Bosch kombiniert das Internet der Dinge (IoT) mit künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) und setzt auf Elektromobilität, um aus technologischen und ökologischen Umbrüchen neue Geschäftschancen zu erschließen. „Bosch hat das Corona-Jahr 2020 gut gemeistert“, erklärte Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, anlässlich der Vorlage des Geschäftsberichts 2020. „Wir gehören zu den Gewinnern der Elektrifizierung und bauen unser Softwaregeschäft durch Vernetzung mit künstlicher Intelligenz deutlich aus.“
In der Antriebstechnik etabliert sich die Elektromobilität bei Bosch als Kerngeschäft. Dafür erbringt das Unternehmen laut Denner hohe Vorleistungen, allein 700 Millionen Euro in diesem Jahr. Insgesamt hat Bosch bereits fünf Milliarden Euro an Vorleistungen für die Elektromobilität aufgewendet. Derzeit wächst der Umsatz für elektrische Antriebskomponenten von Bosch mit nahezu 40 Prozent doppelt so stark wie der Markt. Bis 2025 soll sich der jährliche Umsatz auf etwa fünf Milliarden Euro verfünffachen, die Gewinnschwelle wird ein Jahr zuvor erreicht. „Die Elektromobilität ist längst keine Wette mehr auf die Zukunft, wir verdienen die Vorleistungen zurück“, sagte der Bosch-Chef. Insgesamt hat Bosch bis Ende 2020 bereits ein Auftragsvolumen von mehr als 20 Milliarden Euro akquiriert.
Der Umsatz der Bosch-Gruppe stieg in den ersten drei Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahr um 17,0 Prozent. „Bosch ist mit dem ersten Quartal erfolgreich in das Jahr 2021 gestartet“, erläuterte Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer, Finanzchef und stellvertretender Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung. Er zeigte sich zuversichtlich für 2021, erwartet jedoch erneut ein anspruchsvolles Jahr. Für den laufenden Berichtszeitraum soll der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um etwa 6 Prozent steigen und die operative Rendite sich leicht auf rund 3 Prozent verbessern – ohne Restrukturierungsaufwendungen auf rund 4 Prozent. Allerdings sei dies abhängig von den schwer abschätzbaren Auswirkungen der Halbleiter-Engpässe.
„Das Jahr 2021 wird zum wichtigen Meilenstein auf dem Weg, unsere Zielrendite von rund 7 Prozent in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder zu erreichen“, sagte Asenkerschbaumer. Das trotz Corona-Pandemie erfreuliche Geschäftsjahr 2020 mit einem operativen Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (operatives EBIT, bereinigt um Effekte aus Kaufpreisallokationen bei Automotive Steering und BSH Hausgeräte) von 2,0 Milliarden Euro, ist für Bosch eine wichtige Basis, um weiter in Zukunftsfelder investieren zu können. Bei einem Umsatz von 71,5 Milliarden Euro blieb der Aufwand für Forschung und Entwicklung mit 5,9 Milliarden Euro nahezu stabil, die operative EBIT-Rendite erreichte 2,8 Prozent. Bereinigt um Restrukturierungsaufwendungen, die das Ergebnis 2020 zusätzlich belastet haben, ergibt sich ein von Wert von 4,7 Prozent.
Megatrend Vernetzung: Kunden werden Teil der Entwicklung
Bosch will seinen Wettbewerbsvorsprung durch vielseitige Erfahrungen in der Kombination von Vernetzung (Internet der Dinge, IoT) und künstlicher Intelligenz (AI) für künftiges Geschäft nutzen und zum führenden AIoT-Unternehmen werden. In den nächsten Jahren sieht Bosch einen Milliarden-Umsatz mit AI-fähigen Produkten voraus. Der Absatz vernetzbarer Geräte für den Wohnbereich soll sich 2021 gegenüber dem Vorjahr von vier Millionen auf rund acht Millionen verdoppeln.
Darüber hinaus will Bosch Daten zur Nutzung seiner Produkte mittels AI auswerten und über entsprechende Software-Updates neue Funktionen und Dienstleistungen für den Kunden schaffen. „Die Vernetzung der Dinge führt zu Wissen über die Verwendung der Dinge“, erklärte Denner. „Damit können wir unsere Produkte immer weiter verbessern, auf dem neuesten Stand halten und unseren Kunden einen größeren Nutzen bieten.“ Im Bereich der Videosicherheit eröffnet zum Beispiel die auf neuronalen Netzen basierende Videoanalyse neue Möglichkeiten. Dazu integriert Bosch Detektoren sowohl in neue Kameras als auch in eine AI-Box, die sich mit installierten Geräten verknüpfen lässt. Erste Anwendung ist ein „Traffic Detector“, der zunächst Fahrzeuge in verkehrsreichen Situationen auch bei schwierigen Lichtverhältnissen präzise erkennen und lokalisieren kann. Je mehr Daten in die Kundenanwendung fließen, desto mehr wird AI können, zum Beispiel eine exakte Unfalldetektion, so das Unternehmen.
Megatrend Elektrifizierung: Neue Chancen in mehreren Geschäftsfeldern
Die weltweiten Anstrengungen gegen den Klimawandel führen zu einem Schub für Elektrifizierung und grünen Wasserstoff. In der Elektrifizierung sieht Denner neue Chancen in mehreren Geschäftsfeldern: „Elektrifizierung erfordert nicht nur Lösungen fürs elektrische Fahren im Auto, vielmehr auch fürs elektrische Heizen in Gebäuden.“ In der Elektromobilität gelten als Treiber der Veränderungen vor allem Emissionsvorgaben zur Einhaltung der Klimaschutzziele und sinkende Batteriekosten. In der Gebäudetechnik, gerade bei Heizung und Klimatisierung, spielt die Nutzung von Wärmepumpen und regenerativen Energien eine zunehmende Rolle.
In der Thermotechnik beispielsweise wächst Bosch mit elektrischen Lösungen deutlich schneller als der Markt. Der Umsatz mit Wärmepumpen ist 2020 um mehr als 20 Prozent gestiegen, bis 2025 soll er sich laut Denner verdreifachen. Auch von der im Zuge des europäischen Green Deals notwendigen Wohngebäude-Sanierung erwartet das Unternehmen einen kräftigen Wachstumsschub. Dazu wolle Bosch „Investitionskraft, Großserienfähigkeit und Know-how in der Industrialisierung“ ausspielen. Allein der Absatz von besonders effizienten und leisen Luft-Wasser-Wärmepumpen hat sich bei Bosch 2020 in Deutschland nahezu verdoppelt.
Megatrend Wasserstoff: Milliardenmarkt für Brennstoffzellen
Bosch setzt auch beim Megatrend Wasserstoff auf einen Wachstumsmarkt: Das Marktvolumen für grünen Wasserstoff sieht das Unternehmen in der EU bis 2030 bei nahezu 40 Milliarden Euro – mit jährlichen Wachstumsraten um 65 Prozent. Für die Brennstoffzelle, die Wasserstoff in Strom umwandelt, entwickelt das Unternehmen stationäre und mobile Lösungen. Von 2021 bis 2024 will Bosch insgesamt eine Milliarde Euro in die Brennstoffzellen-Technologie investieren. „Bosch ist bereits H2-ready“, erklärte Denner. Schon für dieses Jahr sei der Betrieb von 100 Anlagen mit stationären Brennstoffzellen vorgesehen, etwa um Rechenzentren, Industriebetriebe und Wohnquartiere mit Strom zu versorgen. Seit Ende März 2021 befindet sich eine stationäre Festoxid-Brennstoffzelle in der Bamberger Innenstadt im Real-Betrieb – diesen hat Bosch gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg erstmals realisiert.
Für mobile Brennstoffzellen-Komponenten umfasst das Marktvolumen bis Ende der Dekade nach Schätzung von Bosch rund 18 Milliarden Euro. Denner sieht das Unternehmen dafür gut aufgestellt: „Wir haben die Power, um auch auf diesem Markt vorn zu sein.“ Erst kürzlich ist Bosch für den Brennstoffzellen- Antrieb ein Joint Venture mit der chinesischen Qingling Motor Group eingegangen. Noch in diesem Jahr soll eine Testflotte mit 70 Trucks über die Straßen rollen.
Denner: EU-Pläne können CO2-Neutralität gefährden
Die ersten Pläne der EU für die Euro7-Abgasregulierung hält der Bosch-Chef nicht für zielführend, begrüßt jedoch ausdrücklich, dass in die Debatte Bewegung gekommen ist und jetzt eine Versachlichung stattfindet. „Für den Klimaschutz kommt es nicht auf das Ende des Verbrenners an, sondern auf das Ende des fossilen Treibstoffs“, begründete Denner seine Sicht. „Ein CO2-neutraler Straßenverkehr lässt sich mit E-Mobilität und grünem Ladestrom erreichen, aber auch mit regenerativen Kraftstoffen.“
Der Bosch-Chef erinnerte daran, dass eine klimaneutrale Mobilität beinahe ein so ehrgeiziges Ziel wie seinerzeit der Mondflug sei. Aber anstatt – wie damals US-Präsident Kennedy – nur das große Ziel „first man on the moon“ vorzugeben und den Ingenieuren die konkrete Entwicklung zu überlassen, mache die EU-Kommission es umgekehrt. „Auf diese Weise schneidet man alternative Pfade zum Klimaschutz ab“, so Denner. „Wer Klimaschutz wirklich will, darf Technologiepfade nicht gegeneinander ausspielen, er muss sie kombinieren.“
CO2-Reduktion bei Bosch: Entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Die eigenen Klimaschutzziele treibt Bosch planmäßig voran: Nachdem die Klimaneutralstellung der Bosch-Gruppe mit weltweit allen mehr als 400 Standorten testiert worden ist, konkretisiert Bosch seine Schritte für den sogenannten Scope 3. Entlang seiner gesamten Wertschöpfungskette, von den Lieferanten bis zu den Kunden, soll sich bis 2030 der CO2-Ausstoß um 15 Prozent reduzieren gegenüber 2018 – das sind 67 Millionen Tonnen Kohlendioxidausstoß weniger. „Unsere Anstrengungen werden unser Produktportfolio in Richtung Energieeffizienz oder auch Technologiewechsel verändern. Auch soll der CO2-Fußabdruck künftig ein Kriterium bei Neuvergaben im Einkauf werden“, sagte Denner. „Das wird sich für den Klimaschutz auszahlen.“
Ausblick 2021: Trotz Zuversicht bleibt das Jahr anspruchsvoll
Für die Weltwirtschaft erwartet das Unternehmen im laufenden Jahr ein Wachstum von knapp 4 Prozent, nach einem Rückgang um 3,8 Prozent im Vorjahr. „Auch wenn wir mit Zuversicht ins Geschäftsjahr 2021 gestartet sind, birgt die Pandemie weiterhin erhebliche Risiken“, sagte Asenkerschbaumer.
Zudem spürt Bosch gerade im Automobilsektor die Marktengpässe insbesondere bei stark nachgefragten Halbleitern, so der Finanzchef. In dieser angespannten Situation unternehme das Unternehmen alles in seiner Macht Stehende, um seine Kunden zu unterstützen. Eine kurzfristige Verbesserung sei aber nicht zu erwarten und die Situation könne sich auch auf die Geschäftsentwicklung des laufenden Jahres auswirken. Auf Dauer hält es Asenkerschbaumer für erforderlich, die Lieferketten in der Automobilindustrie insgesamt resilienter zu gestalten. Zudem erfordere die Ausrichtung der Mobilitätssparte auf Zukunftsfelder wie Elektromobilität, automatisiertes Fahren oder auf die künftige Elektronikarchitektur enorme Vorleistungen. „In diesem tiefgreifenden Wandel ist 2021 ein für uns sehr wichtiges und zugleich anspruchsvolles Jahr.“
Geschäftsjahr 2020: Corona-Pandemie gemeistert
Der Umsatz der Bosch-Gruppe lag 2020 bei 71,5 Milliarden Euro und blieb pandemiebedingt 6,4 Prozent, wechselkursbereinigt 4,3 Prozent, unter Vorjahr. Das Unternehmen erzielte ein operatives Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (operatives EBIT, bereinigt um Effekte aus Kaufpreisallokationen bei Automotive Steering und BSH Hausgeräte) von 2,0 Milliarden Euro. Die operative EBIT-Rendite lag bei 2,8 Prozent. „Verbesserte Umsätze in der zweiten Jahreshälfte sowie erhebliche Kosteneinsparungen haben zur Abfederung der Pandemie beigetragen“, erklärte Asenkerschbaumer. Die Eigenkapitalquote liegt weiterhin auf hohem Niveau mit 44 Prozent, der Free-Cash-Flow erreichte eine Rekordhöhe von 5,1 Milliarden Euro. Der Finanzchef sieht das Unternehmen in einer erfreulichen Liquiditätssituation und betonte: „Bosch verfügt weiterhin über eine solide Finanzstruktur, um seine Zukunftsthemen vorantreiben zu können.“
Geschäftsjahr 2020: Entwicklung nach Unternehmensbereichen
Die breite Aufstellung der Bosch-Gruppe hat sich 2020 erneut bewährt und sorgte für einen Ausgleich unterschiedlicher Geschäftsverläufe. Im Unternehmensbereich Mobility Solutions entwickelte sich der Umsatz besser als der Markt. Die Erlöse lagen mit 42,1 Milliarden Euro 10 Prozent unter Vorjahr, allerdings ging die weltweite Automobilproduktion gleichzeitig um 16 Prozent zurück. Wechselkursbereinigt belief sich das Minus auf 8,2 Prozent. Die operative EBIT-Rendite betrug –1,3 Prozent und war auch von der Neuausrichtung des Geschäfts belastet. Im Unternehmensbereich Industrial Technology erreichten die Erlöse 5,1 Milliarden Euro. Der bereits vor der Corona-Pandemie rückläufige Markt führte zu einem Umsatzminus von 17 Prozent (Gegenüber einem um den Effekt aus der Veräußerung der Aktivitäten bei Verpackungsmaschinen bereinigten Vorjahreswert), wechselkursbereinigt von 15 Prozent. Die EBIT-Rendite blieb mit 4,7 Prozent unter Vorjahr.
Im Unternehmensbereich Consumer Goods stieg die Nachfrage nach Haushaltsgeräten und Elektrowerkzeugen während der Pandemie erheblich an. Der Umsatz legte um 5,1 Prozent auf 18,7 Milliarden Euro zu. Wechselkursbereinigt betrug das Plus 8,4 Prozent. Die operative Rendite erzielte einen Spitzenwert von 11,5 Prozent. Im Unternehmensbereich Energy and Building Technology gingen die Erlöse um 2,7 Prozent zurück, wechselkursbereinigt um 0,8 Prozent. Bei einem Umsatz von 5,5 Milliarden Euro ergab die EBIT-Rendite 4,6 Prozent.
Geschäftsjahr 2020: Entwicklung nach Regionen
In Europa lag der Umsatz im Gesamtjahr mit 38,0 Milliarden Euro um 5,1 Prozent unter Vorjahr, wechselkursbereinigt um 3,7 Prozent. In Nordamerika betrug der Umsatz 10,7 Milliarden Euro und sank damit um 15,5 Prozent. Wechselkursbereinigt entspricht das 12,8 Prozent. In Südamerika belasteten die Wechselkurseffekte den Umsatzausweis besonders stark. Die Erlöse von 1,1 Milliarden Euro blieben 22,3 Prozent unter Vorjahr, wechselkursbereinigt ging der Umsatz nur um 0,2 Prozent zurück. In Asien-Pazifik einschließlich übrige Regionen konnte die frühe und kräftige Markterholung in China die Effekte der Corona-Pandemie abfedern. Der Umsatz von 21,7 Milliarden Euro sank lediglich leicht um 2,6 Prozent, wechselkursbereinigt sogar nur um 0,7 Prozent.
Mitarbeiter: Wandel schafft auch Perspektiven
Der Wandel von Bosch wird laut Denner einerseits Beschäftigung kosten, andererseits eröffne er auch neue Perspektiven für die Mitarbeiter. Auf diese Weise nutzt Bosch in seinen Stammwerken Qualifikationen aus Entwicklung und Fertigung von Benzin- und Dieselsystemen für neue Technologien wie etwa der Brennstoffzelle. „Mehr als die Hälfte der Stellen für Elektromobilität haben wir bereits mit Mitarbeitern aus dem Verbrenner-Geschäft besetzt“, erklärte der Bosch-Chef. Zudem wurde eine unternehmensweite Vermittlungsplattform geschaffen, um kurzfristig Stellen in Zukunftsfeldern mit Fachkräften besetzen zu können. Auch bei der digitalen Qualifizierung geht Bosch voran: Seit Anfang 2020 verzeichnet das Unternehmen mehr als 400 000 Zugriffe auf sein betriebsinternes Lernportal. 2020 war bereits mehr als jedes dritte Schulungsangebot ein Online-Training, bis 2023 soll es jedes zweite sein.
Zum Stichtag 31. Dezember 2020 beschäftigte die Bosch-Gruppe weltweit rund 395 000 Menschen. Das sind etwa 3100 Mitarbeiter oder rund ein Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Beschäftigten sank im Wesentlichen in Asien-Pazifik. In Deutschland blieb die Zahl der Beschäftigten mit 131 800 weitgehend stabil. Dabei stieg die Zahl der Forscher und Entwickler weltweit um rund 600 auf rund 73 200. Auch die Zahl der Softwareentwickler legte um mehr als 10 Prozent auf rund 34 000 zu. (fr)
Robert Bosch GmbH
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