werden kann, etwa im Ferienmonat August oder im Dezember“, erläutert Hans-Günther Maier, Mitglied der Geschäftsführung. Die Gruppenleiter erhalten monatliche Informationsberichte, die sie ihren Mitarbeitern weitergeben, und auch ein Partnerschaftsausschuss ist vorhanden. In beiden Gremien wirkt ein Betriebsratsmitglied mit. Diese volle Information hält die Firmenleitung für das wichtigste positive Ergebnis ihrer Ertragsbeteiligung, denn „dadurch erfahren unsere Mitarbeiter regelmäßig, in welcher Entwicklung sich die Firma befindet, wie und woran wir arbeiten müssen. Eines Tages, wenn wir uns als Familienbetrieb eine Kapitalbeteiligung vorstellen können, ließe sich auch darüber reden“, betont Maier.
In dem größeren Familienunternehmen der Hoppecke Batterien GmbH & Co. KG, die mit mehr als 1400 Mitarbeitern in Brilon auch Systemlösungen anbietet und 2008 rund 275 Mio. Euro umgesetzt hat, werden heute Genussrechte angeboten. Zuvor wurden Mitarbeiterdarlehen und Stille Beteiligungen genutzt, die im Mittelstand nach wie vor als häufigste Beteiligungsformen gelten, während Konzerne sich vorwiegend der Belegschaftsaktien bedient haben.
Mitarbeiter in unbefristeter Beschäftigung können sich bei Hoppecke seit 1984 durch Genusscheine mit einem Nennwert von 50 Euro am Unternehmen beteiligen, gefördert durch einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss von 135 Euro (wofür das Gesetz die Steuerfreiheit jetzt erweitert hat, so dass man bei Hoppecke daran denkt, das Modell noch weiter auszubauen), sowie einer Gewinn- und Verlustbeteiligung von maximal 25 % des Nennwerts. Die Mitarbeiter können aber auch zum gleichen Nennwert von 50 Euro Genussrechte mit einer Gewinnbeteiligung ankaufen. Auch Sonderzahlungen und Prämien oder vermögenswirksame Leistungen können bei Hoppecke in Form von Genussrechten angelegt werden.
Die Gewinnausschüttung eines Jahres ist auf 25 % des Nennwerts des Genussrechtskapitals begrenzt. Ein Partnerschaftsausschuss wahrt die Interessen der Mitarbeiter. Deren monetärer Nutzen liegt auch in einer Verzinsung, die weit über die bankenüblichen Sätze hinausgeht.
Dr. Marc Zoellner, der geschäftsführende Gesellschafter, auf den die Entwicklung der Beteiligungsmodelle zurückgeht, ist davon überzeugt, dass die Beteiligung von Belegschaftsmitgliedern langfristig Arbeitsplätze sichert und auch die Unabhängigkeit der Firma stärkt. „Als mittelständisches Familienunternehmen in einem ausgeprägten internationalen Wettbewerb müssen wir immer einen Schritt schneller sein als die anderen, und dazu brauchen wir jeden einzelnen. Unser Genussrechtsmodell macht aus Mitarbeitern Mitunternehmer“, sagt Zoellner.
Diesem Trend und gleichzeitig der Erfahrung der Unternehmensstärkung durch Beteiligung der Mitarbeiter folgt auch die Lemken GmbH & Co. KG. Ihre 750 Mitarbeiter im Werk in Alpen/Niederrhein stellen landwirtschaftliche Maschinen her und sind durch eine besondere Form von Erfolgsbeteiligung mit der wirtschaftlichen Entwicklung ihres Betriebes verknüpft. Vor dem Hintergrund einer auch in 2008 mehr als 30%igen Umsatzsteigerung und einer mehr als 12%igen Umsatzrendite nimmt sich ihr Erfolgsbeteiligungsmodell, das 1997 eingerichtet worden ist, auch 2009 attraktiv aus.
Personalleiter Herbert Oymann skizziert: „Für die freiwillige Teilnahme an unserem Chancen- und Risiko-Erfolgsbeteiligungs-Modell profitiert die Belegschaft wie das Unternehmen. Jedes Belegschaftsmitglied kann sich in jedem Jahr neu entscheiden, ob es einen Risikobeitrag von 400, 800 oder 1200 Euro oder auch einen Arbeitsstundenbeitrag von 30, 40 oder 50 Stunden je nach persönlichem Stundensatz oder eine Kombination aus Geldbetrag und Stunden leisten möchte.
Der Lemken-Personalchef ist sicher, dass „diese Einrichtung wesentlich dazu beigetragen hat, dass Lemken in den vergangenen Jahren eine erhebliche Renditeverbesserung erreicht hat“, da sich die Mitarbeiter permanent in die Unternehmenssituation einbezogen fühlen.“
Rosemarie Fiedler-Winter Journalistin in Hamburg

Stimmrechtsdrittel bei allen Entscheidungen

Im Spritzgiesswerk Risse in Warstein-Suttrop gibt es seit 1978 eine Beteiligung der Mitarbeiter und seit 1983 eine Mitarbeitergesellschaft, der heute fast alle 160 Belegschaftsmitglieder angehören. Diese halten 30 % des Firmenkapitals und verfügen über ein Stimmrechtsdrittel bei allen Entscheidungen. Voraussetzung ist eine zweijährige Betriebszugehörigkeit. Der Anteilserwerb ist pro Mitarbeiter auf 5 % des Nennwertes aller in Umlauf befindlichen Anteilsscheine begrenzt. Jeder Gesellschafter erhält eine Jahresergebnisrechnung, nach der die Gesellschafterversammlung den Nettogewinn fixiert und auf die Gesellschaftsanteile verteilt.
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