Startseite » Technik » Arbeitssicherheit »

Im Presswerk wird die Flüstertüte überflüssig

Lärmpegel lässt sich mit Schallschutz auf weniger als 80 dB reduzieren
Im Presswerk wird die Flüstertüte überflüssig

Durch einen effektiven Schallschutz lassen sich Lärmemissionen an Anlagen der Umformtechnik deutlich reduzieren. Faist Anlagenbau gewährleistet Herstellern und Anwendern von Pressenstraßen eine Lärmreduzierung um bis zu 22 dB.

Das Presswerk eines Automobilherstellers beeindruckt nicht nur das Auge durch seine Größe, sondern auch das Ohr durch die Vielfalt der Geräuschentwicklung: Bei jedem Pressvorgang, der mit bis zu 8000 t Gesamtpresskraft erfolgt, werden sehr tieffrequente, impulshaltige Geräusche freigesetzt. Das Handling der Blechtafeln und der gepressten Bleche erzeugt höhere Tonlagen, und in noch höheren, deutlich vernehmbaren Frequenzen ist die Schrottabfuhr der Blechreste zu hören.

Dass die modernen Pressenstraßen deutlich leiser sind als ältere Generationen, ist der Feinarbeit der Pressenhersteller zu verdanken, in vielen Fällen aber auch Akustik-Experten.
Bisher war bei Großserienpressen und ähnlichen Anlagen eine Lärmreduzierung um 16 dB State of the Art. Faist Anlagenbau GmbH, Krumbach, ist es mit Schallschutzsystemen nun gelungen, den Geräuschpegel um 22 dB senken. Damit verfolgt das Unternehmen das Ziel, trotz der immer leistungsstärkeren Pressen einen Schallpegel von 80 dB nicht zu überschreiten. „Nach der neuen Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung müssen in Lärmbereichen ab 80 dB kostenintensive Maßnahmen für die Mitarbeiter eingeleitet werden. Gemäß den Betriebsvereinbarungen der Automobilhersteller sind diese sogar verpflichtet, ihren Mitarbeitern eine Zulage zu zahlen, wenn der Geräuschpegel bei mehr als 85 dB liegt, erklärt Dieter Maier, stellvertretender Vertriebsleiter.
Damit macht sich die Investition in hochwertigen Schallschutz langfristig bezahlt. Wichtiger noch als der Return on Invest ist aber die Tatsache, dass eine geringere Lärmbelastung nicht nur ein Beitrag zu aktivem Gesundheitsschutz ist, sondern auch die Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter im Umfeld der Pressenstraßen erhöht.
Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, müssen die Schallschutzexperten bei jedem einzelnen Projekt die Besonderheiten berücksichtigen. Denn es gibt gleich mehrere Herausforderungen, die den Schallschutz an Großpressen schwieriger gestalten als an anderen Anlagen.
Erstens können die Materialzu- und -abführungen der Pressenstraße nicht komplett gekapselt werden; sie müssen offen bleiben. Zweitens lassen sich die sehr niederfrequenten Schwingungen mit den herkömmlichen, absorptiven Mitteln des Schallschutzes nur schwer beherrschen. Florian Eheim, stellvertretender Leiter Projektabwicklung und Engineering: „Wir setzen hier auf die vollständige Körperschallentkopplung der Einhausung, die auch außerhalb des Pressenfundaments aufgesetzt ist. Die gesamte Einhausung ist freistehend konstruiert und nur über spezielle Entkopplungselemente mit der Presse verbunden.“
Drittens gilt es, viele Details gründlich zu durchdenken und konstruktive, schallschluckende Lösungen zu finden – zum Beispiel für die Hubtore an den einzelnen Pressenstationen, die für den Wechsel der schweren Werkzeuge vorgesehen sind. Zum Einsatz kommen in diesem Fall spezielle schalldämmende Tore, die komplett mit Antrieben und Sicherheitseinrichtungen gefertigt und vormontiert werden.
Für die Einhausungen verwendet der Hersteller ein modulares System aus Einzelelementen, die vor Ort installiert werden. Die Elemente, die in unterschiedlichen Stärken gefertigt werden, stammen aus der eigenen Produktion. „Wir halten weltweit die größten Fertigungskapazitäten für technischen Schallschutz vor. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unsere hohe Lieferbereitschaft“, sagt Vertriebsleiter Leonhard Sonntag.
Inwieweit kann man bei derartigen Großprojekten auf Berechnungsprogramme und Simulationen zurückgreifen? „Das geht nur sehr eingeschränkt. Entscheidend ist die Erfahrung“, erläutert Pius Jeckle, Vertriebsmitarbeiter mit Schwerpunkt Umformtechnik, das Vorgehen: Der Anwender geht dabei kein Risiko ein, denn Faist garantiert den festgeschriebenen Wert der Schalldämmung, der in der Praxis sogar meist unterschritten wird. Davon profitieren die Mitarbeiter an der Presse.
Komplizierter als das Neugeschäft ist die nachträgliche Ausrüstung vorhandener Pressen mit verbessertem Schallschutz, da hier keine konkreten Ausgangsdaten vorliegen und es im Wesentlichen auf das Know-how der Ingenieure ankommt. Maier: „Hier starten wir in der Regel mit einer gründlichen Ist-Analyse. Wir lokalisieren durch Schallmessungen in den einzelnen Frequenzbereichen sehr genau die Lärmquellen und Schwachstellen, die wir dann gezielt beseitigen.“ Auf diese Weise kann man in den meisten Fällen zusätzliche Verbesserungen um etwa 6 dB erzielen. Das gilt auch für gebrauchte Pressenanlagen. sk

Bionik macht Maschinen leiser

Um den Lärm von Maschinen, Fertigungssystemen, Werkzeugen und Werkzeugaufnahmen für die spanende oder zerteilende Bearbeitung zu reduzieren, wollen die beiden Fraunhofer-Institute IAO und LBF im Innovationsnetzwerk „Bionic Silent Cut“ bionische Strategien zur Lärmreduzierung entwickeln. In der Natur sind Dämpfungselemente weit verbreitet. Ein bei Menschen und Tieren wirkungsvoller hydrostatischer Dämpfer sind Knochen. Auch in der Pflanzenwelt sind Dämpfungssysteme vielfältig, um durch Wind angeregte Schwingungen zu dämpfen. Derartige natürliche „Vorbilder“ wollen die Wissenschaftler genauer untersuchen. Das Netzwerk richtet sich an Hersteller und Anwender von Maschinen für die Verfahren Drehen, Fräsen, Bohren, Sägen, Stanzen und Schneiden. Unternehmen, die sich als Partner in dem im Dezember startenden Netzwerk engagieren wollen, erhalten unter anderem eine systematische Einführung in die Bionik nach der Fraunhofer-Methode Xbiops sowie freien Zugang zur Bionikdatenbank des Fraunhofer IAO.
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de