Feuer und Explosionen sind laut dem Allianz Risk Barometer 2024 immer noch der häufigste Grund für Betriebsunterbrechungsschäden, trotz Verbesserungen im Risikomanagement und in der Brandprävention. Gemessen am Wert der Schäden stehen sie nach Naturkatastrophen mit 36 % an zweiter Stelle, gefolgt von Maschinenausfällen und Geräteschäden (7 %) sowie fehlerhafter Ausführung und Wartung (5 %). Folgende sieben Gefahren werden in Fabriken, Industrieanlagen, Lagern oder Verteilzentren gern übersehen:
Ablenkung durch Smartphones
Smartphones verbessern die Arbeitssicherheit zwar in vielen Kontexten. Sie können jedoch auch die Aufmerksamkeitsspanne verringern und Reaktionszeiten verlängern, gerade wenn schnelles Handeln gefragt ist. Denn Smartphones können das Situationsbewusstsein beinträchtigen und teilweise macht eine Verzögerung von wenigen Sekunden bei der Bewältigung einer Fehlfunktion oder gefährlichen Situation den Unterschied aus.
Wenn ein Mitarbeiter, der für die Überwachung eines Alarmpanels zuständig ist, abgelenkt ist, könnte er ein wichtiges visuelles oder akustisches Warnsignal übersehen. Auch erhöht die Nutzung eines Smartphones während einer Aktivität allgemein das Risiko von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen.
In großen Industrieanlagen mit vielen beweglichen Teilen, einschließlich Fahrzeugen und schweren Maschinen, sind Mitarbeiter, die mit dem Blick auf ihr Telefon herumlaufen, teilweise denselben Gefahren ausgesetzt wie auf einer belebten Straße. Obwohl Mobiltelefone seit Jahren im Einsatz sind, haben noch nicht alle Unternehmen berücksichtigt, wie sich deren Nutzung mit dem technologischen Fortschritt verändert hat. Risikomanager sollten daher den Umfang ihrer Handy-Richtlinien überprüfen und diese gegebenenfalls aktualisieren. Man wird das Smartphone nicht verbannen können, aber es ist wichtig, das Bewusstsein für die Gefahren der Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz zu erhöhen. In der Praxis erleben wir bei Risikobesichtigungen leider vereinzelt diese Problematik. In solchen Situationen sollte der zuständige Sicherheitsbeauftragte eingreifen und wenn nötig entsprechende Regularien aufsetzen.
Zunahme persönlicher, batteriebetriebener Geräte am Arbeitsplatz
Neben Smartphones nutzen Mitarbeiter zunehmend eine Vielzahl persönlicher elektronischer Geräte am Arbeitsplatz: Handwärmer, Tischventilatoren, batteriebetriebene Tassen, Laptops, Tablets, Kopf- oder Ohrhörer sind häufig anzutreffende Geräte, die teilweise über Nacht unbeaufsichtigt geladen werden. Hinzu kommen E-Zigaretten, die ebenfalls Lithium-Ionen-Batterien enthalten.
Wenn diese zum größten Teil mit Li-Ion-Batterien bestückten Geräte unsachgemäß gehandhabt werden, können sie eine Gefahr darstellen. So führen mechanische Beschädigungen, thermische Einwirkungen oder eine unsachgemäße Lagerung, Aufbewahrung oder Ladung teilweise zu inneren und äußeren Kurzschlüssen, die wiederum ein „thermisches Durchgehen“ („thermal runaway“) auslösen – ein schnelles Selbstentzündungsfeuer. Dabei entstehen teilweise reizende, ätzende oder giftige Gase, die in einem geschlossenen Raum eine Explosion oder ein Feuer verursachen können. Zwar sind die Gefahren von Li-Ion-Batterien gut dokumentiert und thermische Ereignisse statistisch gesehen unwahrscheinlich, doch kann die thermische Entwicklung eben sehr schnell verlaufen und schlimmstenfalls zu einer Explosion führen. Daher ist es empfehlenswert auf die Risiken persönlicher Geräte zu achten.
Schulungen der Mitarbeiter zu den mit dem Aufladen von Batterien verbundenen Gefahren sowie physischer Schutz wie Überstrom- und Überladeschutz und geeignete Brandmelde- und Schutzmaßnahmen sind in Hinblick auf die wachsende Zahl solcher Geräte unerlässlich.
Das zeigt die Praxis: Bei Risikobesichtigungen trifft der Risikoberater Situationen an, in denen persönliche elektronische Geräte an der nächsten verfügbaren Steckdose und damit an einem nicht adäquaten Ladeplatz geladen werden. Außerdem stellen Mitarbeiter sie teilweise in der Nähe des Arbeitsplatzes auf und nutzen dabei haarsträubende Verlängerungen – etwa mehrere Mehrfachsteckdosen kombiniert – zur nächstgelegenen Steckdose.
E-Fahrzeuge auf dem Gelände
Batterien die Zweite: Auch durch die zunehmende Nutzung von E-Fahrzeugen wie Elektroautos, E-Bikes, E-Scootern oder Pedelecs steigt das Brandrisiko durch Lithium-Ionen-Batterien. Diese Fahrzeuge müssen in jede Brandrisikobewertung einbezogen werden, wenn sie auf einem Industriegelände genutzt, gelagert oder geparkt werden. E-Fahrzeuge können ein erhebliches Brandrisiko darstellen, insbesondere wenn sie eng beieinander abgestellt sind. Schulungen und Aufklärung der Mitarbeiter über die Risiken, sichere Lager- und Ladeeinrichtungen sowie regelmäßig aktualisierte Risikobewertungen und E-Fahrzeug-Richtlinien sind notwendig.
Die Erfahrung zeigt bei diesem Thema ein großes Risikobewusstsein: Bei unseren Besichtigungen findet man meist vorbildlich umgesetzte Sicherheitskonzepte vor und trifft nur vereinzelt auf Situationen, wo nachgearbeitet werden muss.
Unsachgemäße Lagerung industrieller Batterien
Batterien die Dritte: Batterien haben vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Industrieanlagen, Lagern und Verteilzentren. Verschiedene Batterietechnologien erfordern unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen, und eine unsachgemäße Handhabung kann – wie bereits ausgeführt – das Brandrisiko erhöhen.
Eine Reihe von Studien zeigt, dass je höher der Ladezustand (SOC) einer Batterie ist, desto reaktionsfreudiger sich diese bei einem Brand zeigt. Für Li-Ionen-Batterien bedeutet dies, dass sie eine besondere Handhabung und Lagerung erfordern.
Bei der Lagerung sind meist große Mengen an einem Ort vorhanden, so dass entsprechend fachgerechte Lagerung, Brandschutz sowie Brandmelde- und Löschtechnik vorhanden sein sollte. Zudem ist es wichtig, dass Mitarbeiter über den sicheren Umgang mit Batterien geschult werden und Notfallpläne regelmäßig überprüft und geübt werden.
Vernachlässigte elektrische Wartung und Instandhaltung
Feuer und Explosionen bleiben trotz verbesserter Risikomanagement- und Brandschutzmaßnahmen die häufigsten Ursachen für Betriebsunterbrechungen. Die fachgerechte und vor allem vorbeugende Wartung, strenge Prüfung und Instandhaltung elektrischer Anlagen bietet dabei ein Höchstmaß an Betriebs-, Personen und Brandschutzsicherheit.
Bei Risikobesichtigungen sehen Risikoberater häufig in älteren Betriebstätten – aber nicht nur dort – dass sich elektrischen Anlagen durch Anbauten oder durch abwandelnde Prozesse oder Anforderungen an den Betrieb, verändern. Es ist enorm wichtig, die Umbauten fachgerecht durchzuführen oder durchführen zu lassen und nicht an der Elektrofachkraft zu sparen.
Ein Kurzschluss oder eine kurzzeitige Überlastung an den elektrischen Installationen können zu Bränden führen und im schlimmsten Fall den Betrieb stilllegen. Eine Wiederaufnahme der Produktion kann mehrere Wochen bis Monate dauern und damit zu erheblichen Produktionsausfällen führen. Regelmäßige Wartung und Instandhaltung können helfen, die mit elektrischen Anlagen verbundenen Risiken zu minimieren.
Sauberkeit und Ordnung
Grundlegende Sauberkeit und Ordnung sind wichtige Elemente der Schadenverhütung und ein Zeichen für eine gut geführte Betriebstätte, gerade in Zeiten eines Engpasses von Wartungs- und Reinigungspersonal. Der Abfallentsorgung, der Beschilderung und der Lagerung von Werkzeugen und gefährlichen Materialien, einschließlich der Gestaltung und Anordnung der Räumlichkeiten regelmäßig Aufmerksamkeit zu schenken, ist unerlässlich.
Ein Beispiel: Risikoberater sehen häufig bei Entsorgungsbehältern, die für das sichere Entsorgen lösemittelhaltiger oder öliger Putzlappen gedacht sind, offene Deckel – entweder wegen Überfüllung oder weil der selbstschließende Mechanismus nicht mehr funktioniert. Die Aufmerksamkeit aller Beteiligten ist hier gefragt, um solche Missstände zu beseitigen.
Ölverschmutzungen aufzuwischen, Lappen ordnungsgemäß zu entsorgen, Rutsch- und Sturzgefahren zu beseitigen und Arbeitsbereiche sauber und ordentlich zu halten, klingt wie ein grundlegender Ratschlag, aber eine Vernachlässigung dieser Punkte kann zu Personenschäden oder Sachschäden und Betriebsunterbrechungen durch Brände führen.
Missverständnisse durch Sprachbarrieren
In einer globalisierten Welt sprechen die Beschäftigten im Unternehmen möglicherweise viele verschiedene Muttersprachen. Sprachbarrieren können daher Verzögerungen oder Missverständnissen hervorrufen. Gerade in Notfallsituationen, in denen schnelles Handeln erforderlich ist, kann dies zu verzögerten Reaktionen oder zur Fehlinterpretation von Sicherheitsverfahren führen. Klare Kommunikation und Schulungen in der jeweiligen Landessprache, einschließlich regelmäßiger Auffrischungsschulungen und praktischer Übungen, sind entscheidend, um ernsthafte Konsequenzen zu vermeiden. Je nach Betriebsgröße kann es außerdem sinnvoll sein, Sprachkurse anzubieten und so die Sicherheit zusätzlich zu erhöhen.
Übersehene Risiken identifizieren
Bei ihren alltäglichen Risikobesichtigungen und Betriebsbesichtigungen erleben Risikoberater meist ordentlich und ordnungsgemäß geführte Betriebe. Unternehmen sollten hier nicht nachlassen. Seien es altbekannte oder neue Risiken, etwa durch batteriebetriebene Geräte: Nur durch ordnungsgemäßen Umgang mit Gefahrenstoffen und Co., fachgerechter Wartung, Prüfung und Instandsetzung, regelmäßige Schulungen, das Erarbeiten und Üben von Notfallplänen und fortlaufender Aufmerksamkeit aller Beteiligten können Risiken minimiert und Unglücke verhindert werden. Indem die genannten und gern übersehenen Risiken identifiziert und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung ergriffen werden, können Unternehmen die Sicherheit und Effizienz ihrer Betriebsabläufe erheblich verbessern.
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