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Wachstumschancengesetz – „Verweigerungshaltung einiger Länder ist untragbar“

Die jüngsten Entwicklungen eines zähen Ringens
Wachstumschancengesetz – „Verweigerungshaltung einiger Länder ist untragbar“

Das Wachstumschancengesetz will die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Heute, am 23. Februar 2024, stimmt der Bundestag über das  vor zwei Tagen im Vermittlungsausschuss geänderte Gesetz ab. Damit es in Kraft treten kann, muss ihm auch der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung am 22. März 2024 zustimmen. Was der VDMA und der ZVEI im Vorfeld der Tagung des Vermittlungsausschusses sagten, erfahren Sie in diesem Beitrag. Zudem äußert sich der Bitkom zum Thema Digitalisierung im Wachstumschancengesetz. 

Evelin Eitelmann, Redakteurin, Zentralredaktion Konradin Industrie
(aktualisiert am 23.02.2024, 11:28)


Inhaltsverzeichnis
1. Bitkom: „Digitalisierung findet im Wachstumschancengesetz zu wenig statt.“
2. VDMA: „Wirtschaft und Land brauchen dieses Gesetz.“
3. ZVEI: „Unser Land braucht dringend eine Wachstumsagenda.“
4. Hintergrund
5. Quellen


Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am 21. Februar 2024 Änderungen zum umstrittenen Wachstumschancengesetz vorgeschlagen, heißt es in der Pressemeldung des Bundesrates. Diese würden zu Entlastungen von 3,2 Milliarden Euro führen. Das Vermittlungsergebnis enthalte eine Vielzahl von Maßnahmen, wie die

  • Einführung einer degressiven Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude in Höhe von 5 Prozent,
  • Einführung einer degressiven AfA auf bewegliche Wirtschafsgüter für 9 Monate,
  • auf vier Jahre befristete Anhebung des Verlustvortrags auf 70% (ohne Gewerbesteuer),
  • Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.

Außerdem seien u.a. Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau enthalten.

Der Vermittlungsausschuss habe außerdem beschlossen, aus dem Wachstumschancengesetz u.a. die Einführung einer Klimaschutz-Investitionsprämie und die Mitteilungspflichten innerstaatlicher Steuergestaltungen zu streichen.

VDMA und ZVEI äußerten sich bislang nicht zu den Änderungen des Wachstumschancengesetzes. Mit Blick auf die Digitalisierung erklärte Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst:

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Dr. Ralf Wintergerst, Präsident des Bitkom
Bild: Bitkom

„Digitalisierung findet im Wachstumschancengesetz zu wenig statt.“
– Dr. Ralf Wintergerst, Bitkom

„Die größten Wachstumschancen liegen in der Digitalisierung. Die Unternehmen haben dies erkannt. 87 Prozent der Unternehmen sagen in einer Bitkom-Umfrage, die Digitalisierung sei entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Gleichzeitig sagen 76 Prozent, dass deutsche Unternehmen digitale Technologien zu wenig nutzten.“

Umso wichtiger sei es, die Digitalisierung der Unternehmen politisch zu beschleunigen oder zumindest zu flankieren. Digitalisierung finde im Wachstumschancengesetz aber zu wenig statt.

Wintergerst weiter: „Und so darf auch nicht verwundern, dass 82 Prozent der Unternehmen in einer Bitkom-Umfrage sagen, die Politik der Bundesregierung bremse die Digitalisierung. Zumindest die im Koalitionsvertrag vereinbarten Superabschreibungen auf Digitalinvestitionen müssen jetzt endlich eingeführt werden. Sie würden der digitalen Transformation der Unternehmen einen starken Schub verleihen und so die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern und Arbeitsplätze schaffen und sichern.“

Seiner Meinung nach habe das Wachstumschancengesetz in seiner Version vom 21.02.2022 diese Chance verpasst. 

Stimmen im Vorfeld – Vorschläge für die Verbesserung des Wachstumschancengesetzes

Bereits im Vorfeld der Tagung des Vermittlungsausschusses am 21. Februar 2024 beklagten der VDMA und der ZVEI unabhängig voneinander, dass das Wachstumschancengesetz unter den Uneinigkeiten der Bundeländer und deren politischen Kalkül leide.

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Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer, VDMA
Bild: VDMA

„Wirtschaft und Land brauchen dieses Gesetz.“
– Thilo Brodtmann, VDMA

VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann äußerte sich zu einigen Punkten wie folgt: „Die offenbar immer noch bestehende Verweigerungshaltung einiger Ministerpräsidenten ist nicht nur leichtfertig, sondern auch unvernünftig! Denn das Wachstumschancengesetz kommt der gesamten Wirtschaft zugute und kann schnell innovative Wirkung entfalten.“

  • „Insbesondere die Ausweitung der Forschungszulage, die im Maschinen- und Anlagenbau immer mehr zur Erfolgsgeschichte wird, eine verbesserte Verlustverrechnung sowie die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung sind wichtige erste Schritte, um wieder mehr Investitionen am Standort Deutschland zu erreichen.“
  • „Wirtschaft und Land brauchen dieses Gesetz. Es darf nicht aus parteitaktischen und sachfremden Gründen in Geiselhaft genommen werden. Solche untragbaren Spielereien nehmen Investoren durchaus wahr, und sie reagieren empfindlich, wenn die Verlässlichkeit der Politik sehenden Auges in Frage gestellt wird.“
  • „So kommen allein aus Bayern und Nordrhein-Westfalen knapp 50 Prozent der Antragsteller für die Forschungszulage. Mit einem Scheitern des Gesetzes ginge wichtiges Innovationspotenzial verloren. Alle Mitglieder des Vermittlungsausschusses müssen sich ihrer Verantwortung für ein Gelingen des Gesetzes bewusst sein, dies hat der VDMA auch in seinem Schreiben vom 31. Januar formuliert.“ 
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Sarah Bäumchen, Mitglied der Geschäftsleitung des Elektro- und Digitalverbands ZVEI
Bild: ZVEI / Laurence Chaperon

„Unser Land braucht dringend eine Wachstumsagenda.“
– Sarah Bäumchen, ZVEI

Sarah Bäumchen, Mitglied der ZVEI-Geschäftsleitung, äußerte sich ebenfalls. Sie forderte: „Die Politik muss das Wachstumschancengesetz jetzt auf den Weg bringen.“ Die Industrie brauche im aktuell sehr angespannten wirtschaftlichen Umfeld dringend einen Impuls. „Unsere Unternehmen stehen massiv unter Druck, der Industriestandort steht auf dem Prüfstand“, so Bäumchen weiter. „Das Wachstumschancengesetz hat Potenzial, gegenzusteuern und kann ein wichtiges Zeichen setzen.“

Ähnlich wie Brodtmann sieht auch sie eine Gefahr im politischen Kalkül der Bundesländer. Der müsse zurückstehen. Deutschland stecke in der Rezession, es müsse gehandelt werden. Bäumchen: „Unser Land braucht dringend eine Wachstumsagenda.“ Das Wachstumschancengesetz könne hierfür der erste Baustein sein, um Investition und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Konkret forderte der ZVEI, das wirksame Instrument der steuerlichen Forschungsförderung auszubauen und auch auf die Normungsarbeit auszudehnen. „Innovation muss wieder Vorfahrt bekommen“, so Bäumchen weiter. Das Wachstumschancengesetz kann hierzu einen ersten Beitrag leisten. (eve)


Hintergrund

Das Wachstumschancengesetz hatte der Bundestag am 17. November 2023 verabschiedet. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Eine Investitionsprämie als zentrales Element soll die Transformation der Wirtschaft fördern und die Standortbedingungen mit steuerlichen Anreizen für Investitionen in saubere und klimafreundliche Technologien verbessern.

Die Länder kritisieren, dass der Bundestag nur punktuell auf die Änderungsvorschläge des Bundesrates aus dem 1. Durchgang des Gesetzentwurfs eingegangen sei. Auch aufgrund der vielen kurzfristigen Änderungen im Bundestagsverfahren bestehe Überarbeitungsbedarf. Die finanziellen Belastungen für Länder und Kommunen seien außerdem zu hoch.

Anfang Dezember 2023 hatte der Bundesrat das Gesetz abgelehnt, daher kam es am 21.02.2024 zu einer Zusammenkunft des Vermittlungsausschusses. 

Quellen:

„Verweigerungshaltung einiger Länder ist untragbar!“ – vdma.org – VDMA
Wachstumschancengesetz muss kommen (zvei.org)
Bitkom zum Wachstumschancengesetz | Presseinformation | Bitkom e. V.
Bundesrat – Pressemitteilungen – Vermittlungsausschuss beschließt Kompromiss beim Wachstumschancengesetz
Bundesrat – Pressemitteilungen – Vermittlungsausschuss berät zu fünf Gesetzen

 

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