Bei immer mehr Unternehmen steht der Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur auf der Agenda – sei es beispielsweise, um die Elektrifizierung der eigenen Flotte zu ergänzen und die CO2-Emissionen auch zur Erfüllung der ESG-Anforderungen (ESG = Environment, Social, Governance) zu senken oder auch um ihre Immobilien aufzuwerten und mit Blick auf gängige ESG-Kriterien bei der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) oder in der BREEAM-Zertifizierung (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology) ein besseres Ranking zu erreichen.
Der Markt für Ladeinfrastruktur ist allerdings groß und so mag für manche Unternehmen die Versuchung naheliegen, den Aufbau eigener Ladekapazitäten mit dem Kauf günstiger Ladesäulen oder Wallboxen zu starten. Aber nicht alle Ladesäulen bringen die erforderlichen und gewünschten Eigenschaften mit, um sie dann mit nachhaltigem Nutzwert auf dem Firmengelände oder an Unternehmensgebäuden zu installieren. Auch die technische Komplexität solcher Projekte kann leicht übersehen werden – zum Beispiel, was notwendige elektrische Installationen, die Betriebssicherheit, aber auch die Skalierbarkeit, Vernetzbarkeit und Zukunftsfähigkeit von Ladeinfrastruktur betrifft.
Aufbau eigener Ladeinfrastruktur systematisch aufsetzen
Um der Komplexität beim Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur gerecht zu werden, empfiehlt es sich, sie systematisch anzugehen und für die Umsetzung eines solchen Projekts folgende Phasen im Auge zu behalten:
- Planung und Konzeption mit Standortkonzept, Umsetzungsplanung inklusive Genehmigungen und Ausführungsplanung mit Berücksichtigung individueller Anforderungen und Wünsche wie beispielsweise PV-Integration, Fuhrparkanalyse oder Brandschutzkonzept.
- Fachgerechte Installation der gewünschten Ladestationen und benötigter elektrischer Infrastruktur inklusive Vernetzung und Prüfung sowie Einbindung von Photovoltaik oder die Integration eines Lastmanagements.
- Betrieb und Abrechnung inklusive Monitoring und Hotline-Services, Wartung und Instandhaltung sowie Nutzermanagement.
Gerade die Planungs- und Konzeptionsphase ist dabei wichtig, um ein Ladeinfrastrukturprojekt sicher und maßgeschneidert aufzusetzen und zukunftsfähig auszurichten, damit die Investitionen in Ladeinfrastruktur dem Unternehmen nachhaltig und langfristig nützen. Eine gute Planung sollte dabei herstellerunabhängig sein und für aktuelle und zukünftige Nutzungsszenarien eine optimal abgestimmte Energie- und Kabelinfrastruktur mit passenden Ladestationen und intelligentem Lastmanagement beinhalten sowie die Einbindung erneuerbarer Energien berücksichtigen. Hier ist viel fachplanerische Kompetenz gefragt, so dass es sich für Unternehmen wohl in den meisten Fällen lohnt externe Dienstleister in ihr Ladeinfrastrukturprojekt einzubeziehen – auch wenn man zunächst einmal in kleinem Umfang – zum Beispiel mit drei bis zehn Ladeplätzen – starten möchte.
Was zu einer guten Ladeinfrastruktur-Planung gehört
Eine gute Planung hat zum Ziel, ein Ladeinfrastrukturkonzept zu liefern, das aktuelle und künftige Anforderungen und Nutzungsszenarien berücksichtigt und dafür beispielsweise folgende Fragen klärt: Geht es darum die eigene Firmenflotte zu elektrifizieren, zu erweitern und die Lademöglichkeiten entsprechend zu auszubauen? Sollen die Firmenwagen auf dem Betriebsgelände oder per Wallbox bei den Mitarbeitern zuhause geladen werden? Ist die Nutzung von PV-Anlagen oder anderer erneuerbarer Energien geplant? Welche Abrechnungsmodelle will ein Unternehmen umsetzen? Außerdem muss die Machbarkeit des Projekts geklärt werden, so dass das Unternehmen eine klare Entscheidungsgrundlage mit realistischem Kostenüberblick bekommt.
Eine gute Planung sollte eine Bestandsaufnahme und -analyse sowie Fördermittelberatung und eine Ergebnisdokumentation umfassen – im besten Fall mit bestellfertigem Angebot für das Gesamtprojekt. Gerade die Datenaufnahme und -analyse ist hier ein wichtiger Part, weil dabei zunächst alle wichtigen Rahmenbedingungen und Parameter für das Ladeinfrastrukturprojekt betrachtet und einbezogen werden. Dazu gehören beispielsweise:
- die Kommunikation mit Netzbetreiber und Energieversorger,
- die Ermittlung und Analyse des Lastprofils am Standort,
- die Begehung und Prüfung der Liegenschaft vor Ort,
- die Aufnahme vorhandener Elektroinstallation,
- die Bestimmung der Montageerfordernisse,
- die Aufmaßnahme für die erforderliche Kabelinfrastruktur sowie
- die Definition notwendiger Ladepunkte und
- die herstellerneutrale Empfehlung der optimalen Ladesäulen- oder Wallbox-Hardware.
Für komplexere Projekte kann es außerdem wichtig sein, folgende Fragen im Vorfeld zu beantworten: Wie soll das Lastmanagement ausgelegt und umgesetzt werden? Welche Nutzergruppen gibt es und welche Zugangsrechte und Abrechnungsmodelle sollen sie erhalten? Muss die eigene Anschlussleistung vergrößert werden und was muss dabei mit dem Netzbetreiber abgestimmt und genehmigt werden? Wer kann das eigene Unternehmen bei der Beantragung von Fördermitteln unterstützen? Und: Welches Modell ist finanziell für das eigene Unternehmen lohnenswerter: Ladeinfrastruktur kaufen oder mieten? Die Liste offener Fragen und zu klärender Parameter für ein Ladeinfrastrukturprojekt in Unternehmen ist lang. Und sie wächst weiter mit der Komplexität und dem Umfang eines Projektes, wenn beispielsweise eigene PV einbezogen oder große Flotten und Immobilienbestände mit bis zu 200 Ladeplätzen ausgestattet werden sollen. Gemeinsam mit einem Dienstleister, der die notwendige Fachexpertise mitbringt, lässt sich die eigene Ladeinfrastruktur von Beginn an auf ein sicheres Fundament stellen, das auch für künftige Szenarien beste Perspektiven bietet.
8 Must-Haves für Ladestationen in Unternehmen
Bei der Auswahl von Ladestationen ist es wichtig, dass sie gut in das erarbeitete Ladeinfrastrukturkonzept passen. Hilfreich ist, wenn beratende Dienstleister hier herstellerneutral Empfehlungen aussprechen können und nicht an bestimmte Lieferanten gebunden sind. Grundsätzlich haben Unternehmen die Wahl zwischen Wallboxen und Ladesäulen für:
- das Normalladen (AC) mit bis zu 22 kW Ladeleistung und für Ladezeiten zwischen 4–8 Stunden
- das Schnellladen (DC) mit Ladeleistung ab 50 kW für kurze Ladezeiten von 1–2 Stunden sowie
- für das Ultraschnellladen (HPC) mit Ladeleistung ab 150 kW für kürzeste Ladezeiten von weniger als einer Stunde oder zum Beispiel für Nutzfahrzeuge mit großer Batteriekapazität.
In jedem Fall sollten die Ladestationen folgende Eigenschaften mitbringen:
1. Mechanische und elektrische Sicherheit
Dass Ladestationen sicher betrieben werden können, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch empfiehlt es sich auf folgende Eigenschaften zu achten, weil günstige Modelle hier teilweise schwach ausgerüstet sind, so dass es im laufenden Betrieb zu Ausfällen kommen kann oder nachträglich ergänzende Sicherheitsinstallationen vorgenommen werden müssen. Ladestationen sollten ein robustes Gehäusedesign der Schutzklasse IP 44 mitbringen und elektrisch für den Innen- und Außenbereich ausgerichtet, damit sie gegen Vandalismus ebenso geschützt sind wie gegen Umwelt- und Wettereinflüsse. Für elektrische Sicherheit sollten FI-Schutz, DC-Fehlerstromerkennung und Überspannungsschutz in die Ladestation integriert sein. Das macht entsprechende Modelle zwar im Stückpreis teurer, dafür erspart man sich aber die separate Installation dieser elektrischen Sicherheitsmechanismen und die dafür anfallenden Kosten.
2. Vernetzbarkeit mit Backend-System und integriertes Lastmanagement
Damit eine Ladestation komfortabel zentralisiert betrieben werden kann, braucht sie eine Verbindung zu einem Managementsystem im Backend. Diese Vernetzung sorgt dafür, dass Daten beispielsweise über die Benutzer und Verbräuche, die an der Ladestation anfallen, in den nachfolgenden Geschäftsprozessen wie beispielsweise Abrechnung weiterverwendet werden können. Auch die Einbindung in ein Energiemanagement-System des Unternehmens ist dadurch beispielsweise möglich. Diese Vernetzung zum Backbone wird bei den verfügbaren Ladestationen am Markt üblicherweise durch das integrierte Standard-Protokoll OCPP sichergestellt. Neben der Vernetzbarkeit sollten Ladestationen auch ein Lastmanagement mitbringen, das in die Ladestationssoftware integriert ist. So lassen sich sehr einfach Lastmanagement-Cluster zusammenfassen, die entweder allein betrieben oder zusammen mit weiteren Clustern an ein übergeordnetes Lastmanagementsystem angebunden werden können.
3. Hohe Zuverlässigkeit im Betrieb
Aktuell gibt es zwar eine große Auswahl von Ladestationen verschiedenster Hersteller am Markt. Allerdings fehlen noch umfassende Tests und anerkannte Prüfsiegel, die Unternehmen genaueren Aufschluss über deren Zuverlässigkeit im laufenden Betrieb liefern. Chargemaker hat deshalb als herstellerunabhängiger Dienstleister ein eigenes Testlabor eingerichtet, in dem zum Beispiel die Ausfallhäufigkeit und Bedienbarkeit von Ladestationen verschiedener Hersteller unter die Lupe genommen werden, bevor sie für den Einsatz bei einem Kunden empfohlen werden.
4. Einhaltung von zukünftigen Ladestandards
In den nächsten Jahren wird sich der Ladestandard Plug & Charge nach ISO 15118 in Deutschland und Europa sukzessive etablieren. Plug & Charge bedeutet, dass man nur noch das Ladekabel in die Ladestation stecken muss, die Autorisierung und Abrechnung des Ladevorgangs erfolgt dann automatisch. Wichtig für die Ladesäule ist hierbei, dass sie schon heute die technischen Voraussetzungen mitbringt, damit sich die aktuellen Investitionen in Ladeinfrastruktur auch langfristig lohnen.
5. Eichrechtskonformität für rechtssichere Abrechnungen
Die Eichrechtskonformität von Ladestationen und Zählern ist für alle Unternehmen wichtig, die für ihre E-Mobilisten rechtssichere Abrechnungen über den geladenen Strom erstellen wollen und müssen. Darauf gilt es bei der Auswahl der Ladestation besonders zu achten, denn nicht jedes Modell erfüllt dieses Kriterium.
6. Flexible Authentifizierung der Nutzer
Die Authentifizierung für das Laden sollte flexibel mit verschiedenen Technologien ermöglicht werden können, damit Unternehmen gewünschte Nutzungsszenarien gut abbilden können. Häufig kommt dazu RFID-Technologie per Schlüsselanhänger, Karte oder Label zum Einsatz, möglich sind aber auch Charging-Apps sowie Ad-hoc-Laden über den QR-Code an der Ladesäule oder ein Kreditkarten-Terminal.
7. Nachvollziehbarer Lade- und Betriebszustand
Das Anzeigen von Ladezustand, Energiemenge, Ladeleistung oder der Kosten erhöhen die Transparenz und den Komfort beim Ladeprozess. Allerdings sind Displays auch ein wichtiger Kostenfaktor der Ladestation-Hardware. Bei der Auswahl gilt es, den passenden Kompromiss zwischen Ladekomfort und Anschaffungskosten zu finden.
8. Möglichkeiten für Unternehmens-Branding
Viele Unternehmen legen gegenüber ihren Mitarbeitenden und Gästen Wert auf durchgängiges Branding. Manche Anbieter von Ladestationen ermöglichen daher eine individuelle, unternehmenseigene Gestaltung ihrer Wallboxen und Ladesäulen – vom Aufbringen des Firmenlogos bis hin zur kompletten Folierung – durch einen speziellen Dienstleister vor der Auslieferung oder bei hohen Stückzahlen oft sogar ab Werk.
Gehen Unternehmen den Aufbau ihrer Ladestruktur systematisch mit sorgfältiger Planung und bewusster Auswahl ihrer Ladestationen an, können sie nachhaltig und langfristig von ihren Investitionen profitieren und sind auch für zukünftige Nutzungsszenarien der E-Mobilität bestens gerüstet.