Eine aktuelle Befragung von Deloitte unter 500 Managerinnen und Managern, die sich in den Unternehmen mit dem Thema beschäftigen, zeigt eine deutliche Verunsicherung bei der Einschätzung der neuen Verordnung. Viele Unternehmen sind sich der konkreten Auswirkungen noch nicht bewusst und haben keine klare Vorstellung, wie sie mit den Vorgaben umgehen sollen. Die Skepsis überwiegt, nur eine Minderheit der Unternehmen beschäftigt sich schon intensiv mit der neuen Gesetzeslage.
Mit der Ratifizierung des EU AI Act hat sich die Lage für europäische Firmen grundlegend geändert: Die regulatorischen Vorgaben sind für alle EU-Länder verpflichtend und müssen zumeist in den kommenden zwei Jahren umgesetzt werden. Mit einem Aufschub der Anforderungen oder Strafverschonung bei Verstößen können weder europäische Unternehmen noch die Anbieter von außerhalb der EU rechnen, sobald ihre KI-Anwendungen im EU-Territorium eingesetzt werden.
„Zögern in der Auseinandersetzung mit dem EU AI Act ist gefährlich“, sagt Dr. Till Contzen, Partner im Tax- und Legal-Bereich bei Deloitte. „Die Umsetzung der Anforderungen wird je nach Umfang der KI-Nutzung in einem Unternehmen einen erheblichen Aufwand mit sich bringen – zumal viele Organisationen nicht einmal wissen, wie viel KI sie genau nutzen.“ Es drohe eine Situation vergleichbar mit der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), als die Unternehmen im Mai 2018 vor einer riesigen Aufgabe standen, da sie die zwei Jahre Übergangsfrist kaum genutzt hatten.
Fraglich aber, ob vergleichbare Versäumnisse der Firmen beim EU AI Act vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung der KI-Technologien von den Aufsichtsbehörden verziehen wird. Die drohenden Bußgelder sind erheblich: Verstöße gegen den EU AI Act werden mit hohen Geldstrafen geahndet, zudem verzögert sich der Einsatz von KI in diesen Unternehmen, was erhebliche negative Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung haben kann.
„Dass sich rund die Hälfte der Unternehmen noch nicht intensiv mit der Vorbereitung auf die Umsetzung beschäftigt hat, spiegelt wider, dass viele Unternehmen in Deutschland das Thema KI noch nicht auf der Tagesordnung haben“, bestätigt Dr. Sarah Becker, die das Thema Digital Ethics bei Deloitte betreut. Grundsätzlich zeigt sich bei der von Civey durchgeführten Deloitte-Umfrage große Skepsis gegenüber dem neuen Regelwerk. Vor allem beim Thema Rechtssicherheit ist das Bild uneinheitlich: So versprechen sich 39 % der Befragten mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Künstlicher Intelligenz, rund 35 % verneinen dies, während ein Viertel keinen großen Unterschied sieht. Ein ähnlich heterogenes Bild zeigt sich bei der Frage, ob der AI Act zu eher mehr oder eher weniger Vertrauen in Künstliche Intelligenz führen wird: Hier glaubt rund ein Drittel (34,9 %) an einen positiven Effekt, fast ebenso viele Befragte (30,8 %) können das nicht erkennen.
Die kompletten Studienergebnisse finden Sie auf www.industrieanzeiger.de