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Deloitte-Studie sieht Einbruch der Nachfrage bei Erdgas

Deloitte-Studie sieht Einbruch der Nachfrage
Erdgas, deine Zeit läuft ab

Erdgas, deine Zeit läuft ab
Einer aktuellen Studie zufolge wird die Erdgasnachfrage in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten drastisch sinken. Bild: 63ru78/stock.adobe.com

Bis zum Jahr 2050 wird die Nachfrage nach Erdgas in Deutschland drastisch zurückgehen. Im Vergleich zu 2021 sinkt sie bis 2030 voraussichtlich um etwa ein Drittel auf rund 650 TWh, bis 2040 um mehr als zwei Drittel auf dann etwa 330 TWh und bis Mitte des Jahrhunderts um fast 95 % auf rund 50 TWh. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Natural gas demand outlook to 2050“, die Deloitte gemeinsam mit dem Öko-Institut vorgelegt hat.

EU-Mitgliedstaaten müssen Klimaverpflichtungen einhalten

Der Studie liegt eine datengestützte und modellbasierte Analyse zugrunde, die unterstellt, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre Klimaverpflichtungen einhalten. Demnach macht Erdgas 2050 voraussichtlich nur etwa 1 % der Primärenergieversorgung in Deutschland aus – gegenüber etwa einem Viertel im Jahr 2021. Die Modellierungsergebnisse zeigen eine ähnliche Entwicklung für die EU mit einer Verringerung der Nachfrage um 25 % schon bis 2030.

„Die rückläufige weltweite Nachfrage nach Erdgas stellt Investitionsentscheidungen für neue Erdgasförderprojekte für die EU oder den deutschen Markt infrage“, betont Dr. Bernhard Lorentz, globaler Consulting-Leiter Nachhaltigkeit und Klima bei Deloitte. „Es besteht die Gefahr, dass diese Projekte aufgrund der Entwicklung scheitern werden.“

Hinzu komme, dass sich mit Ausnahme von Russland, Algerien und Norwegen keines der zehn wichtigsten Reserven- und Förderländer in Pipeline-Reichweite für Deutschland und die EU befindet, während der LNG-Markt von den USA, Katar und Australien dominiert wird. Vor diesem Hintergrund würden neue Projekte das Angebot nur geringfügig diversifizieren.

Fast die Hälfte des Rückgangs entfällt auf den Gebäudesektor

Auf Grundlage der Szenario-Modellierung wird die Erdgasnachfrage in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten in allen Sektoren sinken. Fast die Hälfte des Rückgangs bis 2030 wird demnach auf den Gebäudesektor entfallen, der Energieeffizienz und Technologien wie thermische Nachrüstungen und Wärmepumpen nutzt, um fossile Heizsysteme zu ersetzen. Bis 2050 werden in diesem Szenario fast 50 % der Nutzwärme durch Wärmepumpen erzeugt, gefolgt von Solarthermie, Biomasse und Strom.

Im Stromsektor können laut der Prognosen durch den Einsatz erneuerbarer Energien fossile Brennstoffe ersetzt werden. Bis 2030 werde mehr als 80 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen, verglichen mit 44 % im Jahr 2022. Damit würden die deutschen Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht.

Ab 2030 könnten gasbetriebene Erzeugungsanlagen mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden, um die Abhängigkeit von Erdgas zu reduzieren. Bis 2050 sinke der Anteil von Erdgas an der Nettostromerzeugung demnach auf weniger als 1 %.

Maßnahmen zur Dekarbonisierung in der Industrie

In der Industrie sollten die Maßnahmen zur Dekarbonisierung vor allem in den Sektoren Eisen & Stahl, Zement und Chemie ab 2030 an Dynamik gewinnen, und Erdgas allmählich durch strom- und wasserstoffbasierte Lösungen ersetzen. In diesen traditionell energieintensiven Branchen spielte Erdgas lange Zeit eine zentrale Rolle. Die Studie prognostiziert, dass die Wärmeerzeugung aus Erdgas in der Industrie bis 2030 gegenüber 2018 um 20 % zurückgehen wird und bis 2040 um weitere 60 %, bevor sie bis 2050 auf null sinkt.

„Für den Fall, dass die Politik neue Erdgasförderprojekte unterstützt, legt unsere Analyse mehrere entscheidende Implikationen nahe“, sagt Dr. Felix Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik im Öko-Institut, nämlich: „Derartige Investitionen müssten von einem klaren und detaillierten Konzept begleitet werden, wie diese Anlagen später umgewandelt werden können, damit sie die Energiewende eines Landes unterstützen, beispielsweise hin zu grünem Wasserstoff und seinen Derivaten.“

Im Einklang mit allen wichtigen Studien und jüngsten Prognosen

Die Berechnungen der Deloitte-Studie stehen im Einklang mit allen wichtigen Studien und jüngsten Prognosen für das Energiesystem in Deutschland. Diese Studien verschiedener Institutionen umfassen Szenarien mit unterschiedlichen Ansichten über den Einsatz von Technologien und die Beiträge der einzelnen Sektoren zur Energiewende.

Außerdem wurden die meisten von ihnen vor dem russischen Angriff auf die Ukraine veröffentlicht, der den Ausstieg aus der Erdgasversorgung beschleunigen dürfte. Alle untersuchten Szenarien für Deutschland zeigen einen drastischen Rückgang der Erdgasnachfrage ab 2030 und einen nahezu vollständigen Ausstieg bis 2050. (jpk)

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