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Maschinenüberwachung: Condition Monitoring nutzt vorhandene Daten

Unterschiedliche Ansätze der Maschinenüberwachung
Condition Monitoring nutzt vorhandene Daten aus der Produktion

Condition Monitoring nutzt vorhandene Daten aus der Produktion
Condition Monitoring überwacht den aktuellen Zustand einer Maschine oder Anlage. Der Hamelner Antriebstechnik- und Automationsanbieter Lenze hat hierfür unterschiedliche Ansätze und Lösungen in seinem Portfolio. Bild: Lenze
Den Ausfall einer Maschine können die „alten Hasen“ in der Produktion meist schon vorab hören. Künftig muss die Produktion aber nicht per Mikrofon überwacht werden. Lenze bietet smarte Methoden für das Condition Monitoring – ohne zusätzliche Sensorik.

Klaas Nebuhr
Chief Marketing Officer Lenze.Digital, Hameln

Einen Maschinenausfall in der Produktion und die Möglichkeit, dass die Fertigung ins Stocken kommt, will ein Betreiber immer verhindern. Eine Gegenmaßnahme besteht in der ständigen Überwachung des aktuellen Zustands einer Anlage: dem Condition Monitoring. Vielen Maschinenbauern erscheint diese Methode zu komplex und zu teuer. Das muss sie aber nicht sein.

Leider gibt es in der Regel keine Möglichkeit, den Zustand beziehungsweise die „Gesundheit“ einer Maschine oder einer einzelnen Komponente direkt zu messen. Das Condition Monitoring stützt sich auf die Interpretation vorhandener Daten, um daraus eine aussagekräftige Beschreibung des aktuellen Zustands abzuleiten. Dazu bedarf es eines tiefen Verständnisses von Maschinen und Prozessen, um aus „nackten“ Messwerten gehaltvolle Informationen zu generieren. Dieses Wissen ist bei OEMs, die auf der einen Seite ihre Maschinen kennen, auf der anderen Seite die Prozesse der Anwender verstehen, bereits vorhanden. Analysen auf Basis von maschinellem Lernen (ML) und künstlicher Intelligenz (KI) können sie dabei unterstützen, etwa Anomalien schneller aufzuspüren. Nun gilt es, dieses Know-how in eine anwendbare Lösung umzusetzen. Dafür gibt es zwei unterschiedliche Ansätze.

Zwei Modelle für Condition Monitoring

Der erste ist Modell-basiert. Ihm liegt eine angenommene mathematische Beschreibung der Maschine zugrunde, aus der sich bestimmte Soll-Werte ergeben, die den Normalzustand beschreiben. Die Differenz zu den gemessenen Ist-Werten ermöglicht eine Aussage über den Gesundheitszustand der Maschine. Werden bestimmte Toleranzen überschritten, kann dies als Störung interpretiert werden, die in einem Condition-Monitoring-Dashboard eine Warnung auslöst.

Der andere Ansatz ist Daten-basiert. Ein Algorithmus lernt zunächst das Verhalten des Systems und die gegenseitige Beeinflussung der gemessenen Parameter. Dies können bei einem Roboter beispielsweise Geschwindigkeit, Beschleunigung, Drehmoment, Position oder Stromaufnahme eines Antriebs sein. Die im laufenden Betrieb gemessenen Werte werden mit der erlernten Beschreibung verglichen, um Abweichungen zu definieren.

Condition Monitoring kann Informationen aus vorhandenen Datenquellen nutzen

Für Erstausrüster ist besonders der Umstand interessant, dass diese Ansätze auf die bereits vorliegenden Messwerte zurückgreifen und keine zusätzliche Sensorik benötigen. Ein Antrieb, der anders klingt als im Normalzustand, muss nicht etwa mit einem zusätzlichen Sensor überwacht werden, der die Störung anhand eines veränderten Vibrations-Profils erkennt. Denn bereits beim Zusammenspiel von Stromaufnahme, Beschleunigung und Drehmoment werden Abweichungen sichtbar, die auf einen verschlechterten Zustand hinweisen. Wenn es also gelingt, die benötigten Informationen aus bereits vorhandenen Datenquellen zu erschließen, dann muss der Mehrwert, der durch das Condition Monitoring gewonnen wird, nicht mit höheren Hardware-Kosten erkauft werden.

Beispiel aus der Praxis: Überwachung eines 2-Achs-Roboters

Wie diese Dateninterpretation in der Praxis funktioniert, lässt sich anhand eines 2-Achs-Roboters veranschaulichen, der lose Werkstücke aufnimmt und neu positioniert. Der Hub wird hier über einen Spindelantrieb realisiert, die Querbewegung mittels Riemenantrieb. Für den Spindelantrieb lässt sich ein mathematisches Modell skizzieren, das unter anderem Stromaufnahme, Drehmoment und Beschleunigung beschreibt. Bei immer gleich schweren Werkstücken sollten diese Werte immer gleich bleiben. Ein möglicher Defekt, etwa an den Kugellagern, führt zu einer höheren Reibung an der Spindel. Die gemessenen Werte zeigen in diesem Fall eine Abweichung, die im Showcase durch ein höheres Gewicht simuliert werden. Die Interpretation der ungewöhnlichen Ist-Werte führt also zu dem Schluss, dass ein Problem am Spindelantrieb vorliegt, über das der der Anwender informiert werden muss.

Auf der zweiten Achse kann ein alternder Zahnriemen dafür sorgen, dass die Gurtspannung nachlässt. Aufgrund der dadurch erhöhten Schwingung wird das gesamte System belastet und zum Beispiel die Positioniergenauigkeit beeinflusst. Auch hier würde das Condition Monitoring, das zuvor die Zusammenhänge zwischen Antriebsgeschwindigkeit, Beschleunigung und Position gelernt hat, eine Abweichung erkennen und Alarm schlagen.

Maschinenbasiertes Condition Monitoring mit KI

Die beiden Condition-Monitoring-Ansätze unterscheiden sich sowohl konzeptionell, als auch in der Auswertung der Daten. Die Modell-basierte Auswertung erfolgt normalerweise in der Steuerung, da dort alle relevanten Daten bereits vorliegen. Für die Daten-basierte Auswertung kommen ML- und KI-Analysen in Betracht, entweder in einem Edge-Server auf dem Shop-Floor, oder als Cloud-Anwendung.

Der Hamelner Automatisierungsanbieter Lenze liefert hierfür sowohl Antriebe und die passende Programmierumgebung Fast Toolbox, die eine einfache Erstellung der Steuerung erlaubt, als auch vorgetestete Algorithmen für verschiedene Anwendungen, die eine schnelle Entwicklung von Condition-Monitoring-Lösungen ermöglichen. Zudem unterstützt der Hersteller Maschinenbauer dabei, ihre nutzensteigernden Geschäftsmodelle für Condition-Monitoring-Services gemeinsam zu entwickeln.

Lenze bietet Hard- und Software für das Condition Monitoring

Auch bei der Hardware gibt Lenze dem OEM volle Wahlfreiheit: Dazu zählt eine Reihe unterschiedlich dimensionierter speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS) für das Modell-basierte Condition Monitoring.

Die Daten-basierte Auswertung kann ebenso lokal erfolgen, wenn der Herstellereigene flexible Cabinet Controller c750 zum Einsatz kommt. Dieser hybride Rechner, der sowohl klassische SPS-Funktionen als auch eine Windows-10-Plattform vereint und damit einen zusätzlichen Industrie-PC im Schaltschrank überflüssig macht, bietet genügend Rechenleistung für einfache ML- und KI-Anwendungen.

Für Anwendungen, bei denen sehr komplexe Modelle gerechnet oder mehrere Maschinen miteinander verglichen werden sollten, steht mit dem Lenze-IIoT-Gateway x500 auch der Weg in die Cloud offen. Hier ist der Anwender frei in seiner Entscheidung: Nutzt er bereits eine Plattform, etwa Microsoft Azure oder Amazon Web Services, kann er seine Maschinendaten dort auswerten lassen. Er kann aber auch auf die X4-Solutions von Lenze zurückgreifen. Der Vorteil dieser schlüsselfertigen Lösung liegt in der Integration umfangreicher Funktionen für OEM und Anwender rund um die Maschine.

Web-Services von Lenze für Condition Monitoring im Überblick

Zunächst werden die gesammelten Maschinendaten bei dieser Lösung in der Cloud protokolliert und in Datenclustern gespeichert. Sie stehen für zahlreiche Auswertungen – wie etwa zum Condition Monitoring – zur Verfügung. Die Lösung unterstützt den Anwender dabei, die Auswertung in selbst konfigurierten Dashboards zu visualisieren. Diese sind optional auch auf mobilen Geräten abrufbar. Über die Cloud-Solution lassen sich Live-Überwachung und Alarme einrichten. Beim Showcase wird durch eine Maschinensimulation der digitale Zwilling abgebildet und die problembehaftete Komponente wird farblich hervorgehoben.

Zu den weiteren Web-Services gehört X4 Remote, sodass neben der Fernüberwachung auch eine Fernwartung möglich wird. Ein weiteres Feature ist das cloudbasierende Asset-Management, das die Verwaltung von Maschinen, Zugriff auf Dokumentationen oder die Ersatzteilbestellung vereinfacht.


Begriffsklärung

Condition Monitoring und Predictive Maintenance werden oft als synonyme Bezeichnungen verwendet. Dabei sind dies zwei unterschiedliche Konzepte.

  • Predictive Maintenance ist die Vorhersage von Ereignissen oder zumindest der Wahrscheinlichkeit von Ereignissen, beispielsweise wann die Wahrscheinlichkeit, dass ein Getriebedefekt in den nächsten 20 Betriebsstunden auftritt, auf über 95 % steigt. Mit einer solchen Prognose könnte man den Austausch des Getriebes rechtzeitig planen, bevor die Anlage tatsächlich ausfällt.
  • Condition Monitoring ist eine Vorstufe von Predictive Maintenance. Hier geht es zunächst einmal darum zu erkennen, dass sich der Zustand des Getriebes verschlechtert. Während das Condition Monitoring fragt: „Wie weit ist dieser Veränderungsprozess fortgeschritten?“, oder: „Wie schnell ist die bisherige Entwicklung?“, versucht Predictive Maintenance zu extrapolieren: „Wie setzt sich die Entwicklung in der Zukunft fort?“, und schließlich: „Wann wird ein kritischer Zustand erreicht?“.
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