Das Jahr 2022 war herausfordernd und durch zahlreiche Krisen gezeichnet, welche auch eine riskante Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Energieimporten zeigten. Der Bericht des Global Carbon Projects von November letzten Jahres verdeutlichte ebenfalls die dringend notwendige Neuausrichtung der deutschen und europäischen Energiepolitik: So lagen laut Prognosen die fossilen CO2-Emissionen weltweit mit 36,6 Mrd. t CO2 immer noch auf einem hohen Niveau, die Zunahme ist dabei vor allem auf den wieder ansteigenden Flugverkehr zurückzuführen.
Gleichzeitig hat das vergangene Jahr eine neue Ära für die Transformation zur Klimaneutralität eingeläutet. Sowohl in der Bevölkerung als auch bei Unternehmen hat ein Umdenken stattgefunden und die Nachfrage nach erneuerbaren Energien und umweltfreundlichen Verfahren ist gestiegen. Insbesondere einflussreiche und energieintensive Branchen wie etwa der Verkehrs- und Industriesektor legen den Fokus verstärkt auf die Nutzung neuer Technologien. Doch welche alternativen Kraftstoffe können genutzt werden, um eine langfristige Dekarbonisierung zu erzielen?
Dem verfahrenstechnischen Anlagenbau kommt bei der Energiewende eine Schlüsselfunktion zu. Die EDL Anlagenbau Gesellschaft aus Leipzig, Teil der österreichischen Pörner Gruppe, hat innerhalb der letzten Jahre die Entwicklung und Umsetzung umwelttechnischer Verfahren für eine Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft ausgebaut. Ein Großprojekt ist dabei die Errichtung der weltweit ersten Industrieanlage zur Herstellung von nachhaltigem Flugkraftstoff.
50.000 t e-Kerosin pro Jahr
Der Anteil des Flugverkehrs an der globalen Erderwärmung beträgt schon heute mehr als 5 %. Die Luftfahrt muss reagieren und den fossilen Kraftstoff durch alternative Produkte, die unter Nutzung von erneuerbarem Strom hergestellt werden, ersetzen. Die Nachhaltigkeitsziele sind jedoch ambitioniert: Mit Einführung einer gesetzlichen Unterquote für strombasierte SAF (Sustainable Aviation Fuel), auch als e-SAF, e-Kerosin oder Power-to-Liquid- (PtL-)Kerosin bezeichnet, benötigen deutsche Verkehrsflughäfen in 2030 ca. 200.000 t e-SAF als eigenständige Zumischung im JET A-1. Auch das Netto-Null-Ziel der Europäischen Union bis 2050 klimaneutral zu sein, erhöht den Druck auf die Verkehrs- und Luftfahrtindustrie auf ihrem Weg zur Defossilisierung.
Als technologieorientiertes Anlagenbauunternehmen mit langjähriger Erfahrung im Raffinerieanlagenbau hat die EDL Anlagenbau Gesellschaft eine industriell einsetzbare PtX-Technologie entwickelt. Diese basiert auf industriell erprobten Einzeltechnologien (TRL 9) zur Herstellung von PtL-Kerosin und kann einen Großteil der benötigten e-SAF-Produktionsmenge abdecken. Die HyKero-Technologie (aus dem Englischen hydrogen und kerosene) ermöglicht eine CO2-emissionsfreie Produktion von PtL-Kerosin. Das HyKero-Projekt ist eines der ausgewählten IPCEI-Projekte (IPCEI – Important Projects of Common European Interest), die eine staatliche Förderung erhalten sollen. Erst kürzlich wurde dazu bekannt gegeben, dass die Industrieanlage zu jenen Wasserstoffprojekten zählt, die vom Freistaat Sachsen in Höhe von 57,8 Mio. Euro kofinanziert werden. Die Power-to-X-Anlage entsteht im Industriepark Böhlen-Lippendorf und wird ab 2026 jährlich rund 50.000 t PtL-Kerosin erzeugen, was dem derzeit weltweit größten Produktionsvolumen von PtL-Kerosin entspricht.
CO2-neutrale Produktion
Für die Herstellung des nachhaltigen synthetischen Flugkraftstoffs werden ausschließlich grüne Ausgangsstoffe verwendet: erneuerbare elektrische Energie, nachhaltige Kohlenstoffquellen und Wasser. Mittels Elektrolyse wird grüner Wasserstoff erzeugt, der als ein wichtiger Bestandteil der Energiewende gilt. Es ist nicht nur ein vielseitig einsetzbarer Energieträger, sondern eignet sich ideal als flexibles Speichermedium für volatilen Wind- oder Solarstrom. Ihm kommt damit eine wichtige Rolle bei der Sektorenkoppelung zu. Wasserstoff oder seine mittels Power-to-X-Technologie hergestellten Folgeprodukte können Bereiche dekarbonisieren, wo erneuerbarer Strom kaum direkt verwendbar ist, wie in der Luftfahrtindustrie. Der in der Anlage erzeugte Wasserstoff wird anschließend zur Synthesegasherstellung genutzt und in weiteren nachgelagerten Prozessstufen in erneuerbaren synthetischen Flugkraftstoff umgewandelt.
Wesentliche Vorteile des erneuerbaren Flugkraftstoffs PtL-Kerosin sind:
- Nahezu 100 % Klimaneutralität.
- Reduzierung von Stickstoffemissionen um 12 – 25 %.
- Reduzierung von Feinstaubemissionen um 95 %.
- Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs um 2 – 15 %.
- Wasserverbrauch praktisch Null gegenüber erneuerbaren Flugkraftstoffen aus angebauten Biomassen.
- Keine neue Logistikinfrastruktur, bestehende Flugzeuge können unverändert weiter genutzt werden.
Die HyKero-Anlage ermöglicht einen ökobilanziell emissionsfreien Anlagenbetrieb, da Prozessgase und anfallende Nebenprodukte innerhalb der Anlage vollständig genutzt werden. Somit wird ein CO2-neutraler Fußabdruck der Anlage gewährleistet.
Notwendigkeit politischer Rahmenbedingungen
Die Energiewende hat durch die derzeitigen weltpolitischen Entwicklungen an Fahrt aufgenommen. Der Industrie bieten sich hierbei enorme Chancen, durch technologische Innovationen dem Klimawandel entgegenzuwirken. Der verfahrenstechnische Anlagenbau stellt dabei die notwendigen Konzepte und Verfahren zur Verfügung. Die umweltgerechte Umstellung der Energie- und Produktionssysteme erfordert hohe Investitionen, ermöglicht aber zugleich neue Wertschöpfungsketten. Für eine flächendeckende Umsetzung bedarf es gesetzlicher Rahmenbedingungen und ambitionierter Maßnahmen der Regierung, um den Weg zur Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft nicht zu verlangsamen.
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