Kim Heidebrecht
E.ON Experte Dezentrale Energielösungen, Hamburg
Für dieses Vorgehen gibt es drei Beweggründe: Absicherung gegen schwankende, häufig von internationalen Ereignissen beeinflusste Großhandelspreise für Strom und Erdgas, Ausbau der heimischen regenerativen Stromerzeugung und effizienter Einsatz von grünem Strom in der eigenen Produktion.
Dezentrale Energiequellen vereinfachen den Transport von Strom und können direkt vor Ort genutzt werden. Das erhöht die Effizienz und trägt damit zum Klimaschutz bei. Eine interessante Lösung ist der Zusammenschluss vieler kleiner Produzenten zu virtuellen Kraftwerken. Dieser Ansatz wird es ermöglichen, das Stromnetz künftig auch mit einem hohen Anteil dezentraler Erzeugungsanlagen sicher und wirtschaftlich zu betreiben. Das Zusammenspiel von zum Beispiel hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit Wind- und Solarstrom senkt dabei den Einsatz fossiler Brennstoffe und ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz.
Neue Einsatzfelder für Windstrom
Auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten lohnt es sich für viele Unternehmen, über die Nutzung eigener regenerativer Stromquellen nachzudenken. Während aktuell viele Betriebe die Vorteile von PV-Anlagen bereits für sich entdeckt haben, liegt ein anderes Feld noch weitgehend brach: dezentrale Kleinwindanlagen. Kommerzielle Windparks an Land oder auf See mit ihren bis zu 200 m hohen Rotoranlagen sind bekannt und stehen aufgrund ihrer Dimensionen oft in der Kritik, die vor allem dazu dienen, eine maximale Stromausbeute für die Einspeisung ins öffentliche Netz zu erreichen. Kleinere Windkraftanlagen haben jedoch eine andere Zielsetzung: den Eigenverbrauch. Dadurch werden sie für Industriebetriebe interessant.
Lokale Kleinwindanlagen sind eine clevere Alternative
Gewerbestandorte mit konstant hohem Stromverbrauch können sich mit kleineren Windrädern auf dem eigenen Betriebsgelände die Kraft des Windes zunutze machen. Anlagen der neuesten Generation wie z.B. die B.Ventus, die der Energieanbieter Eon deutschlandweit vertreibt, sind für Unternehmen mit einem konstanten Strombedarf ab rund 500.000 kWh jährlich interessant. Und das nicht nur im stürmischen Norden des Landes: Bereits an mittleren Windstandorten leisten Kleinwindanlagen zwischen 400.000 und 500.000 kWh jährlich, in windreichen Regionen können es 660.000 kWh und mehr werden. Genug, um rund 60 % des eigenen Strombedarfs abzudecken und bis zu 400 t CO2 jährlich einzusparen. Da bis zu 80 % des erzeugten Stroms direkt vor Ort verbraucht wird, sind auch keine Investitionen in den Netzausbau seitens der Netzbetreiber notwendig. Technisch sind diese Kleinwindanlagen in der Regel auf 20 Jahre Betrieb ausgelegt und erzielen Renditen von bis zu 16 % pro Jahr. Damit liegt die Amortisationsphase, je nach Standort, bei geschätzt 6 bis 10 Jahren.
Vereinfachte Genehmigung
Genehmigungsverfahren für Windanlagen können kompliziert sein, für Kleinwindanlagen unter 50 m gilt das nicht. Sie sind als Nebenanlage eines Betriebs nicht raumbedeutsam und daher auch nicht an Raumordnungs- oder Flächennutzungspläne gebunden. Im Gegensatz zu einem langwierigen Zulassungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist für die Installation nur eine Baugenehmigung erforderlich.
Wind und Sonne kombinieren
PV-Anlagen werden immer leistungsfähiger und eröffnen gerade Unternehmen eine Reihe von Vorteilen, auf die viele bereits setzen. Wer die eigene Stromproduktion aus Wind und Sonne ganzheitlich organisiert, kann den Eigenverbrauchsanteil von selbst erzeugtem, dezentralem Strom auf 100 % steigern und damit quasi Energieautarkie erreichen – vor allem, wenn noch ein Stromspeicher ins Spiel kommt. Besonders im produzierenden Gewerbe kann ein Stromspeicher als Ergänzung von Wind- und PV-Anlagen dabei helfen, Lastspitzen zu kappen und damit die Kosten für die Bereitstellung von Maximallasten zu senken. Nicht zuletzt können die eigenen Energiequellen auch zur Notstromversorgung genutzt werden und damit konventionelle, meist mit Diesel betriebene Aggregate ersetzen.
Vom Konsumenten zum Produzenten
Durch nachhaltige Energielösungen gewinnen Industrie und produzierendes Gewerbe nicht nur Planungssicherheit und einen beachtlichen Grad von Energieautarkie hinzu. Die dezentrale Erzeugung von Energie verändert auch die Rollenverteilung zwischen Kunden und Lieferanten: Der ehemalige Konsument wird immer stärker zum Produzenten, und die Rolle des Energielieferanten verändert sich in Richtung Koordinator und Partner in Energiefragen. Der Trend zu Dezentralisierung, Vernetzung und Digitalisierung wird nicht nur eine ganze Branche verändern. Die Erzeugung und der Einsatz von Strom, Wärme und Kälte wird sich in Zukunft grundlegend von den gewohnten Strukturen der Energieversorgung unterscheiden und ein höheres Maß an Flexibilität und Regionalität ermöglichen. Ein wesentliches Ziel ist hier die Schonung der natürlichen Ressourcen durch mehr Effizienz und den konsequenten Ausbau regenerativer Energiequellen.