Zumindest beim flüchtigen Blick auf die Entwicklung der Gaspreise könnte sich der Eindruck aufdrängen, dass die Euphorie für energieeffiziente Objekte im Industriezweig verflogen sei. Betrug der monatliche Durchschnittspreis für Gas im Juni 2023 noch 43 Euro pro MW/h, sind es im Januar 2024 33 Euro pro MW/h. Eine Momentaufnahme. Doch verglichen mit dem rapiden Preisanstieg nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022, unterstreicht diese Entwicklung eine Stabilisierung des Preisniveaus. Kurzum hat diese Dynamik das Potential, die Relevanz von energieeffizienten Gebäudebetrieben mindestens abzuschwächen. Doch die vorübergehende Frühjahrsmilde bei den Preisen für Gas oder Öl könnte schnell wieder enden. Selbst langgediente Ökonominnen und Ökonomen trauen sich belastbare Voraussagen über die weitere Entwicklung bei den Rohstoffpreisen kaum zu. Vieles hängt dabei von der weiteren politischen Entwicklung in Osteuropa sowie im Nahen Osten ab. Und leider stehen in beiden Regionen laut Experten die Zeichen nicht auf Entspannung.
Vielmehr kann es Sinn machen, die derzeitige Lage bei den Preisen eher dafür zu nutzen, Kapital für Maßnahmen in energieeffiziente Gebäudebetriebe zu investieren. Für das Erreichen der Klimaziele – Deutschland will bereits 2024 und damit fünf Jahre vor der gesamten EU die Klimaneutralität erreicht haben – spielt der Industriebereich eine zentrale Rolle. Das betrifft nicht nur Maschinen und Anlagen, sondern und vor allem viele Industrieimmobilien. Diese spielen bei der Betrachtung des Gebäudesektors im Rahmen des Umstiegs auf erneuerbare und mehrere Energiequellen in der öffentlichen, aber auch politischen Situation eine geringe Rolle. Meist dreht sich alles um Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäuser, die von Öl und Gas auf die Wärmepumpe umrüsten sollten. Doch ohne ein gleichzeitiges Energieeffizienzprogramm bei Industrieimmobilien werden die ambitionierten Klimaschutzpläne der Bundesregierung Makulatur bleiben.
Keine Alternative zur Energieeffizienz
Politik, aber auch Vorstände von Industrieunternehmen mit größerem Gebäudebestand müssen umdenken. Klar ist: Sie haben derzeit viele, sehr viele Themen auf dem Tisch. Die Margen sinken, die Kosten steigen, wer kann da noch in Energieeffizienz investieren? Doch nochmals: Von der aktuellen leichten Entwarnung in puncto Preise für fossile Energien sollte sich niemand täuschen lassen. Vor allem, da die meisten Effizienzmaßnahmen, wenn von einer Hand analysiert, konzeptioniert und durchgeführt, einen kurzen Return on Investment (ROI) haben. Der Energiepreis verschiebt diesen nur überschaubar.
Unternehmerinnen und Unternehmer müssen stets in die Zukunft blicken und mit dieser kalkulieren. Und da stehen die Zeichen ganz klar auf weiteren Preissteigerungen und steuerlichen Erhöhungen auf die Emissionen aus fossilen Quellen. Das im November 2023 beschlossene „Energieeffizienzgesetz“ gibt den Takt bereits heute vor – und dieser Takt wird sich ohne Fragen verschärfen. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen und öffentliche Einrichtungen dazu, Energieeinsparmaßnahmen zu ergreifen und entsprechende Managementsysteme zu implementieren. Die Revolution in der Nutzung von KI und Smart-Home-Technik macht auch vor dem Sektor der Industrieimmobilien nicht halt. Eine akribische Analyse der aktuellen Zustände und Problembereiche bildet den Ausgangspunkt jedes Projekts: Sie dient der Identifizierung, Verifizierung und Quantifizierung der größten Energieverbraucher innerhalb eines Unternehmens oder einer bestimmten Industrieimmobilie. An welchen Stellen im Gebäude wird die meiste Energie verbraucht und wo entstehen die meisten Kosten? Hierbei leisten KI und smarte Technologien wertvolle Dienste – beispielsweise in Form intelligenten Raum- und Gebäudesteuerungen, adaptiven Beleuchtungssystemen und Energiemanagement als Schlüsselelemente.
Die Vielzahl an Förderungen auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene erleichtert besonders KMUs die Entscheidung für energieeffiziente Maßnahmen durch finanzielle Anreize und fachliche Beratung.
Laut Umweltbundesamt bergen insbesondere die Bereiche der Drucklufttechnik, Pumpen und Lüftungssysteme großes Einsparpotenzial – bis zu 44 Mrd. kWh Strom könnten so Jahr für Jahr eingespart werden. Dem vorangestellt ist die optimale Regelung und Steuerung der Anlagen sowie die horizontale Verknüpfung verschiedener sich gegenseitig beeinflussender Bereiche.
Doch für eine Vertiefung der Energieeffizienz-Maßnahmen aus 2023/24, braucht es zum Teil auch neue Ansätze. Denn nicht alles, was effektiv ist, ist auch effizient. Beispiel Flächennutzung: Es macht in Zeiten von Homeoffice und Mobile Work beispielsweise keinen Sinn mehr, im Energieverbrauch nur das Gebäude an sich anzugeben. Hervorzuheben sind im Nichtwohngebäudebereich – also auch in der Industrie – Ansätze, die die effektive Flächennutzung stärker als je zuvor priorisieren. Nicht mehr der Energieverbrauch pro Gebäude, sondern pro genutzten Quadratmeter unter Berücksichtigung baulicher und standortspezifischer Bedingungen würden auch bei industriellen Gebäudebetrieben den Energieverbrauch nachhaltiger gestalten.
Das alles unter der Berücksichtigung der Nutzungsweise. Dafür müsste die Flächennutzung erfasst werden, um die energetische Versorgung zu optimieren. Welche Menge steht zur Verfügung und welche Menge wird in welcher Form genutzt, ist die Formel für weitere Effizienzsteigerungen. Wie Flächen 2024/25 ressourcenschonend betrieben werden, wird die Diskussion um energieeffiziente Industrieobjekte wesentlich beeinflussen.