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Produktionsverlagerung gefährdet Stellung

Wertschöpfung im Hochlohnland D ist in der Bilanz die bessere Lösung
Produktionsverlagerung gefährdet Stellung

Häufig wird Wertschöpfung verlagert, ohne zuvor ernsthaft zu prüfen inwieweit sich die heimische Produktion effizienter gestaltet lässt. Die strategische Offensive „Intelligenter Produzieren am Standort Deutschland“ könnte Abhilfe schaffen.

Vielleicht ist es auch ein Wahrnehmungsproblem: Obwohl sie unmittelbar lediglich ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts generiert, trägt die produzierende Industrie mit ihrer Nachfrage auch weite Teile der aus Dienstleistung, Verkehr und Finanzwirtschaft entstehenden Wirtschaftsleistung Deutschlands. Der Exportbeitrag und auch der Anteil an den Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Wirtschaft liegen sogar bei 90 %.

„Diese Schlüsselstellung des verarbeitenden Gewerbes wird durch Produktionsverlagerungen ins Ausland gefährdet“, warnt Prof. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG). Auch wenn solche Verlagerungen jüngst zurückgegangen seien, hätten zwischen Mitte 2004 und Mitte 2006 dennoch 15 % der industriell produzierenden Betriebe Teile ihrer Wertschöpfung ins Ausland verlagert. Panelanalysen zeigten zwar, dass auf jede vierte bis sechste Verlagerung innerhalb von vier, fünf Jahren eine Rückverlagerung folge. „Der Saldo“, betont Bullinger, „ist jedoch nach wie vor negativ.“
Dass Produktionsverlagerungen bei der Erschließung neuer Absatzmärkte zunächst durchaus positive Effekte auf die Heimatstandorte haben können, entschärft das Problem nicht zwingend. Im Gegenteil: Die vorwiegend kostengetriebene Verlagerung ganzer Wertschöpfungsketten trägt zur Erosion der industriellen Basis der Republik bei. „Gesamtwirtschaftlich betrachtet, dürfen Verlagerungen nur dann im Sinne einer ultima ratio angezeigt sein, wenn zuvor alle Erfolg versprechenden – sprich: intelligenten – Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz an deutschen Produktionsstandorten ausgeschöpft wurden“, hebt Hans-Jörg Bullinger ausdrücklich hervor. Das Einsparpotenzial jeder Verlagerung müsse sorgfältig ins Verhältnis gesetzt werden zu den neu entstehenden Kosten, vor allem den zusätzlichen Koordinations- und Anlaufaufwendungen.
Dies jedoch ist keineswegs das Standard-Procedere: Wie Analysen zeigen, scheinen in vielen Fällen Verlagerungsentscheidungen getroffen worden zu sein, bevor die Unternehmen kreativere Lösungen ernsthaft ausgereizt hatten, ihre Produktion am Standort D effizienter zu gestalten. Sicher: In solchen Fällen bietet sich eine Verlagerung als die vordergründig einfachere Lösung an. Im Nachhinein stellt sie sich aber nicht selten als teure Fehlentscheidung heraus. Vor diesem Hintergrund fordert FhG-Präsident Bullinger die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes auf, ihre Produktion in Deutschland kreativer zu gestalten und damit Alternativen zu einer Verlagerung zu schaffen. Unter dem Strich sei dies betriebs- wie volkswirtschaftlich die bessere Lösung.
Die strategische Offensive „Intelligenter Produzieren am Standort Deutschland“ könne insoweit dazu beitragen, die industrielle Produktion im Hochlohnland zu halten. Dabei könne sie sich auf vier miteinander verzahnte Schwerpunkte stützen:
  • energieeffizientere Produktion,
  • das Forschen und Entwickeln in Netzwerken,
  • stärkere Kundenorientierung mit höherer Flexibilität, Individualität und Agilität sowie
  • neue Fertigungskonzepte.
Dabei seien die Aussichten der Unternehmen prinzipiell gut, sagt Hans-Jörg Bullinger. Viele positive Beispiele zeigten bereits heute, wie sich Produktionsprozesse durchschlagend gestalten ließen. Betriebe mit einer transparenten Unternehmensvision, mit klar gesetzten sowie – nach außen wie innen – vermittelten Zielen agierten auch nachhaltig und mit Erfolg in ihren Märkten. Denn mit der Konzentration auf die Fähigkeit zur fortlaufenden Innovation rückten in den Hochlohnländern die Mitarbeiter in die entscheidende Position: „Sie sind es, die mit ihrer Kreativität und Motivation die Basis für künftige Wettbewerbsfähigkeit legen.“
Kostenreduktion allein führe nicht zur Differenzierung im Markt. Sie führe zu extremem Preiswettbewerb. Dies aber könne nicht die Strategie für hoch industrialisierte Länder sein. „Vielmehr geht es darum, komplexe Prozesse und Strukturen zu beherrschen und daraus Alleinstellungsmerkmale und Wettbewerbsvorteile abzuleiten“, bekräftigt der FhG-Präsident. Der Exzellenz Cluster der RWTH Aachen etwa bearbeite in einem sehr umfangreichen Forschungsverbund und in Begleitung von mehr als 60 führenden Industrieunternehmen Fragen, um Produktionsorganisation und Produktionsbetrieb in Hochlohnländern neu zu gestalten, effizient zu organisieren und zu führen.
Wolfgang Filì Journalist in Köln
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