Die meisten internationalen Webangebote hiesiger Mittelständler sind „nur“ aus dem Deutschen in die jeweilige Landessprache übersetzt. Mangels Abstimmung auf inter- kulturelle Unterschiede verschenken sie Potenziale bei der Ansprache internationaler Erstkunden.
Auch kleinere exportorientierte Industrieunternehmen betreiben heute eigene Websites. Doch wie kundenorientiert sind deren Angebote tatsächlich? Und inwieweit gehen sie auf die unterschiedlichen Informations- und Nutzungsgewohnheiten internationaler Kunden im Web ein? Eine umfassende empirischen Studie der Dr. Šonje Webconsult GmbH – zusammen mit der European School of Business an der Hochschule Reutlingen – hat das Webangebot von 120 Industriefirmen aus Baden-Württemberg analysiert und die Verantwortlichen in den Unternehmen zu ihren Zielen und Strategien im Web befragt.
Überraschend ist der betriebene Aufwand: Über 90 % der untersuchten B2B-Websites sind zweisprachig, die meisten auf Deutsch und Englisch. Über diese „Pflicht“ hinaus bieten mehr als 44 % der Seiten eine weitere Sprache, nicht selten sogar mehrere. Der mit der Erstellung und vor allem der Pflege einhergehende Aufwand spricht dafür, dass sich viele Unternehmen der Bedeutung internationaler Webkommunikation bewusst sind.
Befragt nach den wichtigsten Erwartungen an die Internationalisierung ihres Webangebotes, gaben jeweils 83 % an, dass sie sich vor allem mehr internationale Erstkundenkontakte sowie eine Verbesserung der Erstberatung dieses Kundenkreises erhoffen.
Eine vergleichende Analyse der Inhalte oder deren Umsetzung zeigt aber, dass die meisten internationalen Webangebote „nur“ aus dem Deutschen in die jeweilige Landessprache übersetzt sind. An kulturspezifische Seh- und Nutzungsgewohnheiten wurde zumeist nicht angepasst. Gleich welchem Kulturkreis der Kunde enstammt, wird jedem eine durch und durch deutsche Website angeboten.
Vergleichende internationale Untersuchungen zeigen, dass es beim Herstellen des Erstkontaktes primär um den Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit geht. Erst wenn sich der Interessent weitgehend sicher ist, dem Informationsanbieter trauen zu können, wird er den Kontakt etwa zum potenziellen Lieferanten auch herstellen. Gehandelt wird dabei nach kulturtypischen Mustern.
Die typisch deutsche, sehr starke Sach- und Produktorientierung ist für südamerikanische oder asiatische Entscheider eher ungewohnt. Dies bedeutet nicht, dass technische Informationen unwichtig sind. Aber Informationen, wie die Darstellung erfolgreicher Referenzprojekte direkt vor Ort oder die Biografie des Unternehmensgründers, spielen eine wichtigere Rolle als hierzulande.
Ein weiterer wichtiger interkultureller Unterschied ist die Bereitschaft von Entscheidern, sich auf Risiken einzulassen. Asiatische Manager sind tendenziell eher risikoavers, sie sammeln möglichst viele Informationen etwa über einen potenziellen Lieferanten und fällen dann Entscheidungen zumeist in einem kollektiven Prozess. US-Entscheider hingegen suchen bereits in einer frühen Phase der Entscheidung den direkten Kontakt zum Lieferanten. Auf dem japanischen Markt wäre dies ungewöhnlich.
Dies zeigt klar: Die auf interkulturelle Unterschiede nicht abgestimmten Webangebote erschweren es Erstkunden aus dem Ausland, sich ein angemessenes Bild von Unternehmen zu machen und führen zu Skepsis, die sich vermeiden ließe. Letztlich werden so Potenziale bei der Ansprache von internationalen Erstkunden verschenkt.
Dr. Deziderio Šonje Geschäftsführer Dr. Šonje Webconsult, Stuttgart
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